Humor
Ringelstetter: „Ich habe keinen Glamour“

MZ-Autorin Heike Sigel traf Multitalent Hannes Ringlstetter. Bis zum großen Durchbruch musste der Niederbayer lange warten.

23.04.2016 | Stand 16.09.2023, 6:52 Uhr

Hannes Ringlstetter ist ein Multitalent. Auf den großen Durchbruch musste er lange warten. Foto: MZ-Archiv

Der Kabarettist, Musiker und Schauspieler Hannes Ringlstetter hat lange auf den ganz großen Durchbruch warten müssen. Jetzt ist er endlich geschafft. Trotzdem hat der Niederbayer im „Sonntagsfrühstück“ glaubhaft versichert, dass ihm Erfolg nicht wirklich etwas bedeutet. Aber eine eigene Late-Night-Show, das wär‘ schon was...

In der BR-Serie Hubert und Staller spielst Du seit 2011 den etwas windigen Geschäftsmann „Yazid“, der an seiner Werkstatt ein Schild mit der Aufschrift „Ich mach alles“ kleben hat. Umgemünzt auf den Künstler Hannes Ringlstetter: Macht der inzwischen auch alles?

Der Produzent der Serie hat tatsächlich irgendwann zu mir gesagt: „Du machst doch eh alles. Du machst Kabarett, du machst Musik, du machst Schauspiel, da wär’s doch für dich ideal, wenn wir die Firma vom Yazid ’Ich mach alles‘ nennen.“ Das fand ich lustig, und insofern stimmt die Verbindung sogar.

Du füllst die Rolle auch ziemlich authentisch aus.

Wobei ich von all dem, was der Yazid in der Serie macht, privat wirklich keine Ahnung habe. Ich bin handwerklich ziemlich unbegabt, ich kenne mich technisch überhaupt nicht aus. Ich merk‘ mir das alles auch immer nur fürs Drehen und dann vergesse ich es sofort wieder. Insofern bin ich sehr weit weg von der Rolle. Auf der anderen Seite mag ich so Leute wie den Yazid. Ich weiß, wie die ticken. Ich kenne solche Autoschrauber und ich mag solche Typen irgendwie, die sich immer so am Rande der Legalität bewegen, aber niemandem wirklich was tun. Yazid ist ja völlig harmlos, der bellt ja bloß, der beißt ja nicht.

Verrätst Du uns Yazids Herkunft?

Ich wollte immer eine Rolle spielen, bei der man nicht genau weiß, wo die Person eigentlich her ist. Yazids Herkunft wird in der Serie ja nie aufgelöst. Das finde ich das Charmante dran: Es wird immer nur gesagt, er kommt aus Niederbayern, was ja stimmt. Yazids eigentliche Herkunft bleibt für immer ein Geheimnis.

Zurück zu Dir. Gibt es eine Berufsbezeichnung für Dich?

Komödiant und Entertainer, so würde ich mich nennen. Du musst einfach die Leute unterhalten können, das ist mein Hauptjob.

Die letzten Jahre liefen für Dich extrem gut. Kannst Du Deinen Durchbruch an irgendeinem Ereignis festmachen?

Ich glaube, das war 2007/2008, als ich relativ schnell hintereinander im Schlachthof bei Ottfried Fischer und dann beim Günther Grünwald in der Sendung zu Gast war. Ab dann war’s in meinen Veranstaltungen voll und die Räume und Hallen für meine Auftritte sind immer größer geworden.

Auf diesen Durchbruch hast Du lange gewartet. Hast Du erwartet, dass er auf einmal so Knall auf Fall kommt?

Gute Frage (überlegt): Nein, das habe ich nicht erwartet. Es ging halt 20 Jahre lang nix weiter. Dann habe ich mein Soloprogramm ausprobiert und gemerkt, dass ich mich damit wohlfühle. Und seitdem ich das mache, hat sich alles so ergeben. Der Druck ist raus. Ich habe mit dem Durchbruch nicht gerechnet und auch nicht viel dafür gemacht. Ich habe einfach versucht, mich als Bühnenkünstler zu etablieren, das war mir wichtig. Ich hatte keinen Karriereplan. Aber natürlich ist es cool so, wie’s jetzt ist.

Du arbeitest im Moment sehr viel. Band- und Soloauftritte, Dreharbeiten. Spürst Du nicht doch einen gewissen Druck, den Erfolg halten zu müssen und mitnehmen zu müssen, was geht?

