Bayern
Sattelfester Chef im Land-Paradies

Thomas Mühlbauer ist ein Top-Springreiter. Erfolgreicher Hotelier ist er auch. Wie das zusammengeht, erzählt er hier.

12.05.2018 | Stand 16.09.2023, 6:15 Uhr

Thomas Mühlbauer hält Bon Bon am Zügel, die gerade von Lorina Fischer trainiert wird. Der 46-Jährige ist einer der international erfolgreichsten Springreiter. Gleichzeitig führt er sehr erfolgreich den Bayerwaldhof in Liebenstein bei Bad Kötzting. Foto: Sperb

Thomas Mühlbauer tritt mit drei federnden Schritten an den Tisch im „Leo’s“, dem kleinen Sternetempel im Bayerwaldhof bei Bad Kötzting. Sein Outfit ist Programm: butterweiches Hirschleder, darunter ein T-Shirt mit „Luis Trenker“-Schriftzug. „Das steht für: Ich liebe meine Heimat und ich muss auch auf den großen Horizont schauen“, sagt der 46-Jährige. Er wirkt herzlich und unkompliziert, aber auch wie jemand, der erstmal in Reserve bleibt und sich alles genau anschaut. Im Lauf des Gesprächs öffnet er sich.

Sie sind einer der besten Springreiter der Welt und ein erfolgreicher Hotelier. Was dominiert?

Beides hat seinen Platz. Mit sechs Jahren saß ich das erste Mal auf einem Pferd. Meine Eltern legten größten Wert darauf, dass ich beides umsetze, das Reiten und die Arbeit im Hotel. Ich schimpfte. Meine Kollegen konnten sich auf den Sport konzentrieren, ich war doppelt gefordert.

Auf dem Hengst Asti Spumante ritten Sie Ihre größten Erfolge. Aber welches Pferd war Ihnen das liebste?

Auf ein Tier möchte ich das nicht eingrenzen. Sicher gehört Flora dazu. Ich bekam sie nach einem Sturz, bei dem ich mir den zweiten Halswirbel brach und mich nicht mehr zu den Ponys traute. Flora war lieb wie ein Hund, sozusagen eine vertrauensbildende Maßnahme. Mir fällt Gomo ein, ein sehr erfolgreiches Pferd mit einer Macke: Gomo hat vor dem Sprung immer ausgeschlagen. Die Verrückteste war Autogramm, ein sehr schwieriges Tier. Sie ließ sich außerhalb des Parcours’ kaum reiten. Einen besonderen Platz nimmt natürlich Asti Spumante ein.

Manager lassen sich mit Pferden coachen. Hilft Reiten wirklich bei der Personalführung?

In gewisser Weise ja. Sie müssen in das Tier hineinhören und auf es eingehen, damit Sie zu zweit gut ans Ziel kommen und beide Spaß haben. Sie können es nicht zwingen, weil es ja viel mehr Kraft hat als Sie. Und Sie müssen halt auch mal akzeptieren, dass das, was Sie möchten, heute nicht funktioniert, sondern vielleicht erst morgen.

Sie gehören als Nationenpreisreiter zu den Top 20. Was machen Sie besser als andere?

Es braucht vor allem Talent, ein Gefühl für das Tier und für Rhythmus. Und auch großen Fleiß. Ich hatte herausfordernde Trainingsbedingungen. Mein Vater kaufte Pferde, die schwierig oder sehr jung waren, weil sie günstig zu haben waren. Da hab’ ich viel gelernt. Wir hatten ja wenig Geld und mussten unseren eigenen Weg finden.

Wie lukrativ ist es für Sie, ein Pferd auszubilden?

Meine Antwort ist immer: Der reelle Wert eines Pferdes sind 500 Euro. So viel bringt es beim Schlachter. Alles, was über 500 Euro hinausgeht, ist Spekulation, eine Aktie, die steigt, wenn das Tier Siege holt, oder fällt, wenn es sich zum Beispiel verletzt.

Liege ich falsch, wenn ich auf eine sechsstellige Summe tippe?

Es gibt – ganz allgemein gesprochen – Pferde, die sechsstellige Summen einbringen, andere auch siebenstellige. Wir haben rund 30 Tiere hier. Sie werden von der Familie bewegt, von Bereitern und von Hotelgästen. Das Reiten war vor allem in den Anfängen des Hauses buchstäblich ein Zugpferd.

Der Bayerwaldhof war 1971 ein bescheidener Bauernhof mit vier Zimmern, ohne Zufahrtsstraße. Heute steht hier eine Top-Adresse mit 10 000 Quadratmetern Wellness-Oase. Was für ein Wandel!

