Porträt
Wo die schöne Müllerin das Sagen hat

Susanne Dorfner wollte nie etwas anderes, als die Mühle des Papas zu übernehmen. Die steht nun dank ihr bestens da.

26.03.2018 | Stand 16.09.2023, 6:13 Uhr

Stolze Unternehmerin: Den Mühlenladen hat Susanne Dorfner aufgebaut. Foto: Bäumel-Schachtner

Sie war schon für das Gymnasium angemeldet und wollte eigentlich auch selber auf die höhere Schule. Bis der erste Schultag kam. Die kleine Susanne fing plötzlich an zu bocken und zu weinen, sie wolle nun doch nicht aufs Gymnasium, klagte unentwegt: „Aber ich will doch Papas Mühle übernehmen, da brauche ich kein Abitur!“ Da hatte der Papa ein Einsehen und fuhr seine wieder beruhigte Tochter zurück zur Mittelschule. Ihren Wunsch hat Susanne Dorfner tatsächlich wahr gemacht: Sie hat die familieneigene Dorfner-Mühle in Steinach (Landkreis Straubing-Bogen) übernommen und ist, gerade einmal 28 Jahre alt, seit 1. Januar die Geschäftsführerin des Betriebs – in vierter Generation.

Es ist nicht leicht für einen Müller in der heutigen Zeit – und auch nicht für die schöne Müllerin aus Steinach, die sich seit 13 Jahren in diesem Männerberuf behauptet. In Zeiten, in denen die Menschen ihr Brot lieber im Discounter kaufen, verschwinden immer mehr kleine Bäckereien von der Bildfläche. Diese gehören aber fest zum Kundenstamm der Dorfner-Mühle, genauso fix wie die Großkunden. „Im vergangenen Jahr haben zehn unserer Kunden ihr Geschäft zugemacht“, bedauert Susanne Dorfner.

130 Tonnen Weizen täglich

Dennoch läuft es gut für den 25 Mitarbeiter starken Betrieb, dessen Zügel die junge Frau mit dem offenen Lächeln, dem wippenden blonden Pferdeschwanz und dem Faible für Hunde und Springreiten fest im Blick hat. Es ist die Begeisterung für das, was sie tut, die aus all ihren Worten und ihren Gesten spricht. Schon als zehnjähriges Mädchen verbrachte sie ihre großen Ferien bei Vater Wolfgang auf der Mühle, fuhr mit ihren Rollerskates auf dem Hof am Ortsrand von Wolferszell in der Gemeinde Steinach herum und unterhielt sich mit den Bauern, die das Getreide anlieferten und tat so, als könnte sie die schweren Säcke wuchten. Zwei ihrer Geschwister hatten sich für die Mühle nicht interessiert, Bruder Matthias ist erst seit einem halben Jahr im Betrieb, doch die Chefin: das ist Susanne Dorfner.

„Getreide ist lebendig, und es ist daher spannend, damit umzugehen.“Susanne Dorfner

Ihr Handwerk hat sie von der Pike auf erlernt. Erst machte sie eine Ausbildung zur Bürokauffrau, dann ließ sie sich zur Verfahrenstechnologin für Mühlen- und Getreidewirtschaft ausbilden, kurz: zur Müllerin. Ganz nebenbei machte sie neben der Arbeit im Betrieb ihren Wirtschaftsfachwirt. Seit mehr als einem Jahrzehnt ist die junge Frau bereits ein wichtiger Pfeiler der Firma. Auf die Mühle, die bereits 1376 das erste Mal erwähnt wurde und die 1902 ihr Urgroßvater ersteigerte, ist sie stolz. Bei der Verarbeitung von 130 Tonnen Weizen und 45 Tonnen Roggen am Tag verbinden sich traditionelle Techniken mit modernen Maschinen. Susanne Dorfner hat die Kontrolle über jeden Vorgang – inklusive Kalkulation. „Früher war es so, dass der Bauer sein Getreide ablieferte, am Hof wartete, bis es gemahlen war, und dann den Preis dafür erfuhr. Heute bestimmt den Preis die Börse, ein volatiler Markt also, und der Preis richtet sich nach der Qualität.“

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Hauptsache regional

Nach der Anlieferung des Materials wird dieses noch einmal getestet und unter anderem der Proteingehalt und der Anteil des Mehls gemessen. Dann wird es in großen Getreidezellen gelagert. Durch einen Walzenstuhl wird das Korn zerkleinert und dann getrennt. Dann wird weitergemahlen, bis schließlich Mehl herauskommt – oder Kleie, also die übriggebliebenen Schalen.

Diese Kleie wird verkauft und zu Futtermittel verarbeitet – deshalb besitzt die Dorfner-Mühler auch eine Zertifizierung für Tierfutter. Das Mehl kommt ins Lager und von dort aus direkt durch den Fuhrpark der Familie Dorfner zum Endkunden. Zertifizierungen spielen überhaupt eine große Rolle im Firmenablauf, erklärt Susanne Dorfner. So besitzt der Betrieb neben vielen anderen Siegeln auch eine Öko-Zertifizierung, da von einer kleinen Bio-Mühle in Franken Roggenmehl zugekauft wird. Dieses steht, wie die übrigen Produkte, schön in Tüten verpackt im Müllerladen.

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Kunden kommen aus ganz Ostbayern

Dieser ist seit zwei Jahren der Renner in Wolferszell. Eingerichtet wurde er, als die Hackermühle in Straubing mit Direktverkauf vor zwei Jahren zumachte. „Die Kollegen fragten uns, ob wir so etwas auf die Beine stellen könnten. Wir haben uns gedacht, naja, ob die Kunden aus Straubing wegen eines Sack Mehles bis nach Steinach fahren“, blickt Susanne Dorfner zurück. Die Kunden aber sind gekommen – aus ganz Ostbayern. Denn selbst Brot zu backen boomt. „Und die Menschen wollen wieder regional einkaufen“, lautet das Fazit der Chefin.

Regionalität, die wird auch in der Dorfner-Mühle großgeschrieben. Gekauft wird vor allem das Getreide aus dem fruchtbaren Gäuboden direkt vor den Toren der Mühle: „Warum sollte ich das Getreide von weither bringen lassen?“, fragt sich die Müllerin. Lediglich der Roggen komme aus der Oberpfalz, da dieser leichtere Böden benötigt, als sie der schwere Gäubodenlöss zu bieten hat, und der Dinkel aus gleichem Grund aus Franken. Susanne Dorfner liebt das Material, mit dem sie arbeitet, auch, wenn die Bürokratie im Lebensmittelbereich immer mehr zunimmt: „Getreide ist lebendig, und es ist daher spannend, damit umzugehen.“

Sie plant bereits weitere Neuheiten – so soll in Kürze ein brandneuer Müllerladen gebaut werden, in dem Mehl, Süßigkeiten und handgemachte Nudeln verkauft werden.

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