Leben
Schloss Stefling – ein Ort voller Energie

Naturkindergarten statt Showbiz: Im Regental verwirklicht die ehemalige Schauspielerin Gundula Liebisch ihre Idee der „Schule des Lebens.“

28.07.2010 | Stand 16.09.2023, 21:07 Uhr
Tanja Rexhepaj

Stefling.Der verdunstende Sommerregen hat dem Wald links und rechts des Flusses Zipfelmützen aus Nebel aufgesetzt. Über dem Wasser wabern feine Schlieren sichtbar gewordener Feuchtigkeit. Die Gewitter der vergangenen Tage haben Gundula Liebisch inspiriert: „Es ist dann richtig schaurig hier“, sagt sie und schaut aus ihrem Schlafzimmer hinab auf das Regental. Hier steht sie oft am Fenster. „Das ist ein Ort zum Auftanken; Nahrung für die Seele.“ Gemeinsam mit ihrem Mann Peter Peschl bewohnt die aus Hamburg stammende ehemalige Schauspielerin seit gut sechs Jahren das Burg-Schloss Stefling bei Nittenau (Lkr. Schwandorf).

„Ich wusste, es ist das Richtige“

Seit einem Jahr jedoch ist Gundula Liebisch meist alleinige Schlossherrin, da ihr Mann beruflich in Berlin zu tun hat. Der hölzerne Mohr freilich, der unten in der Halle auf dem Treppengeländer thront, zeigt nur dann mit dem Gesicht nach oben, wenn auch Peter Peschl auf dem Schloss ist. Denn Stefling, das ist ihrer beider Geschichte. „Ich habe es einfach gewusst, dass es das Richtige ist“, sagt Peter Peschl über den Augenblick, als er das Schloss zum ersten Mal von Weitem sah. Schon eine ganze Weile lang hatte er sich damals umgeschaut nach einem Gutshaus oder etwas Ähnlichem. Er wollte raus aus seinem Haus im Landkreis Passau, wollte etwas Anderes. „Das Herrschaftliche fand ich fantastisch“, sagt der Diplom-Ingenieur, der als Manager im Bereich Biogastechnologie arbeitet. Und Gundula Liebisch wusste beim Anblick des alten Herrschaftssitzes: Hier würde sie einen Platz für Menschen schaffen, einen Ort, an dem es ihnen gut geht.

Einladungen für Kulturpublikum

Ihr Vorhaben setzt sie Schritt für Schritt um: Sie hat einen Natur- und Kreativkindergarten gegründet, der bei schlechtem Wetter einen Unterschlupf im Nebengebäude des Schlosses hat, bietet Nachmittagsbetreuung für Kinder an und lädt mehrmals jährlich auf das Schloss ein, sei es zum literarischen Damen-Salon, zu Konzerten oder Lesungen. „An der Autobahn steht dieses Schild ‚Burgen und Schlösser im Regental‘. Und wenn man dann etwas anschauen will, ist alles zu. Das ist doch Quatsch!“, sagt Gundula Liebisch. Deshalb führt sie ein offenes Haus; auch wenn das bedeutet, dass sich die Gäste bei Veranstaltungen in ihrem privaten Wohnbereich aufhalten. „Das schätzen die Leute, dass es bei mir sehr persönlich ist. Die Atmosphäre ist nicht kommerziell.“

Stefling.Und genau das will Gundula Liebisch. Ihren Beruf als Schauspielerin – sie trat in etlichen TV-Serien, unter anderem auch bei „Derrick“, auf – und Synchronsprecherin, die schicke Wohnung in Hamburg-Eppendorf, die ganze Welt des Showbiz hat die studierte Schauspiel- und Theaterwissenschaftlerin hinter sich gelassen. „Ich habe damals viel verdient, aber ich habe auch gemerkt, dass diese Welt doch recht kühl ist.“ Ihre Suche nach etwas, das sie innerlich ausfüllt, brachte sie auf die Idee, in Stefling eine „Schule des Lebens“, einen „ganzheitlichen Platz zum Lernen“, zu schaffen. Einen Ort, an dem sich die Menschen wohl fühlen, kann sie dabei nur deshalb verwirklichen, weil sie selbst hier ihren Wohlfühl-Ort gefunden hat. „Hier fühle ich mich gut, geborgen. Und ich habe so viel Platz!“

Platz für ein Teezimmer, in dem sie Filme auf DVD anschauen können, Platz für eine geräumige Ankleide, Platz für ein Gästezimmer, das derzeit Gundula Liebischs Mutter bewohnt, Platz für Karina und Julia, die beiden Töchter von Peter Peschl, Platz für Hund Charly und Platz für 85 Gäste, die am vergangenen Wochenende einem Trio junger Musiker lauschen und vom selbst gebackenen Apfel- und Marmorkuchen kosten durften. Rund 450 Quadratmeter haben die beiden Stockwerke auf Schloss Stefling. „So etwas zu bewohnen, das bedarf großer Liebe. Man muss es wertschätzen“, sagt Gundula Liebisch.

Dass sie und Peter Peschl das tun, merkt man überall im Schloss und drum herum: Der kleine Barockgarten mit Rhododendren und Zypressen ist akkurat angelegt und gepflegt, Bilder regionaler Künstler geben dem Haus ebenso ein besonderes Ambiente wie naive Kindermalerei. Die eigens für das Speisezimmer angefertigte Tafel ist eine echte Zierde für den Raum. Ein alter Ofen und ein prächtiger Wandspiegel machen das Schlafzimmer zu etwas ganz Besonderem. „Hier spüre ich reine Energie“, sagt Gundula Liebisch. „Es gibt hier nichts Störendes.“