Meine Projekte machen alle Spaß. Ich kann mit dem Erfolg als Zustand an sich nichts anfangen, weil er in meinem Leben keine Rolle spielt. Ich gehe nicht auf Filmpremieren und mag diese Münchner Partygesellschaft nicht. Ich bin nicht Teil einer Prominenten-Gesellschaft. Das bin nicht ich. Ich lebe total langweilig, treffe mich mit meinen alten Freunden, das war’s. Ich habe keinen Glamour. Einen gewissen Druck gibt es aber dahingehend, dass sich um erfolgreiche Künstler herum immer eine eigene Firma aufbaut. Das ist inzwischen auch bei mir so. Diesem Druck kann ich mich nicht entziehen. Ich bin mittlerweile sozusagen der Chef einer eigenen Firma: Ich habe eine Agentur, die bucht mein Solo, eine andere bucht die Band, ich habe einen Agenten für das Schauspiel, meine Band umfasst sechs Musiker und zwei Techniker. Inzwischen arbeiten also einige Leute für mich. Das macht insofern Druck, weil da ja Existenzen dranhängen.

Wird der Bereich Schauspiel ausgebaut?

Kommt auf die Angebote an. Ich lehne mehr ab, als ich mache. Ganz bestimmte Sachen muss ich nicht machen und mach‘ sie dann auch nicht. Ich habe zum Geld kein Verhältnis. Solange ich gut von meiner Arbeit leben kann, ist alles cool. Aber ich muss jetzt nicht reich werden. „Hubert und Staller“ macht mich wahnsinnig glücklich, weil das so ein Spaß ist und weil wir alle Freunde geworden sind. Ich habe aber jetzt keinen Plan dahingehend, dass ich in fünf Jahren Tatortkommissar sein will.

Klingt unglaubwürdig.

Alles, was mit diesem „Erfolg“ zusammenhängt, ist mir tendenziell tatsächlich ein bisserl wurscht!

Hat Dich Deine Kindheit in Niederbayern gut aufs Künstlerleben vorbereitet?

Meine Familie war sehr diszipliniert. Ich habe mit fünf Klavier gelernt und dann in der Pubertät einen satten Ausbruch hingelegt.

Inwiefern?

Ich komme aus einer konservativen, katholischen Lehrerfamilie, habe nicht ferngesehen, sondern gelesen, Klavier geübt und halt Hausaufgaben gemacht. Ansonsten war ich draußen und hab‘ gespielt. So war meine Kindheit und das war auch total ok. Aber das hat mir mit 14 Jahren natürlich gar nicht mehr getaugt. Ich wollte Rockstar werden, nicht Lehrer. Ich hatte meine eigenen Bands und hing in Kneipen rum. Bis zu meinem vierzehnten Lebensjahr habe ich nur klassische Musik gehört. Meine Eltern hören bis heute keine Popmusik. Aber was ich in meiner Familie gelernt habe und was mir bis heute weiterhilft, das ist die Disziplin: Ich habe kein Problem mit konzentriertem Arbeiten, ich bin wahnsinnig strukturiert und klar, was künstlerische Arbeit angeht.

Du bist in der Nähe von Straubing aufgewachsen, lebst aber inzwischen seit zehn Jahren in München. Geht Dir die Stadt manchmal auf die Nerven?

Ja (lacht). München ist auch nicht meine Heimat. Ich bin da gerne zum arbeiten, meine Familie ist dort, aber ich habe mich da nie verwurzelt. Ich habe ja auch noch immer im Labertal eine zusätzliche Wohnung.

Verändert der rote Teppich die Menschen?

Ich befürchte, dass er das tut. Ich glaube, er verändert einen. Ich gehe einmal im Jahr zur Premiere des 90-Minüters von Hubert und Staller und einmal im Jahr zum Bayerischen Filmfest. Dann war’s das und ich habe wieder ein Jahr lang meine Ruhe.

Dein kürzlich erschienenes Buch heißt „Paris – New York – Alteiselfing“ und beschreibt Deine Ochsentour durch die Provinz. Warum ein Buch darüber ?

Darin arbeite ich für mich diese lange Zeit der Erfolglosigkeit auf. In dem Buch habe ich die unfassbaren Geschichten des Scheiterns alle aufgeschrieben. Das Schreiben hat mir viel Spaß gemacht und war eine Art Zäsur. Damit war die Sache für mich abgeschlossen. Jetzt geht es neu los, jetzt kommen neue Geschichten.

Bist Du eigentlich in den sozialen Netzwerken unterwegs und twitterst alles, was Du so machst?

Ich bin nicht bei Twitter. Twitter finde ich total affig. Ich bin bei Facebook, weil das für mich als Marketingtool ganz gut ist. Aber ich habe noch nie einen privaten Satz auf Facebook geschrieben.

Gibt es ein berufliches Projekt, das Dich richtig reizen würde ?

Es gibt eine Sache, an der arbeite ich gerade und das wollte ich schon immer machen, nämlich eine Late-Night-Show. Ich habe eine eigene Band, kann kabarettistisch sein, ich kann talken. Ich habe das alles gelernt. Ich bastle da gerade an Konzepten rum. Schau’n mer mal. Vielleicht nächstes oder übernächstes Jahr?

Der Text ist eine Leseprobe aus der Sonntagszeitung, die die Mittelbayerische am Wochenende erstmals exklusiv für ePaper-Kunden auf den Markt gebracht hat. Ein Angebot für ein Testabo der Sonntagszeitung finden Siein unserem Aboshop.

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