Musik-Tipp
Mit „Graz“ für den Piano-Day

Nils Frahm überrascht die Fans mit seinem Debütalbum für Erased Tapes. Es war Teil einer Abschlussarbeit.

29.03.2021 | Stand 16.09.2023, 3:41 Uhr
Michael Scheiner
Nils Frahm hat in aller Ruhe die gesamte Musikwelt auf den Kopf gestellt. Er hat die jahrhundertealte Figur des Pianisten-Komponisten neu definiert. −Foto: Sebastian Rieck

Mit Nils Frahm und seiner Verschmelzung von Genres und Stilen ist die Techno-Generation erwachsen geworden. Vor ihm hat kein Musiker aus Deutschland, der instrumental unterwegs ist, eine solch steile internationale Karriere hingelegt. Zum diesjährigen – von ihm mit initiierten – Piano Day überrascht der gebürtige Hamburger seine Fans mit einem besonderen Hörerlebnis. In der 14. Sekunde öffnet ein heller, warmer Akkord auf dem großen Flügel im Haus für Musik und Musiktheater der Kunstuniversität Graz die Sinne für „Graz“, Frahms Debütalbum für sein englisches Hauslabel Erased Tapes.

2009 als Teil von der Abschlussarbeit des musikalischen Freidenkers aufgenommen, ist es unter Verschluss geblieben, aber „irgendwie will jedes Stück Musik, das man erschafft, auch hinaus in die Welt“, erklärt Frahm die späte Veröffentlichung. Er sei „echt glücklich darüber,“ blickt er auf eine offenbar anstrengende Zeit zurück, „dieses Biest nun doch noch mit euch zu teilen“. Dem oft anschmiegsam schönen, von einer leisen Melancholie durchzogenen Album ist das nicht unbedingt anzuhören. Frahm schwelgt in einigen Stücken geradezu im romantischen Schönklang, in dem man sich geradezu verlieren kann. Andere, wie das fast schon düstere „Kurzum“, entwerfen mit schmerzlicher Nähe und Offenheit eine tröstliche Schwere. Ganz ohne Elektronik, Orgel- und Keyboardklänge, ist es erhellend den späteren Publikums- und Feuilletonliebling pur am Konzertflügel zu erleben, wie er vieles was ihn später als experimentierfreudigen Künstler ausmacht, schon hier angelegt hat.

„Graz“ wird von Erased Tapes/Indigo vertrieben und kostet zwischen 15 und 22 Euro.