Harte Strafen gefordert
Weniger Angriffe auf Sanitäter in Bayern - Schwerster Fall 2022 in Neumarkt

28.12.2022 | Stand 15.09.2023, 2:21 Uhr

−Symbolbild: Nicolas Armer/dpa

Feuerwehr und Rettungsdienste werden bei ihren Einsätzen teilweise heftig angegangen. Nicht immer bleibt es bei Beschimpfungen.



Offizielle Zahlen zu Angriffen auf Einsatzkräfte liegen für dieses Jahr noch nicht vor - doch zumindest das Bayerische Rote Kreuz (BRK) und die Johanniter im Freistaat vermelden einen spürbaren Rückgang. In der internen Statistik seien weniger Fälle aufgeführt als in den beiden Vorjahren, sagte BRK-Sprecher Sohrab Taheri-Sohi der Deutschen Presse-Agentur. „Das liegt sicherlich auch an der Rückmeldemoral. Grundsätzlich gab es aber 2022 auch einen gefühlten Rückgang an Aggressionsereignissen gegenüber dem Rettungsdienstpersonal.“

Allerdings gab es durchaus Situationen, in denen die Helfer angefeindet wurden - oft hingen sie mit Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus zusammen. So habe es dumme Sprüche und Beleidigungen gegeben, wenn Rettungskräfte mit Maske im Einsatz waren, obwohl es keine gesetzliche Pflicht zum Tragen mehr gab. Auf der anderen Seite seien Menschen den Helfern ausgewichen - die Mitarbeiter seien offenbar als besonders große „Infektionsgefahr“ gemieden worden, schilderte Taheri-Sohi. „Das macht was mit den Leuten.“

Schwerster Angriff in Neumarkt

Der schwerwiegendste Angriff war nach den Erinnerungen der beiden Verbandssprecher Anfang 2022 in Neumarkt, wo ein Mannmit einer Machete auf zwei Notfallsanitäterinnen losgingund deren Ausrüstung aus dem Fenster schmiss. Wie meistens in solchen Fällen waren Alkohol und Drogen im Spiel.

Außerdem sei es oft so, dass sich die Angriffe gar nicht gegen den Rettungsdienst an sich richteten, berichtete Taheri-Sohi. „Dadurch, dass wir Uniform tragen, werden wir einer staatlichen Institution zugeschrieben.“ Von daher werde Unmut und Unzufriedenheit mit dem Staat auch an den Sanitätern abgelassen. Wie viele Einsatzkräfte zudem von Polizei und Feuerwehr 2022 angegriffen wurden, wird erst Mitte nächsten Jahres offiziell ausgewertet sein.

„Verbale Pöbeleien, das ist Alltag“

„Es gibt immer mal verbale Pöbeleien, das ist Alltag“, schilderte Carolin Mauz von den Johannitern. Beschwerden über körperliche Angriffe jedoch, wie sie in den Vorjahren durchaus vereinzelt vorgekommen waren, seien heuer nicht eingegangen. „Das hat vielleicht auch mit Glück zu tun“, sagte Mauz. Zugleich berichtete sie, dass gerade den Ehrenamtlichen bei den Sanitätsdiensten auf Großveranstaltungen ungewohnt viel Dankbarkeit entgegengebracht worden sei.

„Insgesamt ist schon durch Corona der Blick auf den Rettungsdienst und den Menschen im Gesundheitswesen viel mehr ins Positive gewandelt“, schilderte auch Taheri-Sohi. „Das liegt sicher daran, dass es plötzlich für jeden auch in der öffentlichen Meinung präsenter war als je, was diese Menschen leisten, und auch unter welchen Bedingungen, unter welcher Überlast sie das tun. Das hat sich schon auf die Wertschätzung ausgewirkt.“ Früher jedenfalls habe niemand Sanitätern Kuchen überreicht mit den Worten: „Danke, dass ihr für uns da seid und das geleistet habt.“

Feuerwehren fordern harte Strafen

Der Deutsche Feuerwehrverband fordert unterdessen ein hartes Durchgreifen bei Angriffen auf Einsatzkräfte. „Der Staat muss dafür Sorge tragen, dass Feuerwehren, aber auch Rettungsdienste und Polizei als Vertreter des Staates nicht ohne harte Strafen angegriffen werden“, sagte der Verbandspräsident Karl-Heinz Banse der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Die Gesetze geben das her.“

Es sei bereits alles geregelt. „Wir brauchen keine härteren Strafen. Ich möchte nur, dass diese Strafen durchgesetzt werden. Ich möchte, dass Urteile gefällt werden“, sagte Banse. „Es kann nicht sein, dass unsere Leute gefährdet werden, fast überfahren werden und hinterher wird es als Bagatelldelikt dargestellt.“

In Sachsen wurden laut einer Übersicht des Innenministeriums von 2015 bis 2021 jeweils mehr als 100 Angehörige von Feuerwehr und Rettungsdiensten Opfer einer Straftat. Im ersten Halbjahr gab es demnach 32 Straftaten. In Bayern meldeten das Bayerische Rote Kreuz (BRK) und die Johanniter einen spürbaren Rückgang. Offizielle Zahlen für 2022 liegen aber noch nicht vor. In der internen Statistik seien weniger Fälle aufgeführt als in den beiden Vorjahren, sagte BRK-Sprecher Sohrab Taheri-Sohi der Deutschen Presse-Agentur.

Banse: Respektlosigkeit nimmt zu

Banse beklagte eine zunehmende Respektlosigkeit gegenüber Einsatzkräften. „Der Respekt gegenüber denjenigen, die anderen helfen, der sollte wieder größer werden.“ Das sei nicht zuletzt wichtig für die Motivation ehrenamtlicher Kräfte. „Wer ist schon bereit, irgendwo mitzumachen, wenn er damit rechnen muss, an der Einsatzstelle angespuckt zu werden“, sagte der Verbandsvorsitzende.

Nach Banses Worten werden Einsatzkräfte zudem von Schaulustigen in ihrer Arbeit behindert. „Wir wissen, dass wir manchmal weniger Einsatzkräfte haben. Aber man muss heute bei fast jedem Einsatz zusätzliche Kräfte abstellen, die verhindern, dass die Schaulustigen zu dicht an die Einsatzstelle herankommen.“ So werden ihm zufolge bei Unfällen auf Bundesstraßen oder Autobahnen zwei bis drei Retter benötigt, um Planen als Sichtschutz zu spannen. „Damit soll verhindert werden, dass Gaffer Bilder machen. Das ist ein Problem.“

− dpa