Porträt
Der rockige Kulinarik-Virtuose

Der Straubinger Ralf Jakumeit „tourt“ mit den Rocking Chefs durch Europa. Er ist Profikoch und liebt die Rockmusik.

23.03.2018 | Stand 16.09.2023, 6:13 Uhr
Susanne Wolf

In seinem Unternehmen verbindet Profikoch Ralf Jakumeit seine beiden Leidenschaften und macht als „Bandleader“ mit seinem Team „Musik für den Gaumen“. Foto: Susanne Wolf

In München-Freimann ist der erste Mediamarkt Europas, 1979 gab es hier erstmals alle Elektrosortimente unter einem Dach. Nebenan befindet sich das Mediamarkt Kochstudio, in dem Profikoch Ralf Jakumeit im Zwei-Wochen-Takt in der Liveshow „Koch mit“ seine kulinarischen Fertigkeiten zum Besten gibt. Auch heute Abend wird er hier wieder am Herd stehen. Es ist gegen Mittag, als ein schwarzer Dodge RAM Pick-up mit tief dröhnendem Motor auf den Parkplatz fährt. In großen Lettern prangt „Rocking Chefs“ auf dem beeindruckenden Gefährt. Vom Fahrersitz klettert ein Mann mit aufgestellten Haaren à la Iro, der Rest ist abrasiert. Er trägt einen dreifach geteilten Ziegenbart, zwei Ohrringe, einige Armbänder und er ist am Arm bunt tätowiert. Vom Aussehen her denkt man: ein Rocker, wie er leibt und lebt.

Rocker ist er, aber ein ganz spezieller: Ralf Jakumeit ist passionierter Profikoch und liebt die Rockmusik. Er ist Gründer der Rocking Chefs, einem Team von Köchen, mit denen er durch Deutschland und Europa „tourt“. Hier verbindet er seine beiden Leidenschaften: „Wir machen Musik für den Gaumen, die wie Liebe durch den Magen geht“, schreibt er auf seiner Unternehmenshomepage. Selbst bezeichnet er sich als Bandleader statt als Chef.

Koch wollte er schon immer werden

Doch von Anfang an: Am 7. September 1973 erblickt er das Licht der Welt in Straubing. Sein Berufswunsch steht von Anfang an fest. „Die erste Kochshow, die ich bewusst wahrgenommen habe, war ,Essen wie Gott in Frankeich‘ mit Paul Bocuse. Da war ich sechs Jahre alt. Sie war schlecht synchronisiert, aber das, was er damals schon gekocht hat, war einfach geil!“ Jakumeit wird Fan der Show. „Wenn ich sie eingeschaltet habe, sind meine Freunde heimgegangen, weil sie lieber die Schlümpfe schauen wollten“, verrät er schmunzelnd. In die Wiege gelegt wird ihm das Kochen nicht – seine Eltern kochen zwar gerne, sind aber keine Profis. „Meine Oma war eine sehr gute Köchin“, erzählt er. „Sie kam aus der Steiermark und hat wahnsinnig geile Mehlspeisen gemacht.“

„Meine Oma war eine sehr gute Köchin“Ralf Jakumeit, Profikoch

Während der Schule macht er ein Praktikum als Zweiradmechaniker, weil er gerne Fahrrad und BMX fährt. „Dann habe ich schnell gemerkt, wenn man sich da die Finger abschleckt, dass das nicht annähernd so gut schmeckt, wie wenn man in der Küche steht“, sagt er lachend. Es folgen Praktika und Ferienjobs in Restaurants. „Meine Eltern haben meinem Bruder und mir vieles ermöglicht und sind immer hinter meinem Berufswunsch gestanden.“ Darum beginnt er 1990 nach seinem Realschulabschluss im Hotel Heimer in Straubing eine Ausbildung zum Koch. Ein Jahr später wechselt er mit seinem Ausbilder ins Restaurant Hutter nach Altholz. Seine Lehre absolviert er innerhalb von zwei Jahren. „Ich wollte unbedingt raus und Erfahrung sammeln.“

Er könnte auch im U-Boot kochen

Durch einen Bekannten kommt er 1992 zum ehemaligen Witzigmann-Schüler Armin Karrer, den Jakumeit als seinen „kulinarischen Ziehvater“ bezeichnet und mit dem er noch heute regen Kontakt hat. „Im ersten Jahr, als ich bei ihm in der Aurora in Dachau war, sind wir ,Aufsteiger des Jahres‘ geworden und haben relativ zügig einen Stern bekommen. Wir haben vier Betriebe miteinander gemacht.“ Kurz getrennt sind die beiden, als Jakumeit seiner Wehrpflicht nachkommen muss. „Da war ich in der Marineversorgungsschule.“ Hier wird er zum Schiffs-, Boots- und U-Boot-Koch ausgebildet. „Die restliche Zeit war ich als Schichtführer im Offizierscasino auf Sylt. Das war eine Sondereinheit, wo wir für die ganzen Staatsempfänge gekocht haben. Das war eine coole Zeit!“

Zurückgeholt hat ihn Karrer 1997, nachdem Jakumeit die Kantine in einer Straubinger Firma, in der sein Bruder arbeitete, aufgebaut hatte. „Das war cool, weil jeden Tag für die Mitarbeiter vier Gänge aufgefahren wurden. Trotzdem war es fad. Ich bin in einer Nacht-und-Nebel-Aktion wieder zu Armin.“ Er wird Karrers Souschef im Restaurant Ulrichshöhe (ein Michelin-Stern, 17 Punkte) in Nürtingen, wechselt dann mit ihm zu Weber’s Gourmet im Turm in Stuttgart. Insgesamt sieben Jahre arbeitet er bei Karrer, dann geht Jakumeit weiter auf kulinarische Wanderschaft. „Armin sagte, dass ich jetzt meinen eigenen Kopf hätte“, gesteht er. „Ich bin ihm sehr dankbar, da ich viel gelernt habe: Belastbarkeit, Kreativität, Garprozesse und vieles mehr. Eben alles, was du in der Lehre nicht lernst.“ Er fügt schmunzelnd hinzu: „Das Papier habe ich auf zwei Jahre gemacht, danach habe ich sieben Jahre wirklich gelernt.“

