Menschen Der Krebs hat ihn nur stärker gemacht
Mit 15 erkrankte Nik Cosmo schwer, mittlerweile ist er geheilt. Nun spielt er Konzerte für krebskranke Kinder in Kliniken.

Regensburg.In jungen Jahren musste Nik Cosmo aggressive Chemotherapien über sich ergehenen lassen. Seit über zehn Jahren ist der gebürtige Regensburger, der mit echtem Namen Nikolai Grigoriew heißt, aber geheilt. Seine Erkrankung warf den heute 27-Jährigen nur kurz aus der Bahn.
Nik Cosmo hat daraus Kraft geschöpft und will nun krebskranken Kindern Mut machen. Der Musiker spielt in Krankenhäusern Konzerte und spricht mit den Kindern über ihre Erkrankung. Ein Interview mit einem jungen Mann, den der Krebs nicht zermürbt, sondern stärker gemacht hat.
Die Endlichkeit Ihres Lebens wurde Ihnen sehr früh vor Augen geführt. Als Jugendlicher litten Sie an Krebs, haben diesen Kampf aber gewonnen. Wie hat sich Ihr Leben dadurch verändert?
Nik Cosmo: Dass ich heute das mache, was ich machen will, was mich erfüllt und glücklich macht. Als ich krank war, hat sich erst herausgestellt, was überhaupt meine Träume sind. Die Musik hat mich gerettet, davon bin ich überzeugt. Sie konnte mir so viel Kraft schenken. Dadurch wusste ich, dass ich dem nachgehen muss.
Sie sagen Träume, Mehrzahl. Welche Träume leben Sie noch?
Meine Freundin und ich haben seit vergangenem Jahr ein Baby. Mein Sohn ist jetzt knapp über eins. Außerdem möglichst frei zu sein. Das gehört auch dazu. Wir sind im Sommer mit Baby mit dem Wohnwagen in Deutschland und Österreich von Konzert zu Konzert gefahren.
Wie klappt das: frei zu sein mit Baby?
Eigentlich ganz gut (lacht). Wir haben uns trotz vermeintlichem Stress mit Baby dazu entschieden, auf große Tour zu gehen. Und das obwohl wir – und vor allem ich – große Bedenken hatten. Es hat sich herausgestellt, dass man es einfach machen muss. Die ganzen Bedenken waren umsonst. Es entpuppte sich nicht als Stress, mit dem Kleinen hat alles wunderbar geklappt. Wir haben es geschafft, unsere gemeinsame Leidenschaft, das Reisen, auszuleben und ich dazu noch die Musik.
Alles außer gewöhnlich
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Die Serie:
Es gibt Menschen, die auf eine spezielle Weise leben oder die Dinge auf ganz eigene Art anpacken. Sie sind „alles außer gewöhnlich“. Sie möchten jemanden vorschlagen? Schreiben Sie uns an redaktion@mittelbayerische.de
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Der Autor:
Andreas Maciejewski war beeindruckt von der Kraft, die Nik Cosmo aus seiner Krankheit geschöpft hat. Der Musiker ist der lebende Beweis dafür, dass es nur sehr wenig braucht, um glücklich zu sein.
Während Ihrer Reise haben Sie in Krankenhäusern Konzerte für krebskranke Kinder gespielt. Wie kamen Sie auf die Idee?
Nach meinem Musikstudium musste ich mir überlegen, wie ich mit meiner eigenen Musik weitermachen kann. Den Gedanken, etwas mit den Krankenhäusern zu machen, hatte ich schon länger im Hinterkopf. Dieser Gedanke ist dann gereift. Ich habe mir gedacht, dass es vielleicht gut wäre, zu meinen Wurzeln zurückzukehren. Zurück in die Zeit, in der er es bei mir mit der Musik losging. Als ich krank war. Mir hat der Gedanke gut gefallen, in die Krankenhäuser zurückzukehren und meine Geschichte zu erzählen. Ich wollte unbedingt etwas Wertvolles und Sinnvolles mit der Musik machen. Das war die einzige Idee, die mir richtig erschien.
„Man fragt sich, warum es einem selbst passiert, was die Gründe dafür sein könnten. Antworten findet man aber keine.“
Wie viele Konzerte haben Sie bereits in Krankenhäuser gespielt?
Bisher waren es erst zehn, weitere sind aber in Planung. Ob ich dieses Jahr nach Regensburg zurückkomme, weiß ich noch nicht. Ich sehe es als ein Projekt unter vielen. Ich werde in den nächsten Jahren nicht nur ausschließlich in Krankenhäusern spielen, aber stets mit ihnen in Verbindung bleiben und immer wieder auch dorthin zurückgehen.
Wie ist das für Sie zu sehen, dass diese Kinder nun denselben harten Weg beschreiten müssen wie Sie damals?

