Regensburg
Künstlerischer Dreh im Welterbe: Eine Spiegeltür in die Geschichte

02.09.2022 | Stand 15.09.2023, 3:49 Uhr
Michael Scheiner
Krassimir Terziev fotografiert die „Storm Door“ am Regensburger Kassiansplatz, in der sich Kunstfreunde spiegeln. −Foto: Scheiner

Krassimir Terziev hat sich mit Regensburg beschäftigt. Seine künstlerische Position: eine vierflügelige, verspiegelte Drehtür. Jetzt wurde die Installation auf dem Kassiansplatz vorgestellt.

Obwohl sich der Bösewicht in einem Irrgarten aus Spiegeln versteckt, wird er von James Bond, den er eigentlich mit einer goldenen Kugel ausschalten wollte, selbst aus dem Leben befördert. Vielleicht hätte der berühmte Geheimagent, verkörpert durch Sir Roger Moore, auch Gefallen an Krassimir Terzievs „Storm Door“ gefunden.

Die Installation am Kassiansplatz ist eine drehbare Spiegeltür mit vier Flügeln. Wenn sie mit viel Schwung in Bewegung versetzt wird oder Betrachtende in der gegenläufigen Richtung zur Tür-Drehung drumherum gehen, kann sie ganz schön verwirren. Immerhin klagte Donumenta-Macherin und Vorstandsfrau Regina Hellwig-Schmid über ein leichtes Unwohlsein, als sie entgegen der Drehung um die Spiegel-Drehtür lief. Folgte sie der Bewegungsrichtung oder blieb vor der Installation stehen, eröffneten sich ihr dagegen neue Perspektiven. „Du hast die Spiegel angeordnet“, sagte Hans Simon-Pelanda vom Donumenta-Vorstand an Terziev gewandt: „Damit hast du auch uns verortet.“

Was Simon-Pelanda meint, wird klar, wenn die lustvoll drehenden Betrachter einmal den Blick von sich und anderen in den Spiegeln vorbei huschenden Personen lösen und auf das schauen, was sonst noch zu sehen ist: auf Mauerwerk der Kirche St. Kassian, die zu den ältesten Gotteshäusern Regensburgs zählt, auf Spielplatz, Trinkbrunnen, alte und neue Gebäude mit Geschäften. Es sind Ausschnitte und Ansichten der urbanen Metropole, in der Altes und Neues, Geschichte und Modernität wie in kaum einer anderen vergleichbaren Stadt aufeinander treffen. Hier öffne sich „ein Blick in die Geschichte“, nimmt Simon-Pelanda den Faden auf, den der bulgarische Künstler während seines Aufenthaltes 2021 als Artist in Residence auf Einladung des Donumenta-Vereins zu spinnen begonnen hat.

Terziev hat sich intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, was Geschichte und Gegenwart in der Weltkulturerbe-Stadt verbindet. Bei seinen Recherchen war er von Regensburgs Bedeutung als römisches Legionslager ebenso angetan, wie von der Geschichte als mittelalterliche Handelsstadt. Aus diesen Eindrücken entwickelte Terziev die auf einer Kreuzform beruhende „Storm Door“ – ein direkter Hinweis auf Magistralen, die sich in Regensburg kreuzen.

Die Installation, die auch einfach nur als spielerisch-sinnliches Vergnügen angenommen werden kann, bereichert während der nächsten Monate das Stadtbild. Wer die Drehtür bewegt, wird selbst zu einem Teil des Kunstwerks. Damit schafft der Benutzer neue Orientierung und lässt flüchtige Momente der Geschichte und Gegenwart wie die bunten Steine in einem Kaleidoskop miteinander verschmelzen. Simon-Pelanda mutmaßt: „Vielleicht lässt sich dabei auch ein Spalt der Zukunft erhaschen.“