In der Folgezeit sind Jakumeit Auszeichnungen sehr wichtig

„Da ich Küchenchef war, hab’ ich danach Gas gegeben“, erinnert er sich zurück. Seine nächsten Stationen waren das Restaurant Krone in Bempflingen (drei Kochmützen, 16 Punkte) und das Kesselhaus in Schorndorf (14 Punkte). „Da bin ich relativ schnell wieder abgedampft. Damals war es so, dass ich ausgezeichnet werden wollte“, gesteht er. „Das war das Wichtigste für mich. Das war ganz schlimm!“ Doch das Kesselhaus ist auch aus einem anderen Grund bedeutend für ihn: „Da habe ich meine Frau kennengelernt. Sie ist Schweizerin und gerade als Au-pair aus Spanien zurückgekommen. Das war mit den Papieren nicht so einfach. Sie hat die Zeit dann bei mir mit Kellnern überbrückt.“ 2002 geht der Profikoch ins Restaurant Sonnenbichl am Tegernsee (eine Kochmütze, 14 Punkte).

„Da ist mir schon g’scheid der Kackstift gegangen“Ralf Jakumeit, Profikoch

Ein Jahr später wechselt er nach Stuttgart ins Restaurant Zauberlehrling (zwei Kochmützen), wo er bis 2008 bleibt. „Da habe ich die Küche auf links gedreht, weil das Restaurant gar nicht bewertet war! Da haben wir jedes Jahr einen draufgelegt, bis die 16 Punkte endlich da waren. Damit waren wir unter den 150 besten Restaurants in Deutschland.“ 2008 macht er sich dann selbstständig. Erst macht er als Freiberufler Caterings und kocht in Shows wie „Die Kocharena“. „Das ging hopplahopp. Da ist mir schon g’scheid der Kackstift gegangen“, gesteht er lachend. „Relativ zügig war klar: Investieren und ein eigenes Catering-Unternehmen aufmachen.“

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Doch einige Monate später folgen zwei herbe Rückschläge: Seine Existenz steht auf der Kippe und – noch viel schlimmer – sein Leben hängt am seidenen Faden. „Ich wurde über den Tisch gezogen. Aus Existenzängsten habe ich im Krankenbett einen dubiosen Vertrag unterschrieben. Ich war krank und wusste nicht, wie es ausgeht und ob ich es überlebe. Und ich habe dabei nicht auf die Menschen gehört, die es gut mit mir gemeint haben.“ Jakumeit erkrankt an Lymphdrüsenkrebs. „Ich wurde operiert und hatte neun Chemos sowie 38 Bestrahlungen – das volle Programm eben.“ Schmunzelnd fügt er hinzu: „Seitdem habe ich diese Frisur, weil es rechts noch nicht wieder so wachsen will. Vorher hatte ich eine richtige Matte.“

Jakumeit überlebt mithilfe seiner Frau seine schwere Krankheit

Zu dem Zeitpunkt ist er frisch mit seiner Frau Salome verheiratet, ihr gemeinsamer Sohn Tiras ist zwei Monate alt. Doch Jakumeit gewinnt den Kampf gegen den Krebs. „Ohne meine Frau hätte ich es erstens nicht gepackt und zweitens auch nicht durchgezogen“, blickt er zurück. „Uns hat das noch mehr zusammengeschweißt.“ 2013 macht die kleine Talei das Familienglück perfekt. Diese schwere Zeit hat ihm eines gelehrt: Nicht die Sterne sind ihm heute wichtig, sondern „dass meine Familie gesund ist“.

„Ich finde es spannend, welche Schmankerl die einzelnen Regionen haben“Ralf Jakumeit, Profikoch

Heute schreibt er selbst Kochshow-Formate wie „Komm Koch“ und trägt den Beinamen „Nigel Kennedy des Grillrosts“ – er ist eben ein rockiger Kulinarik-Virtuose. Denn was bei seinen Auftritten nicht fehlen darf, sind die Rockmusik und seine geliebte Hydra, eine „Multifunktionswaffe“ und die „Königin aller Schwenkgrills“. Sie ist ein beeindruckendes Gerät – im Wert eines Kleinwagens –, mit dem Jakumeit grillt, gart und räuchert – und sogar ganze Menüs zubereitet. „Sie ist Herd und Backofen in einem.“

Inspirieren lässt er sich beim Motorradfahren sowie von der Natur und Musik. Seinen Kochstil beschreibt der 44-Jährige als „mediterrasisch mit bajuwarischem Einschlag“, da man seine Wurzeln nicht vergessen dürfe. „Mir taugt es total, andere Landstriche kennenzulernen – vor allem, was das Ganze kulinarisch bedeutet. Ich finde es spannend, welche Schmankerl die einzelnen Regionen haben.“ Bodenständig und mit kulinarischer Raffinesse: das ist Jakumeits Stil, den er bei Kochshows und Events in ganz Europa präsentiert – ganz nach seinem Rocking-Chefs-Motto „Köche rocken die Welt“.

Der Text ist eine Leseprobe aus der Sonntagszeitung, die die Mittelbayerische exklusiv für ePaper-Kunden auf den Markt gebracht hat. Ein Angebot für ein Testabo der Sonntagszeitung finden Siein unserem Aboshop.

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