Regensburg
Feministisches Fanal an der Steinerne Brücke

14.07.2022 | Stand 15.09.2023, 4:26 Uhr
Schlicht und nobel gestaltet: Quer über dem 13. Joch hängt die Installation von Katharina Cibulka. Die Künstlerin, Kuratorin Regina Hellwig-Schmid vom Donumenta e.V. und Verfechterinnen von Frauenrechten, die gestern sprachen, sind auf der Brücke versammelt. −Foto: altrofoto.de

Jetzt wird die Steinerne Brücke auf ihre alten Tage noch eine feministische Vorkämpferin. Die bald 1000 Jahre alte Dame mahnt seit gestern am 13. Joch die Selbstbestimmung von Frauen an.

Die Installation von Katharina Cibulka transportiert – wie jede gute Kunst – denkbar schlicht und dabei vieldeutig eine ziemlich wuchtige Botschaft.

Die 19 Meter lange Stahlstange, die am Brückenkörper hängt, greift die Form von Rettungsstangen auf, wie sie für den Notfall am Donauufer bereit stehen. An einem Ende ist ein stilisierter Kleiderbügel fixiert, die Stange ist als Stricknadel geformt. Bügel und Nadel: Zu solchem Werkzeug greifen Frauen, denen kein Weg zu einem medizinisch und gesetzlich gesicherten Schwangerschaftsabbruch offen steht.

Der Donumenta Verein lädt jedes Jahr Künstler und Künstlerinnen als Artist in Residence ein. 2021 kam Katharina Cibulka aus Innsbruck für vier Wochen, um dem Welterbe temporär (für drei Monate) Kunst am Puls der Zeit einzupflanzen. Die Idee, erzählt die international geschätzte Künstlerin und Feministin gestern auf der glutheißen Brücke, fand sie schon ein paar Stunden nach Ankunft – im Welterbezentrum. Dort erzählt ein Video zu Merians berühmtem Kupferstich vom Leben auf der Steinernen – und vom Sterben: Am 13. Joch wurde die Wasserstrafe zelebriert, bis 1600 gern genutzt, um Frauen zu ertränken. Solche wie die Margaretha Röslmairin, die „in Unzucht 3 lebendige Kinder verthon“ hatte. „Für Margaretha, Johann Sophia...“ nennt Cibulka ihre Installation.

Ertränkt werden Frauen nach einem Schwangerschaftsabbruch nicht mehr, aber ihre Not, die ist nach wie vor groß, wie gestern Frauen aus Verbänden und Politik klar machten: in den USA, wo der Supreme Court die Uhr auf 1973 zurückstellte, in Polen, wo Frauen unter einem zornigen roten Blitz demonstrieren, und auch in der Oberpfalz, wo nur zwei Praxen Abbrüche vornehmen.

Ein blutiges, ein bedrängendes, ein hochumstrittenes Thema: Katharina Cibulka fasst es in eine noble, hochästhetische Form. Die matte Goldfarbe auf der schlanken, zarten Lanze aus Stahl schimmert zeitlos schön auf der Brückenhaut, gerade so, als ob das Kunstwerk da hingehörte.