Kultur
Film aus Regensburg holt Grimme-Preis

26.08.2022 | Stand 15.09.2023, 3:52 Uhr
Bjarne Mädel als Paketzusteller Volker Feldmann aus Regensburg: Er wird seine Matratzenlieferung nicht los. −Foto: Jürgen Olczyk

Auf Regensburg fällt Film-Glanz: „Geliefert“ von Jan Fehse bekommt, wie gestern bekannt wurde, einen Grimme-Preis. Aber nicht das bis zur letzten Klinke und zum höchsten Dachziegel akkurat sanierte Welterbe spielt die Kulisse, sondern die Reihenhausstraßen im Stadtosten, der Osthafen und die Welt der Kleinverdiener, die strampeln, um sich in prekären Verhältnissen über Wasser zu halten.

Bjarne Mädel, der schon mehrere Grimme-Preise im Regal stehen hat, dreht sich in dem emotionalen Drama als Paketzusteller Volker Feldmann im Hamsterrad. Neben ihm spielt Marcus Mittermeier einen Fußball-Manager, der mit dem Regensburger Club groß geworden ist. Der vielfach ausgezeichnete Oberpfälzer Schauspieler – seit 2014 ermittelt er als Kommissar in „München Mord“ – erzählt unserer Zeitung, worauf er in diesem Fall stolz ist.

„Jan Fehse ist ein guter Freund. Er hatte zunächst München oder eine andere größere Stadt als Drehort im Kopf“, erzählt Mittermeier. Als der Schauspieler seine Heimatstadt vorschlug, war der Regisseur, der auch das Buch zum Film geschrieben hat, zunächst skeptisch. „Jan meinte, Regensburg ist doch viel zu schön.“

Oft unter Brücken gedreht

Mittermeier, der sich als ausgeprägter Regensburg-Fan bekennt, machte in diesem seltenen Fall sozusagen Anti-Werbung – und Fehse ließ sich schließlich überzeugen, dass dass die Welterbestadt nicht nur Schokoladen- sondern auch weniger glamouröse Seiten besitzt. „Wir haben viel unter Brücken gedreht“, erzählt Mittermeier, „im Hafenviertel, auch im Jahn-Stadion – aber kaum in der Innenstadt.“

„Geliefert“: Der Filmtitel sagt in einem Wort, wie es um Volker Feldmann steht. Der alleinerziehende Paketzusteller aus Regensburg (Bjarne Mädel) schlägt sich durch, zweifelt, schuftet – und schafft es doch nicht, sich und seinem Sohn (Nick Julius Schuck) ein finanziell abgesichertes Leben zu ermöglichen. Trotzdem bleibt er sich treu.

„Geliefert“ ist kein leichter Stoff. „Ist aber durchaus witzig und unterhaltsam gemacht“, sagt Marcus Mittermeier. „In 90 Minuten gelingt ein realistischer Blick auf das moderne Prekariat“, findet die Jury, die den Grimme-Preis in der Kategorie „Fiktion“ zuerkannt hat. Der Film spiegle die Arbeits- und Lebenswelt vieler Menschen in Deutschland. „Figuren und Familienkonflikte werden realistisch und glaubwürdig erzählt.“ Der Erkenntnisgewinn wird frei Haus dazu geliefert: Dem Zuschauer wird klar, dass wir es sind, die bestellen, die liefern lassen und die Bedingungen nicht hinterfragen.

Sendetermin: 8. September

„Geliefert“ schaut auf die Mechanismen einer Problem-Branche. Bettina Ricklefs vom BR sagt: „Der Film findet berührende, aber keine rührseligen Bilder, er zeichnet eine komplexe Lage, ohne zu moralisieren, und er überzeugt mit einem Gespür für leise Töne und feinem Optimismus.“

Der Grimme-Preis wird heute im Theater Marl an Jan Fehse und Bjarne Mädel verliehen. Das TV-Publikum sieht die Produktion von BR/Arte, die Ende 2021 in der ARD ihre Erstausstrahlung hatte, demnächst im BR-Fernsehen: „Geliefert“ läuft am 8. September (22.45 Uhr) und bleibt bis Anfang Dezember in den Mediatheken von BR und ARD abrufbar.