Meine Eltern führten eine Landwirtschaft und ein Wirtshaus. Das entwickelte sich zur Pension, vor allem für Busreisende, später zum Hotel mit heute 100 Zimmern. Wir haben immer wieder neue Ideen integriert. Bei einer Asien-Reise gefielen mir zum Beispiel die Wellness-Angebote. Wir investierten in diese Richtung, auch um wetterunabhängiger zu werden. Als der Wellness-Hype in Bayern ankam, waren wir bereits gut aufgestellt. Wir lagen oft einen Schritt vorn. Wir sind zum Beispiel das erste deutsche haki-Hotel. Haki heißen Anwendungen, die bei kopflastigen Menschen Blockaden lösen. Und die Familie und die Mitarbeiter waren eben sehr fleißig. Sie hatten keine Scheu vor Neuem – und in vielen Dingen auch Glück.

Was planen Sie aktuell?

Am Bayerwaldhof wird praktisch immer gebaut. Zur Zeit entsteht ein Sole-Außenpool. So etwas gibt es in Bayern noch nicht.

Das „Leo’s“ besitzt seit Ende 2017 einen Stern. Brauchen Sie ein Gourmet-Restaurant, damit Gäste hierher kommen?

Anfangs hielten mich alle für verrückt, einen Küchenchef von Drei-Sterne-Koch Heinz Winkler zu holen. Aber wir merkten an unseren Gästen, dass uns so ein Lokal fehlte. Außerdem: Wenn Sie in Österreich zu einer Alm kurven, ist das urig oder cool. Wenn Sie in den Bayerwald fahren, der ja viel näher liegt, hat das noch den Stempel „hinterm Mond“. Daran müssen wir arbeiten: dass wir so bekannt werden wie der Schwarzwald oder wie Oberbayern. Wir haben richtig tolle Unternehmen in der Region und eine fantastische Lebensqualität. Die Wertschätzung hält da noch nicht Schritt.

Lesen Sie den Gastrotest im Leo’s: „Eine Sternstunde im Bayernwald“

Welche Gäste wohnen bei Ihnen?

Der Großteil kommt aus der Region. Es gibt den Angestellten, der sich ein Wochenende gönnt, wir haben aber auch Milliardäre, die uns gern besuchen.

Wer zum Beispiel?

Das verrate ich natürlich nicht. Die Gäste kommen, weil sie entspannen und ihre Ruhe haben möchten.

Wie gut sind Sie gebucht?

Wir sind zufrieden, auch mit Blick auf die Entwicklung. Früher war das Haus von September bis Dezember kaum belegt. Wir konnten das Hotel in dieser Zeit mit drei Mann betreiben. Heute sind diese Monate Hauptreisezeit.

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Was ist Luxus für Sie?

Zeit! Zeit mit der Familie.

Der Seelenarzt mit dem Säbelzahntiger: Dr. Reinhart Schüppel aus Furth im Wald in unserer Serie „Alles außer gewöhnlich

Wir haben über Erfolge gesprochen. Krisen gab es sicher auch. Was war das tiefste Tal?

Der Tod meiner Schwester 2006 war sicher die schwierigste Zeit. Die Familie hat das beinahe aufgerieben. Die Diagnose kam ja aus heiterem Himmel. Meine Eltern konnten sehr schwer damit umgehen. Sie hatten gedacht: Geht nicht, gibt’s nicht. Meine Schwester fehlte uns überall, auch im Hotel. Wir bauten gerade aus. Und natürlich mussten wir den Gästen gegenüber professionell und herzlich bleiben. Mein Denken über Werte und über Familie hat diese Zeit sehr geprägt.

Ihre Homepage betont Familienverbundenheit und dynastisches Denken. Im „Leo’s“ geht Ihr Sohn Leo ab und zu von Tisch zu Tisch und begrüßt Gäste. Er ist erst zehn. Ist das nicht auch ambivalent: ein Kind so früh in eine Bahn zu lenken?

Darüber mache ich mir natürlich Gedanken. Leo ist ja der Pate des Restaurants. Er war in die Gestaltung eingebunden und hielt bei der Eröffnung eine kleine Rede. Er ist sogar überzeugt, dem Bayerwaldhof geht’s gut, weil es hier „sein“ Restaurant gibt. Man wird sehen, wofür sich meine Söhne Leo und Max – er ist 14 – entscheiden. Hotelier ist jedenfalls ein supertoller Job. Es gibt auch schwierige Situationen, aber es wird nie langweilig, nie. Und zweitens denke ich, wir sind gut aufgestellt und in Zukunft wird es weniger aufreibend sein, das Haus zu führen. Weniger als in den Anfängen.

Ein Porträt über Sternekoch Thomas Brandl lesen Sie hier.

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