MZ-Serie
Ist die „Resl“ heilig oder hysterisch?

Die MZ startet eine neue Serie mit den besten Schlagzeilen aus der „Woche“. Den Auftakt macht die „Resl von Konnersreuth“.

15.11.2015 | Stand 16.09.2023, 6:53 Uhr
In der Karwoche zeigten sich die Stigmata bei Therese Neumann aus Konnersreuth. Dass sie nahrungslos lebte, zweifelten viele an. −Foto: Ferdinand Neumann

Auseinandersetzungen zwischen Gläubigen in der katholischen Kirche gab es auch in den 70er Jahren. Allerdings folgten die Schäfchen selbst damals noch eher den Oberhirten, der Volksglaube war ungebrochen, lediglich die Theologen selbst waren sich oft uneins. So wie bei der weithin bekannten und vom Volk verehrten Therese Neumann, nach ihrem Wohnort genannt „Resl von Konnersreuth“, die wie Jesus an Händen und Füßen stigmatisiert war, aber, anders als er, keine Nahrung zu sich genommen hat – angeblich.

Mystikerin oder Betrügerin?

Zum zehnten Todestag der „Heiligen“ veranstaltete Bischof Dr. Rudolf Graber eine viertägige Gedenkfeier in „Resls“ Pfarrei, ein Balihoo, das eine ganze Schar von kritischen Katholiken auf die Palme brachte. Die Skeptiker sahen in Therese Neumann weniger eine Mystikerin als eine Betrügerin, und die WOCHE schlug sich auf ihre Seite. Sie bezog sich dabei auf ein Buch des renommierten Regensburger Theologen Professor Dr. Josef Hanauer, der sich mit wissenschaftlicher Akribie mit dem „Fall Konnersreuth“ auseinandersetzte und auch Akten veröffentlichte, die bis dato im bischöflichen Archiv schlummerten. Der Herr Professor wies anhand des umfangreichen Materials nach, dass es sich bei der verehrten „Resl“ mitnichten um eine Heilige handelte.

Auf natürliche Weise zu erklären

Therese Neumanns Leiden waren laut Hanauer auf natürliche Weise zu erklären, ihre Visionen waren falsch oder stammten aus erbaulichen Traktätchen. Sie habe es mit der Wahrheit nicht so genau genommen, Nächstenliebe habe sie nicht gekannt und für Geld habe sie ein ausgeprägtes Gespür gehabt. Ihre behauptete Nahrungslosigkeit habe sie nie einer wissenschaftlichen Überprüfung unterziehen müssen.

Über eine Seite lang zitiert die WOCHE Professor Hanauer und andere Wissenschaftler, die sich skeptisch mit den angeblichen Wundern auseinandersetzen. Und sie prangert den „Mythos von Konnersreuth“ an, „den einige im guten Glauben und einige aus Gewinnsucht“ geschaffen haben.

Wie sich zeigte, triumphierte im Laufe der Zeit der Volksglaube über die Skeptiker, und Bischof Dr. Gerhard Ludwig Müller, inzwischen Kardinal und Leiter der Glaubenskongregation, leitete 2005 das Verfahren zur Seligsprechung der „Resl“ ein. In den vergangenen zehn Jahren wurde eine große Zahl von Zeitzeugen befragt. Inzwischen, so sagte deren Leiter Domvikar Georg Schwager, seien die Arbeiten sehr weit fortgeschritten. Ob es bereits ein Wunder gibt, dass der Resl von Konnersreuth zugeschrieben wird, dazu schweigt Schwager allerdings.

Die MZ verlost fünf Bücher „Die Woche bringt es an den Tag“ aus dem Gietl-Verlag. Schicken Sie bis 20. November eine E-Mail angewinnspiel@mittelbayerische.deoder eine Postkarte an Mittelbayerische Zeitung, Bayernredaktion, Stichwort: Woche, Kumpfmühler Str. 15, 93047 Regensburg.

Weitere Ereignisse und Geschichten, die Ostbayern bewegten,finden Sie in unserer Schlagzeilen-Serie.