Kultur
„Forever young“: Kunst aus dem Bayerischen Wald

15.11.2022 | Stand 15.09.2023, 2:52 Uhr
Claudia Böckel
Die meisten der 13 Künstler, die bei „Forever young“ im Cordonhaus Cham ausstellen, kamen zur Vernissage. −Foto: Claudia Böckel

Bezaubernde Jubiläumsschau: Das Cordonhaus Cham, vor 40 Jahren eröffnet, breitet unterschiedlichste künstlerische Positionen aus.

1982 gründete man die Städtische Galerie Cordonhaus Cham in den herrlichen Räumen in der Propsteistraße als eines der ersten Ausstellungshäuser für zeitgenössische Kunst in der Oberpfalz. 40 Jahre später feiert nun eine zweite Ausstellung das Jubiläum.

„Forever young“ zeigt erfrischend innovatives Potenzial aus Malerei, Bildhauerei, video, Installation und Fotografie. Fast alle der 13 vertretenen Künstler kamen zur Vernissage, viele haben hier bereits ausgestellt. Augenzwinkernd spielt „forever young“ auf die Sehnsucht nach ewiger Jugend an. Anjalie Chaubal, Leiterin der Galerie, zitiert Pablo Picasso: „Es dauert sehr lange, bis man jung wird.“ Alle Künstler sind zwischen 1963 und 1983 geboren, ringen mal mehr und mal weniger um ihre künstlerischen Positionen, arbeiten mal spielerisch, mal ganz ernst, mal innovativ und mal traditionell.

Georg Fuchssteiner aus Straubing zeigt Werkgruppen gleichgroßer Bilder in pastelligen Farben, die einen behutsamen Blick geben auf Menschen und Materie, aus denen er ein komplexes Gefüge aus Formen und Farben entwickelt. Er will, sagt er, „einen nonverbalen Erzählstrang losschicken“.

Peter Maschek aus Furth im Wald legt großartige Farbräume in Öl auf Leinwand, von Natur inspiriert, von Wäldern in unendlicher Tiefe und dunklen Farben. Rainer Neumeier aus Cham zeigt ungegenständliche Malerei. In sehr dünnen Schichten legt er mit breitem Pinselstrich in einem über Monate anhaltenden Prozess Farbe übereinander, die er in Mikroschichten wieder abträgt. Was bleibt, sind scheinbar schwarz-weiße Strukturen und ein großes Werk, grau wirkend, aus Acrylfarbsplittern.

Annegret Hoch aus Cham verbindet Farbflächen und Linien. Zwei Großformate aus der Serie „Hampelmann“ zeigen stark bewegte Formen, aus bunten Stäbchen und Linien gefügt. Irene Fastner aus Zwiesel erweist sich wieder einmal als virtuose Malerin. Sie war Meisterschülerin bei Helmut Sturm in München. Ihre Motive entstehen aus Alltagsszenen. Großäugige Figuren stehen dem Betrachter oft frontal gegenüber, haben mal eine Kröte als Attribut, mal ein Eichhörnchen. Die Gesichter sind nicht freundlich und nicht feindselig, nicht witzig und auch nicht anklagend, in gewisser Weise indifferent und immer sehr interessant.

Michael Schrattenthaler aus Kufstein, der in Waldmünchen lebt, ist ein Macher, in vielen Bereichen künstlerisch tätig. Mit handwerklicher Präzision fängt er Situationen und Zustände ein, holt den Betrachter in seinen Kosmos hinein. Sein „Porträt“ ist ein riesiges buntes Pixelbild aus 78 Bildtafeln. Die Tafeln sind mit farbigen Stoffen überzogen, von getragener Kleidung aus einer Rotkreuz-Kleiderkammer, und bilden so einen gesellschaftlichen Querschnitt ab. Seine „City“ ist eine am Boden arrangierte Stadt aus 150 glänzend grauen Stahlwürfeln, beeindruckend in ihrer Klarheit.

Martin Wöhrl aus München verwendet gefundene Materialien, arbeitet mit Materialcharakter und Erinnerung. Eine Stele aus Beton korrespondiert mit seiner Krone aus Bronze, die er sich in der Ausstellung auch mal aufsetzt. Carolina Camilla Kreusch aus München zeigt ein vielteiliges Objekt, Titel: „Das ist kein Flügelaltar“. Bunt bemalte Formen kombiniert sie mit lackierten geometrischen Objekten. Kinetische Kunst von Siegfried Kreitner – große Stelen, deren Einzelteile in Bewegung sind – kennzeichnet seine Prämisse von der „Schönheit der mechanischen Bewegung als signifikantes Merkmal“.

Olaf Unverzart aus Waldmünchen zeigt die Fotoserie „Damals hinterm Mond“. Mit wachem Auge schaut er etwa auf Magnum-Fotograf Thomas Dworzak aus Kötzting oder Lichtspiegelungen auf nassem Asphalt. Das Video von Almut Determeyer aus Preetz ist ein Kammerspiel um Wahrheit, Einsamkeit und ihre Kunst.

Anjalie Chaubal hat eine bezaubernde Schau arrangiert. Unterschiedlichste Positionen, ergänzen sich wunderbar zu einem Kunstpanorama des Bayerischen Waldes. Was nicht heißt, dass es hier provinziell zugeht, im Gegenteil: Die Künstler sind alle arriviert, Träger der wichtigsten Kunstpreise Deutschlands, mit Ateliers im Vorwald und in der Welt.