Kultur
Jazz voll sinnlicher Eleganz: David Plate in Regensburg

30.09.2022 | Stand 15.09.2023, 3:31 Uhr
David Plate und sein Septett wurden beim Jazzclub im Leeren Beutel vom Publikum bejubelt. −Foto: Michael Scheiner

Begeistertes Pfeifen, Jubelrufe: David Plate und sein Septett wurden beim Regensburger Jazzclub vom Publikum gefeiert.

Wie die so unsinnigen, wie nervigen Plastikpapperl auf jedem einzelnen Obststück, wird seit einiger Zeit auf jedes Musikstück, welches auch nur im entferntesten etwas mit der alpenländisch-bajuwarischen Region zu tun hat das Papperl „Heimatsound“ draufgeklebt. Demzufolge macht auch David Plate Heimatsound, denn der Kölner Gitarrist und Komponist ist gebürtiger Regensburger. Etwas tiefer eingestiegen, könnte man nach rheinländischem oder bayerischem Heimatsound unterscheiden.

Und richtig tief gegraben kommt man drauf, dass der Jazz bereits in seinen Anfängen kosmopolitische Stränge hatte. Diese entwickeln sich bis heute weiter und katapultieren das Genre, wie letztlich jede Popmusik, in die Stratosphäre eines globalen Heimatsounds. Beim Jazzclub im Leeren Beutel stellte Plate sein während der Coronazeit entstandenes Album „Bull’s Eye“ mit einem Septett erfahrener Musiker einem begeisterten Publikum vor. Seine Kompositionen, oft für Bigband geschrieben und arrangiert, verbinden nicht selten komplexe Strukturen mit rhythmischer Raffinesse und eingängigen Themen.

Stilistisch ist er dabei nach vielen Seiten offen. Seinem Faible für lateinamerikanische Formen lässt er ebenso Raum, wie Funkeinflüssen, geschmeidigem Mainstreamjazz, Fusion und Blues. In einem seiner Soli lässt er auch den Flamenco zu Wort kommen. Plates Musik ist groovy, dabei von einer sinnlichen Eleganz und reich an Nuancen und Klangfarben. „Chasing“ entfaltet sich über einem markanten Groove, dem Saxofonist Hubert Winter mit einem leidenschaftlichen Solo auf dem Sopran seine DNA einschrieb und den der aus Skopje stammende wunderbare Bassist Martin Gjakonovski einfühlsam vorantrieb.

Stand das erste Set noch etwas unter emotionaler Zurückhaltung, die Musiker mussten sich für den ersten gemeinsamen Auftritt zusammenfinden, spielten sie nach der Pause spürbar freier. In Stücken wie dem suiteartigen „Caraway Seed“, das durch wechselnde Taktarten eine Art Unwucht bekam, dem prägnanten „Tango“ mit einem wunderbaren Solo von Felix Fromm auf der Posaune, und „Funghi Boon“ mit packend akzentuierten funky Bläsersätzen. Den intensivsten Eindruck aber hinterliessen zwei intime Balladen, die ohne Bläser, darunter Matthias Knoop an der Trompete, auskamen. Wie eine Mischung aus Barockmusik und dem brasilianischen Choro wurde „Samira“, das der Gitarrist der kleinen Tochter eines Freundes gewidmet hat, vom Publikum mit Hochrufen und begeistertem Pfeifen regelrecht bejubelt. Für den emigrierten Musiker, der bei Helmut Nieberle seinen ersten Unterricht erhielt, war der Auftritt ein Heimspiel, bildete die Fraktion der Mitschüler vom Goethegymnasium doch eine feste Bank.