Kultur Künstler-Duo setzt in der Regensburger Sigismund-Kapelle Akzente

Regensburg.Paul Ressl und Lina Schobel verfremden den Raum im Thon-Dittmer-Palais künstlerisch. Der Titel ihrer Ausstellung: „Kein Betrug nur Gegenwart mit Zeitverzug“.
Bevor man auch nur einen Zipfel der Ausstellung von Lina Schobel und Paul Ressl gesehen hat, wachsen Kunstinteressierten wilde Grübelfalten auf der Stirn. „Kein Betrug nur Gegenwart mit Zeitverzug“ lautet der rätselhafte Titel der kleinen Kunstschau in der Sigismundkapelle, die Volkshochschule und Kulturamt hier bis 22. April zeigen.
Eine Annäherung bietet Organisatorin Susanne Gatzka mit dem Hinweis auf das Themenjahr „Wolkenkuckucksheim“ und auf das städtische Jahresthema „Höhenflüge“. Als Wolkenkuckucksheim, eine Wunschvorstellung ohne echten Realitätsbezug also, kann man angesichts der Krisen und Umbrüche weltweit den verbreiteten Wunsch nach Sicherheit, nach permanentem Glück, nach Ewigkeit sehen.
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Diese menschlichen Bedürfnisse formuliert das Künstlerpaar in einer Art Leitfaden, der mit einem Werkverzeichnis in der Sigismundkapelle ausliegt. „Im Jahresthema“, schreiben sie, „sehen wir viele Parallelen zum heutigen Lebensstil“ westlichen Gesellschaften. Auch ohne explizite Distanzierung wird offensichtlich, dass Schobel und Ressl das Ringen um höher, weiter, besser in Frage stellen. Gleichwohl spielt ihre Kunst mit diesen Kategorien, überspitzt und reizt selbst Grenzen aus.
Paul Ressl hat, wie Lina Schobel, zunächst Kommunikationsdesign, dann Bildende Kunst in Dresden studiert. 2022 haben Ressl und Schobel dann Ateliers im Künstlerhaus Andreasstadel bezogen.
In der aktuellen Ausstellung haben die Künstler die Sigismundkapelle in ihre Elemente zerlegt, kopiert und wieder zusammengesetzt. Zumindest in Teilen und fragmentarischen Komponenten aus dem Kreuzrippengewölbe. In der Mitte des Raums erhebt sich das mit flexibel gebogenen Holzleisten nachgebildete wunderbare Gewölbe wie aus dem Modellbaukasten.
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Die kleinen, vergitterten Fenster der Kapelle finden sich auf Bildern wieder. Der spitze Türbogen in der Ostwand fläzt als von der Wand herablaufende blaue Platte „saw you in a dream“ am Boden. Einige der Kreuzrippen hat Paul Ressl im Querschnitt aus Wellpappe ausgeschnitten und in Scheiben auf Gewindestangen montiert. Je nach Blickwinkel kann man in dieser Arbeit „stop motion 1 – 4“ auch ein Stück Wirbelsäule eines Sauriers erkennen. In diesen Formen – dazu gehören auch scheinbare Steinquader, die aufgereiht neben einem ausgesparten Leerraum an der Wand hängen – liegt auch ein spielerischer Umgang mit den Themen Zeit, Vergänglichkeit und Veränderung.
Mit „Kein Betrug nur Gegenwart mit Zeitverzug“ setzen Ressl und Schobel neue Akzente und sensibilisieren unsere Aufmerksamkeit. Das ist mehr, als in einem Wolkenkuckucksheim zu erwarten wäre.
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