Die Wikileaks-Veröffentlichungen vertraulicher und teils geheimer Berichte des US-Außenministeriums enthüllen wenig schmeichelhafte Urteile der Amerikaner über zahlreiche deutsche und internationale Politiker.
Wenig Lobendes haben die US-Diplomaten über Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu berichten. Sie sei „selten kreativ“ und risikoscheu. Vor einem Treffen mit US-Präsident Barack Obama im April 2009 hätten sie nach Washington gemeldet, die Kanzlerin sei „bekannt für ihren Widerwillen, sich in aggressiven politischen Debatten zu engagieren. Sie bleibt lieber im Hintergrund, bis die Kräfteverhältnisse klar sind, und versucht dann, die Debatte in die von ihr gewünschten Richtung zu lenken“. Weil vieles an ihr abgleite, werde die Regierungschefin intern in den US-Berichten „Angela 'Teflon' Merkel“ genannt - in Anspielung auf die nichthaftende Beschichtung von Bratpfannen.
Wie aus den veröffentlichten Dokumenten hervorgeht, beurteilten die Amerikaner vor allem Außenminister Guido Westerwelle kritisch. Kurz vor der Bundestagswahl im September 2009 heißt es in einer Einschätzung des US-Botschafters Philip Murphy in Berlin zu dem FDP-Chef: „Er wird, wenn er direkt herausgefordert wird, vor allem von politischen Schwergewichten, aggressiv und äußert sich abfällig über die Meinungen anderer Leute.“ Westerwelle sei eine unbekannte Größe („Wild Card“) mit „überschäumender Persönlichkeit“. Sein Geltungsdrang werde zu Kompetenzrangeleien mit der Kanzlerin führen.
Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) gilt als „enger und bekannter Freund der USA“.
Russlands Präsident Dmitri Medwedew wird als „blass“ und „zögerlich“ beschrieben. Seine Ehefrau Swetlana soll derweil „schwarze Listen“ über Amtsträger angelegt haben, weil sie ihrem Mann gegenüber nicht hinreichend loyal seien.
Russlands Premierminister Wladimir Putin werde als „Alpha-Rüde“ bezeichnet.
Zu Berlusconi hätten die US-Diplomaten geschrieben, er „erscheint zunehmend als Sprachrohr Putins“ in Europa.
Der türkische Premier Recep Tayyip Erdogan wird den Angaben zufolge höchst skeptisch bewertet, weil er sein Land in eine islamistische Zukunft führe.
Der afghanische Präsident Hamid Karsai wird als „schwache Persönlichkeit“ beschrieben, der von „Paranoia“ und „Verschwörungsvorstellungen“ getrieben werde.
Der saudische König Abdullah habe mit Blick auf Iran von den USA verlangt, „der Schlange den Kopf“ abzuschlagen“. Auch Staaten wie Bahrain und Ägypten hätten ähnliche Einschätzungen zur Iran-Politik geäußert.
CSU-Chef Horst Seehofer wird als „unberechenbar“ charakterisiert und gilt bei den Amerikanern als Populist. Außenpolitisch sei er weitgehend ahnungslos. Bei einem Treffen mit Murphy habe er nicht einmal gewusst, wie viele US-Soldaten in Bayern stationiert seien.
Noch schärfer seien die US-Diplomaten aber mit Günther Oettinger (CDU) ins Gericht gegangen, als der Ministerpräsident von Baden- Württemberg als Energiekommissar nach Brüssel wechselte. Es sei bei diesem Schritt darum gegangen, „eine ungeliebte lahme Ente von einer wichtigen CDU-Bastion zu entfernen“.