Regensburg.
Der Niklo kommt mit dem Krampus

Der altbayerische Nikolaus und der Weihnachtsmann von Coca Cola haben nichts miteinander zu tun.

04.12.2008 | Stand 04.12.2008, 17:28 Uhr

Der Advent hat begonnen, die „staade Zeit“. Als Kinder gingen wir in aller Früh – kalt war’s und noch stockfinster – in die Kirche zum „Engelamt“, zum „Rorate“-Gottesdienst. „Rorate coeli“, das heißt: „Tauet, Himmel (,… den Gerechten, Wolken regnet ihn herab“, wie der Text des Adventlieds aus Landshut fortfährt). Das war Einstimmung auf Weihnachten.

Und wie ist die „staade Zeit“ heute? „Jingle Bells“ dudelt es in den Kaufhäusern; der Beleuchtungswahn ist ausgebrochen; Lichterketten in aberwitzigen Formen erhellen Fassaden und Vorgärten; rot bemäntelte Männlein mit Zipfelmützen klettern an Strickleitern die Hauswände hinauf – Sinnentleerung, Verkitschung, Kommerzialisierung pur.

Vor unseren Augen vollzieht sich eine Brauchtumsverschiebung. Der Halloween-Rummel verstellt den Blick auf das Reformationsfest, auf Allerheiligen und Allerseelen. Dazu gehört auch, dass sich das Erscheinungsbild des Nikolaus verändert hat, der dem Weihnachtsmann weicht. 1847 hat der Münchner Maler Moritz von Schwind für die Zeitschrift „Fliegende Blätter“ einen „Herrn Winter“ gezeichnet, mit Mantel, Zipfelhaube und einem kleinen Christbaum in der Hand. Dem amerikanischen Grafiker Haddon Sundblom könnte dieser „Herr Winter“ als Vorbild gedient haben, als er 1931 von Coca Cola den Auftrag bekam, für eine Werbekampagne einen Weihnachtsmann in den Hausfarben der Firma zu gestalten. Seine Figur wurde zum „Santa Claus“, und der schaut ziemlich ähnlich aus wie die Zwerge in Walt Disneys Film „Schneewittchen“ (1939).

Unser altbayerischer Nikolaus ist das nicht. Der Heilige trägt als Bischof auf dem Haupt eine Mitra, nicht aber eine rote Zipfelhaube mit weißem Bommel dran, und in der Hand hält er einen Bischofsstab. Weitgehend unbemerkt haben sich die angebotenen Schokolade-Nikolausfiguren in Weihnachtsmänner verwandelt.

In Österreich aber gab es noch die Hohlschokolade in Form des Bischofs Nikolaus. Zwei traditionsbewusste Männer, einer aus Niederbayern, einer aus Oberbayern, sind ins Nachbarland gefahren und haben dort echte Nikoläuse in großen Mengen erstanden, um sie dann in Kindergärten und Schulen zu verteilen. Übers Internet wurden Bausätze mit Mitra und Bischofsstab bereitgestellt, mit denen es möglich ist, einen Schokoweihnachtsmann in einen Nikolaus zu verwandeln. Statt „Nikolaus“ sagt man in der Mundart auch „Niklo“, in Anlehnung an die italienische Namensform „Niccolò“. Sein Begleiter ist der „Knecht Rupprecht“ (bei uns nicht „Ruuprecht“ gesprochen, sondern mit kurzem „u“). Da er als der Böse neben dem guten Heiligen auftritt, Kette, Rute und Sack bei sich hat, nennt man ihn auch den „Klaubauf“, weil er die Kinder „aufklaubt“, das meint: sie packt und in seinen Sack steckt.

Eine andere Bezeichnung ist „Krampus“. Das Wort hängt zusammen mit spätlateinisch „crampo, -onis“. Dieses Wort kam im 13. Jahrhundert auf als Entlehnung von deutsch „Krampe(n)“, was ’gekrümmtes Eisen, Klammer‘ bedeutet.

Im Italienischen entstand für ’mit Haken, Krallen ausgestattet‘ das Adjektiv „gramputo“. Und darauf geht wahrscheinlich als Relatinisierung unser „Krampus“ zurück. Krampusse, die nicht einen heiligen Nikolaus begleiteten, haben am 5. Dezember ihr Unwesen als Kinderschreckgestalten getrieben, gehüllt in zottelige Felle, vor dem Gesicht eine hässliche Teufelsmaske mit Hörnern drauf. Man darf darin wohl eine Fortführung des vorchristlichen Perchten-Brauchtums sehen.