Sehr ergreifend. Deswegen habe ich auch zehn Jahre gebraucht, um dieses Projekt zu machen. Vorher hätte ich das sicher nicht machen können. Das hätte mich wahrscheinlich zu sehr belastet. Inzwischen ist genügend Zeit vergangen, um darüber reflektiert und damit abgeschlossen zu haben. Ich musste selbst erst persönlich wachsen, um den Leuten etwas mitgeben zu können. Ich musste selbst erst erwachsen werden.
Welche Fragen haben die Kinder am häufigsten?
Das ist eigentlich der schönste Teil, wenn man nach den Konzerten mit den Leuten ins Gespräch kommt. Oft sind es Fragen zu meiner Therapie, wie es damals bei mir war. Wann es mir am schlechtesten ging, welche Nebenwirkungen ich hatte. Auch wenn es bei mir schon zehn Jahre her ist, läuft es im Grunde immer noch gleich ab.
Wie lief Ihre Krebserkrankung ab?
Ich hatte Lymphdrüsenkrebs im Stadium vier von fünf. Nach einem halben Jahr hatte ich einen Rückfall und erneut eine sehr aggressive Chemo. Insgesamt waren es fast eineinhalb Jahre. Mit 15 ging es los, mit 16 war es dann vorbei.
Was macht solch eine Diagnose mit einem 15-Jährigen?
15 ist eine Zeit, in der gerade so viel Entwicklung stattfindet. Man fängt gerade an, alles zu erkunden und auszuprobieren. Man ist mitten in der Pubertät. Und dann trifft einen so eine Diagnose. Ich konnte es anfangs nicht glauben. Man fragt sich, warum es einem selbst passiert, was die Gründe dafür sein könnten. Antworten findet man aber keine. Ich habe es aber relativ schnell geschafft, die positiven Seiten zu sehen. Alles, was ich daraus lernen kann. Alles, was mir die Augen öffnet. Alles, wie ich die Krankheit nutzen kann. Und das war eben die Musik.
„Der Krebs hat keinen Platz mehr in meinem Leben.“
Das hat Kanäle in mir geöffnet. Ich konnte Musik komponieren, Texte schreiben. Ich habe gleich verstanden, dass es mir etwas fürs ganze Leben bringen kann, wenn ich lebend rauskomme. Dass ich wohl nichts Schlimmeres mehr durchmachen kann, wenn ich es mal geschafft habe, gesund zu werden. Ein beruhigender Gedanke. Nichts kann mehr groß im Weg stehen.
Wie sind die Menschen damals mit Ihnen umgegangen?
Ganz unterschiedlich. Ich habe aber auch gemerkt, dass viele Freunde nicht wussten, wie sie mit mir umgehen sollen. Sie haben sich dann eher entfremdet und entfernt. Mit anderen Personen und vor allem mit der Familie rückt man dann umso enger zusammen.
Sind Sie enttäuscht von den Menschen, die sich von Ihnen entfernt haben?

Nein, ich verstehe es total. Naja, in der Zeit, in der ich nicht darüber reflektieren konnte, war ich schon verwundert und auch ein wenig enttäuscht. Jetzt kann ich es aber nachvollziehen. Es ist schließlich auch eine schwierige Situation.
Wie unterstützt man krebskranke Menschen am besten?
Zeit schenken und zuhören. Die Menschen einfach ganz normal behandeln. Wir versuchen einfach eine gute Zeit zu haben, um die Krankheit sogar eine Zeitlang in den Hintergrund zu schieben. Einfach den Moment genießen.
Wie gehen Sie mit der Angst um, dass der Krebs wieder zurückkommen könnte?
Diese Angst gibt es nicht. Ich gehe zwar noch einmal im Jahr zum Arzt, aber eher zum Gesundheitscheck. Jetzt hat gar nichts mehr mit Krebs zu tun. Im Nachhinein hat es für mich Sinn ergeben, dass ich es als Jugendlicher hatte. Ich bin jetzt die Person geworden, die ich bin und führe das Leben, das ich führe. Der Krebs hat keinen Platz mehr in meinem Leben (lacht).
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