Premiere am 24. September
„Der Prozess“ am Theater Regensburg: Viele Türen, doch kein Ausweg

21.09.2022 | Stand 15.09.2023, 3:35 Uhr
Daniel Pataky (rechts) als Josef K. in „Der Prozess“, mit Hany Abdelzaher (links) und Christopher Wernecke: Premiere der Oper ist am Samstag. −Foto: Pawel Sosnowski

Der neue Intendant am Theater Regensburg inszeniert auch. Zum Auftakt der Saison führt Sebastian Ritschel Regie in „Der Prozess“. Die Opern-Inszenierung hat am Samstag Premiere.



Josef K. bleibt auf der Bühne am Bismarckplatz ein Gefangener. Zwar bieten sich ihm viele Türen – sie führen zum Beispiel in sein spartanisches Zimmer und zwischen die mit Schließfächern gepflasterten Wände der Bank, der er als Prokurist dient – doch keine schenkt den Ausweg. Das Netz aus ominösen Anschuldigungen, undurchschaubaren Zuständigkeiten und anonymen Autoritäten, es zieht sich unausweichlich zu. Das Ende ist bekannt: Josef K. ist tot.

Intendant Ritschel führt Regie

Der Stoff passt in eine Zeit, in der ein Hashtag Existenzen zuverlässiger vernichten kann als ein Gerichtsurteil, und er schmiegt sich ins Spielzeitmotto: „Wahrheiten“.

Das Regensburger Theaterpublikum trifft den Anti-Helden aus Kafkas berühmtem Romanfragment „Der Prozess“ nun in der gleichnamigen Oper von Gottfried von Einem. Die Produktion gibt die Chance, zu sehen, wie sich der neue Intendant als Regisseur macht – und mehr: Sebastian Ritschel besorgt nicht nur die Inszenierung, von ihm stammen auch die Entwürfe für Bühne, Kostüme und Licht. Erste, durchaus stimmige Eindrücke vermittelte am Montagabend die öffentliche Probe, ein Format übrigens, das künftig jede Produktion am Haus begleiten wird.

Ritschel möbliert die weite Fläche sparsam und sachlich. Im Zimmer von Josef K. reichen ein Mies-van-der-Rohe-Sessel und ein Großbildschirm, von dem der Untersuchungsrichter (Roger Krebs), live zugespielt, unbarmherzig Fragen stellt, auf die er keine Antworten hören will. Türen führen in andere Räume, Schilder versprechen „Exit“, ohne dass es ein Entkommen gibt. Schenkelhohe Lackstiefel und nackte Haut deuten das verkorkste Verhältnis von Josef K. zu Sex und Frauen an. Die Menschen, die die Räume füllen, bleiben seltsam unpersönlich – Projektionsflächen für innere Schuld und äußere Zwänge.

Umstrittenes Werk verschwand lange von den Spieleplänen

„Der Prozess“, 1953 in der Salzburger Felsenreitschule uraufgeführt, wurde von Bühnen, in New York, Mailand, London oder Paris gespielt, bevor das nicht unumstrittene Werk für lange Zeit von den Spielplänen verschwand. Ritschel griff die Oper 2021 an den Landesbühnen Sachsen auf, als schon klar war, dass er an die Donau wechseln würde, und bereitete das Werk in Koproduktion mit dem Theater Regensburg auf. Die Inszenierung bekam wohlwollende bis sehr gute Kritiken. Drei Vorstellungen schaffte man, bevor Corona den Spielplan infizierte. In Regensburg erklingt die drängende, pulsierende, zwischen Zwölfton, Schwelgerei und Jazz oszillierende Musik nun in mittlerer Orchester-Besetzung – kleiner als im opulenten Original, größer als zu Pandemiezeiten.

Die Premiere am 24. September ist eine von insgesamt fünfen, mit denen das Theater am Wochenende, nach dem umfassenden Wechsel von Führungsteam und Ensemble, den Reset-Knopf drückt.