Heimkino-Tipp
„Nackte Tiere“ am Ende der Jugend

Ein intensiver und naher Film über fünf Jugendliche, die sich lieben und wehtun, miteinander kämpfen und aneinander hängen.

12.03.2021 | Stand 12.10.2023, 10:03 Uhr
Angelika Sauerer
Marie Tragousti und Michelangelo Fortuzzi −Foto: Czar Film

Irgendwo in der Brandenburgischen Provinz, zwei Mädchen, drei Jungs, kurz vorm Abitur. Der Film folgt ihrem Alltag zwischen Schule und Kampfsport, kaputtem Elternhaus und geschütztem Rückzugsort. Sie sind stark und sie sind verletzlich. Sie lieben sich und sie schlagen sich, sie kämpfen und geben auf, kümmern sich und hauen ab. Alles passiert gleichzeitig, intensiv und extrem. Das ist so, wenn bald alles vorbei ist und jeder seinen Weg gehen wird. Wie ein Rennen auf den Abgrund zu, ohne zu wissen, ob man dann fliegen kann oder nicht. Handlung ist genauso nebensächlich wie Sex und Erwachsene. Hauptsache leben.

Zwischen Jugend und Erwachsensein ist man nackt, ohne elterliche Fürsorge (oder das Gegenteil davon) und ohne den Panzer der Erfahrungen, hinter dem man für den Rest des Lebens in Deckung geht. „Nackte Tiere“ ist ein spektakulär unspektakulärer Film, der diese kostbare Zeit nicht verkitscht, sondern sperrig und roh im Raum stehen lässt. Im Mittelpunkt ist Katja, von der Benni (Michelangelo Fortuzzi) sagt, sie sei „so unkaputtbar“. Marie Tragousti spielt das Mädchen derart stark, dass hinter dem Unkaputtbaren jederzeit das Zerbrechliche vorscheint. Auf engen, wackeligen Bildern darf man nah dabei sein.

„Nackte Tiere“ ist ein intensiver, schnörkelloser und wunderbarer Film über einen unwiederbringlichen Lebensabschnitt. Er bebildert – und diese Erkenntnis trifft schwer – darüber hinaus genau die Erfahrungen, um die die Corona-Pandemie die jungen Leute gerade betrügt. Alles davon wäre wichtig, aber nichts davon ist nachholbar.

Das Langfilmdebüt über fünf Jugendliche von Melanie Waelde (Buch & Regie) hatte bei den Berliner Filmfestspielen 2020 Weltpremiere. Ende Februar gab die Jury der Deutschen Filmkritik bekannt, dass der Preis als „Bestes Spielfilmdebüt“ an „Nackte Tiere“ geht; nominiert war u. a. auch Marie Tragousti als „Beste Darstellerin“. Die Jury des GWFF Best First Feature Awards ehrte den Film mit einer Special Mention.

CZAR Film bringt „Nackte Tiere“ nun via AL!VE fürs Heimkino heraus, die DVD kostet ca. 15 Euro.