Skandal
VW-Kunde will endlich ein Urteil

Autofahrer aus Regensburg blicken zum Diesel-Gipfel in Berlin. Auch Christian Wiedenmann kämpft um eine Entschädigung.

02.08.2017 | Stand 16.09.2023, 6:22 Uhr

Seinen VW deckt Christian Wiedenmann nur für das Foto ab. Fahren will er das Auto mit den zu hohen Abgaswerten nicht mehr. Foto: Ried

Christian Wiedenmann ist mit seiner Geduld am Ende: Bereits im Dezember 2016 hat der Regensburger wegen seines VW Tiguan mit der Schummel-Software Klage eingereicht am Landgericht Regensburg. Doch er hat bis jetzt keinen Verhandlungstermin. Er zählt zu den von der Abgasaffäre betroffenen Regensburgern,die am Mittwoch besonders gespannt nach Berlin blicken, wo Politiker und Vertreter der Autoindustrie zum Diesel-Gipfel zusammentreffen.Schließlich geht es unter anderem darum, welche Nachrüstung Autofahrer bezahlt bekommen.

Wiedenmann will auf dem Gerichtsweg erreichen, dass sein Autohaus seinen VW zurücknimmt und ihm den Kaufpreis – abzüglich einer Nutzungsentschädigung – zurückzahlt. Mit dem Software-Update lasse sich nicht sicherstellen, dass die Abgasnormen erfüllt werden, sagt der Kfz-Meister, der als Sachverständiger arbeitet – andere Experten geben ihm Recht. Doch zu Wiedenmanns großem Ärger ist seine Verhandlung noch nicht terminiert, obwohl seine Klageschrift das Landgericht im Dezember 2016 erreichte. Wiedenmanns Richter will warten, bis eine Entscheidung des Oberlandesgerichts München oder Nürnberg vorliegt.

Betroffener: VW spielt auf Zeit

Wiedenmann fühlt sich hingehalten, „um mein Recht betrogen“. Er sagt: „Ich will ganz einfach, dass ich ein Urteil bekomme. Ob das für oder gegen mich spricht, überlasse ich dem Gericht.“ Der 59-Jährige, der sich als „autoverrückt“ bezeichnet, sagt: „Ich verstehe nicht, warum der Richter nicht den Mut aufbringt, eine Verhandlung anzusetzen und durchzuziehen.“ Er hat die Vermutung, VW wolle auf Zeit spielen und könnte damit wegen des Vorgehens der Gerichte auch erfolgreich sein. Die „Einredefrist“, innerhalb derer Wiedenmann Ansprüche geltend machen kann, endet am 31. Dezember 2017.

Landgerichtssprecher Thomas Polnik weist Wiedenmanns Vorwurf, der zuständige Richter sitze die Sache aus, zurück. Ein obergerichtliches Urteil aus Nürnberg und München gebe dem Gericht eine „bessere Orientierung“. Er rechne „demnächst“ mit einer Entscheidung: Am 23. August sei eine Verhandlung in Nürnberg angesetzt. Im Übrigen hemme die Erhebung einer Klage die Verjährung, sagt Polnik. Er weist zudem darauf hin, dass in Regensburg zahlreiche Entscheidungen zugunsten der Kunden fielen. Erst Ende Juni verurteilte ein Richter einen Händler dazu, dem Kläger einen neuen Wagen gleichen Typs und gleicher Ausstattung zu liefern.

Dieses Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig –und Gerichtssprecher Polnik ist auch kein anderes rechtskräftiges Regensburger Urteil in Zusammenhang mit dem Dieselskandal bekannt. Er habe nur von Verfahren erfahren, die mit einem Vergleich endeten oder in denen die Entscheidung angefochten wurde. Eine Statistik führe das Gericht nicht.

Lieber zahlen als verhandeln

Derzeit legen VW beziehungsweise die beklagten Händler nach für Volkswagen nachteiligen Urteilen häufig Berufung ein und versuchen dann, sich mit den Kunden außergerichtlich zu einigen. So erging es zwei VW-Fahrern, die in Regensburg in erster Instanz gewonnen haben und nun einen Vergleich geschlossen haben.Einer davon ist der 70-jährige Peter Ludewig aus Donaustauf, der im November erreicht hatte, dass sein Autohaus seinen Touran zurücknehmen muss und ihm einen Großteil des Kaufpreises erstattet.Was ihm VW anbot, um zu verhindern, dass das Verfahren in die nächste Instanz geht, erzählt er nicht – er hat eine Schweigeklausel unterschrieben. Nur so viel sagt Ludewig: „Ich bin zufrieden.“ Dass er derzeit von Diesel-Autos genug habe, verrät er auch.

„Ich freue mich für jeden einzelnen, der es geschafft hat, sich mit VW zu vergleichen“, sagt Wiedenmann. Doch er beklagt, „dass man erst den schwierigen Weg gehen muss, bevor VW einlenkt“. Warum hierzulande jeder Verbraucher sein Recht für jedes einzelne Auto durchfechten muss und nicht pauschal eine Entschädigung vereinbart wird wie in den USA, versteht er nicht. Das kann auch Ludewig nicht nachvollziehen. Auch er verfolgt am Mittwoch aufmerksam, ob die Politik den Konzernlenkern Zugeständnisse abringt. Er ist der Auffassung: „Die Kunden, die betrogen worden sind, sollten auf gewisse Art und Weise entschädigt werden.“

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