Eisenbahn-Nostalgie
Die schönste Strecke im Bayerwald

Das Interesse der privaten Regentalbahn AG rettete die Strecke Cham – Lam wahrscheinlich vor dem drohenden Aus.

19.02.2012 | Stand 16.09.2023, 21:05 Uhr
Fritz Wallner

MILTACH.Wenn Ludwig Wanninger in Miltach bei seinem Freund Erwin Vogl zu Gast ist, dann stehen beide gerne am großen Wohnzimmerfenster und schauen auf den nahen Bahnhof. Regelmäßig rollen Triebwagen der Regentalbahn AG ein. „Fast wie in alten Zeiten“, freut sich der knapp 80-jährige Wanninger, der von 1973 bis 1981 Dienststellenleiter der „Hauptdienststelle Miltach“ war, wie es so schön im Beamtenjargon der Deutschen Bundesbahn geheißen hatte.

Blüte und den Niedergang erlebt

Das Interesse der Regentalbahn an einem Fortbestand der Strecke von Cham nach Kötzting und weiter nach Lam rettete eine der landschaftlich reizvollsten Strecken des Bayerwaldes in den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts vor der Stilllegung. Und man munkelt, dass auch der damalige „heimliche Außenminister Bayerns“ und Chamer CSU-Landtagsabgeordnete Dr. Max Fischer sein gesamtes politisches Gewicht für den Streckenerhalt in die Waagschale warf.

Die 40,4 Kilometer lange Bahnstrecke von Cham über Miltach und Kötzting bis nach Lam an der bayerisch-tschechischen Grenze wurde in zwei Teilstrecken gebaut. Die Königlich Bayerischen Staatseisenbahnen bauten von der Strecke Schwandorf-Furth i. Wald im Bahnhof von Cham einen Abzweig bis Kötzting. Diese 22,4 Kilometer lange Strecke wurde am 16. Juli 1892 eröffnet. Der Weiterbau nach Lam wurde von der Lokalbahn Lam-Kötzting (LLK) im Jahr 1891 begonnen und auf 17,75 Kilometern Länge am 1. August 1893 in Betrieb genommen.

Die Lokalbahn Lam-Kötzting fusionierte 1973 mit der Regentalbahn AG, die 1889 zum Betrieb einer Lokalbahn von Gotteszell nach Viechtach gegründet worden war. Die Teilstrecken Cham-Kötzting und Kötzting-Lam sind im Besitz der DB Netz AG bzw. der Regentalbahn. Seit 1997 betreibt die Regental Bahnbetriebs-GmbH alle Strecken der bayerischen Waldbahn im Auftrag der Deutschen Bahn. Seit 2001 befährt sie unter dem Markennamen Oberpfalzbahn nicht nur die eigene Strecke Bad Kötzting-Lam, sondern im Auftrag auch die Strecken Schwandorf-Cham-Furth, Cham-Waldmünchen und Cham-Bad Kötzting.

MILTACH.Ludwig Wanninger, der in Gillisberg bei Chamerau geboren wurde, ist bei der Bundesbahn groß geworden. Schon 1947, kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, fing er als Jungwerker bei der Bahnmeisterei in Cham an und arbeitete sich vom Lokputzer über den Weichen-Lampenanzünder bis zum Fahrdienstleiter und zum Dienststellenleiter des Bahnhofes Miltach mit den Nebendienststellen in Chamerau, Blaibach, Kötzting, Konzell und Streifenau hoch. Er erlebte die glanzvollen Bundesbahn-Zeiten, aber auch den langsamen Abstieg Ende der 70er-Jahre, als aus Miltach eine Nebendienststelle wurde und schließlich der ganze Fahrdienst nur noch vom Bahnhof Cham aus geleitet wurde.

Im Sommer kam der Beeren-Zug

Um 3.50 Uhr war in Miltach, einem wichtigen Bahnhof mit sieben Gleisen, bereits Dienstbeginn, denn schon um 4.10 Uhr kam der erste Zug durch. Im Sommer hieß es noch früher aufstehen, erinnert sich Wanninger: Da kam der „Beeren-Zug“ aus Kötzting mit nur zwei oder drei Waggons an, die allerdings mit Waldbeeren in Körbchen prall gefüllt waren. „Die mussten flott abtransportiert werden und gingen an Großhändler bis nach Würzburg oder Frankfurt“.

Bis 1962 waren auf der Strecke der Bundesbahn Dampfloks der Baureihe 64 „Bubikopf“ im Einsatz, zuvor waren es Bayerische Pt 2/3 (Baureihe 70) oder Lokalbahnlokomotiven der Baureihe 98. Später wurden die Güterzugloks durch Diesellokomotiven der Baureihe V 100 abgelöst, im Personenverkehr fuhren vor allem die leuchtend roten Schienenbusse. Die Lokalbahn Lam-Kötzting und die Regentalbahn AG nutzten eigene Lokomotiven und eigenes Wagenmaterial, sodass sich gerade auf den Umsteigebahnhöfen oft ein sehr buntes Eisenbahn-Bild zeigte.

Die Strecke ist ein Genuss für Eisenbahn-Fans. Von Cham kommend führt sie zunächst in den Mündungsaue von Chamb und Regen, bevor sich das Tal zwischen Runding und Chamerau verengt. Zwischen Chamerau und Miltach führt sie am mit Felsen durchsetzten Regen entlang, bis sie Blaibach erreicht. Der Zusatz „Niederbayern“ war erst 1998, also ein Vierteljahrhundert nach der Gebietsreform, entfallen. Östlich von Blaibach verzweigt sich der Regen in den Schwarzen und den Weißen Regen, der östlich von Bad Kötzting auf einer Stahlbogenbrücke überquert wird. Ab Grafenwiesen erstreckt sich das Tal bis Lam und wird eingerahmt vom Bergmassiv des Hohen Bogen (1097 Meter) im Norden und im Süden von der über 1000 Meter hohen Bergkette des Kaitersberges. Noch heute ist Lam ein beliebtes Ziel von Ausflugsgästen.

Güterverkehr ist eingestellt

Bereits 1994 wurde der Güterverkehr auf der Strecke Cham-Lam aufgegeben. Dank der Regentalbahn AG ist das Personenzugangebot im Taktverkehr gut. Ludwig Wanninger schaut auf den einfahrenden Zug. „Hoffentlich bleibt das so. Viele Fahrgäste sitzen ja nicht drinnen.“