Hausbesuch
Die Aussicht beflügelt Eckhard Henscheid

Seit mehreren Jahren lebt der Schriftsteller wieder in seiner Geburtsstadt Amberg. Dort ist sein neues Buch entstanden.

23.08.2018 | Stand 16.09.2023, 6:05 Uhr
Bettina Gröber

Bevorzugter Arbeitsplatz: Eckhard Henscheid in der Küche seiner Wohnung in Amberg Foto: Gröber

Zu Gast in Amberg, in einer Wohnung, die im Kern der pittoresk-verwinkelten Altstadt liegt. Zum Gespräch lädt Eckhard Henscheid ins Wohnzimmer, das gleich einen differenzierten Einblick in Wesen und Wirken des 76-Jährigen erlaubt: Bilder hängen da, gemalt von eigener Hand. Eine halbe Wandseite nimmt ein Regal mit Musikaufnahmen ein. Und, natürlich: Bücher, viele Bücher.

„Ich müsste schon tot sein, damit die Gasse nach mir benannt wird – und das will ich dann auch nicht.“Eckhard Henscheid

Als Schriftsteller und Satiriker hat sich Henscheid einen Namen gemacht, der von Kritik und Zeitgenossen teils gerühmt, teils (auch harsch) angegriffen worden ist. Die Auseinandersetzungen mit dem Sohn von Heinrich Böll, die Eckhard Henscheid in den frühen 1990er Jahren führte und die sich um das Recht auf Meinungs-und Kunstfreiheit drehten, sind in Erinnerung geblieben. Viel mehr noch hat sich der Autor jedoch mit Romanen, Erzählungen, Essays, Satiren und vielen Veröffentlichungen in weiteren Genres ins literarische und publizistische Gedächtnis eingeschrieben – sei es mit der „Trilogie des laufenden Schwachsinns“, der Idylle „Maria Schnee“ oder seinen Artikeln in der Satirezeitschrift „Titanic“.

Schreibbegabung kam erst spät

Dabei, so der mit Preisen wie dem Jean Paul gewidmeten oder dem Bayerischen Staatspreis für Literatur Ausgezeichnete, sei bei ihm „die Schreibbegabung erst sehr spät da gewesen“. Ein „professionelles Niveau“ habe er kurz vor seinem 30. Geburtstag erreicht, urteilt Henscheid über Henscheid. Davor – und bis heute auch daneben – gab es stets die Malerei und die Musik: „Wenn ich mir nicht – zum Glück – den kleinen Finger gebrochen hätte, wäre ich vermutlich Musiklehrer geworden.“

Inzwischen lebt Eckhard Henscheid mit seiner Ehefrau Regina seit mehreren Jahren wieder ausschließlich in Amberg. Und, idyllisches Ambiente hin oder her, von altersbedingter Gelassenheit oder gar Rückzug kann dabei keine Rede sein: Wach bleibt der Blick, offen das Ohr. Prominentes Beispiel: das von Henscheid über Jahrzehnte hinweg diagnostizierte und kritisierte „Dummdeutsch“.

Un-Wörter werden getadelt

Den Menschen aufs Maul zu schauen, das funktioniert schon nahezu automatisch – auch im Interview werden unbedacht geäußerte Un-Wörter wie „okay“ sogleich in zwar freundlichem, aber doch entschiedenem Ton getadelt. „Ich habe nach wie vor Freude am Beobachten solcher Dinge“, erklärt Henscheid.

In Kürze wird Eckhard Henscheids neuestes Werk erscheinen: „Aus dem Leben der Heiligen. Neue Legenden“. Der Autor, der sich auch in früheren Arbeiten im katholischen Geistesmilieu getummelt hat, versammelt hier kleinere Texte, denen als Quellen alte Schriften wie das „Leben der Heiligen“ oder die „Legenda aurea“ des Jacobus de Voragine aus dem 13. Jahrhundert dienen. Als Leser müsse man angesichts der Geschichten „Freude am Komischen“ haben, böten so manche Texte doch „sehr wunderliche, aber auch befremdliche Sachen“. Das Legenden-Buch sei übrigens das erste gewesen, das er selbst am Computer geschrieben habe. Zum bevorzugten Arbeitsplatz hat sich in den vergangenen Jahren die Küche entwickelt. Und da steht das angestammte Schreibgerät Henscheids: eine Schreibmaschine.

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