Kultur
Eine irrwitzige Wohnungsuche: Uraufführung in Regensburg

11.11.2022 | Stand 15.09.2023, 2:56 Uhr
Carla Niewöhner hat die Satire „Gentrifizier dich!“ 2019 geschrieben. Was als Dystopie, als Schilderung eines Albtraums, angelegt war, erscheint heute kaum noch übertrieben. −Foto: Carla Niewöhner

„Gentrifizier dich!“: Carla Niewöhner erzählt in ihrer Satire den Verfall einer Frau ohne feste Bleibe. Am Sonntag ist Uraufführung im Theater am Haidplatz.

Regensburg ist eine Perle – so kostbar, so schön und leider auch so teuer. Bezahlbarer Wohnraum ist bundesweit ein brennendes Problem. In der Welterbestadt ist er noch einen Tick schwerer zu ergattern als anderswo. Der Zuschauer im Theater am Haidplatz ist also sofort bereit, sich in Lena zu versetzen, die zunehmend verzweifelt eine feste Bleibe sucht. Unter dem Titel „Gentrifizier dich!“ wird ihre Geschichte am 13. November (18 Uhr) uraufgeführt. Carla Niewöhner, die das Stück geschrieben hat, wuchs im Bremer Umland auf, lebt in Köln, ist öfter umgezogen und kennt den Teufelskreis von Gentrifizierung und Wohnungsnot.

2019 entwickelte die Autorin das Stück als Artist in Residence in Konstanz, mit Studierenden und innerhalb von nur vier Wochen. Was als Dystopie gedacht war, scheint heute, drei Jahre später, kaum noch übertrieben. Bevor das Stück nun erstmals auf die Bühne kommt, verpasste ihm Carla Niewöhner noch einen kräftigen Regensburger Akzent. Auf der Bühne ist die Rede von Stadtamhof als In-Viertel und Sehnsuchtsort oder von Vohenstrauß als Beispiel für abgelegene Pendler-Reservate, die umso gefragter sind, je höher die Mieten in der Stadt steigen – trotz mehrerer Stunden verlorener Lebenszeit pro Tag.

„Gentrifizier dich!“ ist offen geschrieben, ist sozusagen umzugstauglich. Das Stück funktioniert, mit wechselnden Straßennamen und Wahrzeichen, auch in Münster oder Berlin.

„Ich hatte überlegt: Wie sehr senkt jemand, der dringend eine Wohnung sucht, seine Ansprüche? Welche Kompromisse geht er ein? Und wie lange hält er das aus?“, sagt Carla Niewöhner, die auch als Regisseurin arbeitet und mehrfach ausgezeichnet wurde.

Ihre Figur jedenfalls ist nach und nach zu fast allem bereit. Lena – integer, sozial eingestellt, hilfsbereit – rödelt, um ihr tägliches Pensum zu schaffen und nebenbei ein Zuhause zu finden: eine hübsche Wohnung, ein nicht zu versifftes Zimmer wenigstens oder auch nur ein Sofa bei Freunden für eine Nacht. Sie trifft auf obskure Vermieter und erlebt aberwitzige Vorstellungsgespräche.

Carla Niewöhner packt den bitteren Stoff als Satire an. Mit peppiger Musik und viel Witz erzählt sie Lenas finanziellen, sozialen und moralischen Verfall. Das Kabinett auf der Bühne, das als Wohnzimmer, Büro und Straßenfassade dient, dreht sich so dynamisch wie sich Lenas Lage zuspitzt. Am Ende kommt die junge Frau zu einer radikalen Lösung.