Literatur Ein Spagat zwischen Witz und Leere
Der Gedichtband „Die Gedichte stehen zwischen den Zeilen“ von Jürgen Huber und Kevin Coyne wirft immer wieder Fragen auf.

Regensburg.Im Vorwort von „Die Gedichte stehen zwischen den Zeilen“, einem schmalen Band mit Gedichten und Zeichnungen von Kevin Coyne und Jürgen Huber aus dem Giselaverlag, werden von Stefan Voit Gemeinsamkeiten der beiden Autoren-Künstler herausgestellt. Zwei Eigenschaften hat der Oberpfälzer Journalist, der früher auch die Regensburger Literaturszene spürbar bereichert hat und heute das künstlerische Erbe des 2004 verstorbenen englischen Multitalents Coyne betreut, bei seiner Aufzählung vergessen: Fleiß und Ehrgeiz. Seit seinem Debüt 1969 hat der britische Rockpoet und Songschreiber Kevin Coyne in schöner Regelmäßigkeit Alben veröffentlicht, die zumindest in Teilen mit zum Besten gehören, was klassenbewusste englische Popmusik seiner Zeit hervorgebracht hat. Mit ähnlich besessener Leidenschaft und vehementer Umtriebigkeit hat der zehn Jahre jüngere Oberpfälzer Jürgen Huber vom Drucker über den engagierten Künstler bis hin zum aktiven Politiker – und jetzt zum Textautor – sein Leben gestaltet.
Dass sich Huber nach Bürgermeisteramt in Regensburg und zeitweisem Berufspolitikertum mit ähnlicher Entschlossenheit aufs Gedichteschreiben stürzt, überrascht nach seinem Romandebüt vor einigen Jahren nur bedingt. In den Texten, die wenig mit Lyrik und noch weniger mit Rhythmus, Ver-Dichtung oder sprachlicher Zuspitzung zu tun haben, „erzählt er“, wie dem Klappentext zu entnehmen ist, „aus seinem Leben“.
Das mag sein, es geht um Wandern, Berge besteigen, Ausbeutung von Erde und Natur und auch um seine Krebskrankheit, die er in der Zeit als Bürgermeister erlitten und bezwungen hat. Viele Dinge also, die seiner „grünen“ Seele entspringen und vielleicht bei ähnlich Gesinnten auch ankommen. Allerdings dürfte auch dieser Kreis an Lesern und Leserinnen damit beschäftigt sein, sich durch das sprachlich oft arg bemühte Um-sich-selber-Kreisen des mittlerweile im Oberpfälzer Wald an der Grenze zu Tschechien lebenden Ex-Bürgermeisters zu kämpfen. Das Pathos, das öfter wie aufgeworfene Erde hervorbricht, wäre kein Problem, wenn es inhaltlich und emotional ausreichend fundiert wäre. Tatsächlich teilt es sich aber kaum mit, die Texte bleiben merkwürdig inhalts- und gefühlsleer, korrespondieren auch kaum mit den Bildern. Lassen sich in den lakonischen, rhythmisch pointierten Texten Coynes – der beileibe auch kein großer Dichter ist – Witz, Spott bis hin zu wunderbar englischer Bosheit finden, werfen Hubers holprige Betrachtungen immer wieder Fragen danach auf, was er dem Leser sagen will.
Ein früherer Regensburger Galerist hat einmal über den umtriebigen Aktivisten Huber mit grober Direktheit geätzt: „Schuster bleib bei deinen Leisten!“ Damit meinte er, dass sich der hochtalentierte, ehrgeizige Oberpfälzer, den er als Künstler durchaus schätzte, intensiver um seine künstlerisch-ästhetische Weiterentwicklung hätte bemühen sollen, als sich „überall einzumischen“, wie er spottete. Nicht ganz zu Unrecht vielleicht. (msc)
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