Kultur
Regensburger Chöre schürfen in Bachs Kantaten-Schatz

15.11.2022 | Stand 15.09.2023, 2:55 Uhr
Gerhard Dietel Dr.Dr.
Vier Bach-Kantaten wurden in der Dreieinigkeitskirche aufgeführt. −Foto: Gerhard Dietel

Kantorei, Raseliuschor, Orchester und Solisten führten in der Dreieinigkeitskirche Werke von Bach auf. Nach lange Corona-Pause wirkte der Beginn wie ein Kaltstadt.

Seit Dezember 2019 hat es pandemiebedingt keine großen Chorauftritte der Regensburger Kantorei mehr gegeben, und auch die Probenarbeit war durch Einschränkungen behindert. Gruppenbildung für bestimmte Projekte erschien Kirchenmusikdirektor Roman Emilius, dem Leiter des Ensembles, als das einzig schlüssige Rezept, und es zeigte seine Nachwirkung beim jüngsten „Chorkonzert“ in der Dreieinigkeitskirche.

In kleinerer Besetzung als gewohnt trat die Schar der Sängerinnen und Sänger an die Öffentlichkeit, zusammengesetzt aus Mitgliedern der Kantorei und des Raselius-Chors. Um das Wort „Chorkonzert“ nicht misszuverstehen: Zum Erfolg der Aufführung trugen ebenso das Orchester „La Banda“ bei und die vier Gesangssolisten Marina Szudra (Sopran), Dorothée Rabsch (Alt), Mario Friedrich Eckmüller (Tenor) sowie Christian Hilz (Bass).

Weihnachtsoratorium, Matthäus- und Johannespassion: mit diesen Werken ist Bachs geistliche Musik immer wieder im Konzertrepertoire vertreten. Eine schöne Idee von Roman Emilius war es, einmal im sonst unterrepräsentierten Fundus der etwa 200 Kirchenkantaten Bachs zu schürfen. Vier dieser Kantaten hatte Emilius für das Konzert ausgewählt. Sie ergänzen sich in ihrem unterschiedlichen Charakter und schlagen zugleich einen Bogen durch das Kirchenjahr: Das von Trübsal handelnde, doch Zuversicht entwickelnde „Ach Gott, wie manches Herzeleid“, die prachtvolle Reformationskantate „Gott der Herr ist Sonn und Schild“, das endzeitlich gestimmte „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ und schließlich, ein Blick nach vorn in diesen Novembertagen, die Weihnachtskantate „Gelobet seist du, Jesu Christ“.

Wie ein Kaltstart nach langer Pause wirkte der Beginn der Aufführung, als die Mitglieder von „La Banda“ noch nach der rechten Bindung suchten, doch bald mit feinen Einzelleistungen der Oboen und der Solovioline glänzten. Dass die Hörner bei der schweren Überstimmen-Partie im Choral „Nun danket alle Gott“ nicht makellos ertönten, war nur menschlich. Roman Emilius hatte die Gesamtheit der Mitwirkenden bald sicher im Griff, setzte die Initial-Impulse und wusste wohl zu unterscheiden, wo es galt mit großen Gesten oder wo mit sparsamen Zeichen zu führen.

Sicher und stets präsent auch in verschlungen polyphonen Sätzen Bachs agierte der Chor, gelegentlich freilich nicht ganz ausgeglichen in der Stimmbalance. Durchwegs überzeugend präsentierten sich die Gesangssolisten, von deren Auftritten hier nur wenige Glanzpunkte angesprochen seien. Mit fast instrumentaler Beweglichkeit gestaltete Christian Hilz die Arie „Empfind ich Höllenangst“, während Mario Friedrich Eckmüller gleich in seinem ersten Rezitativ mit flexibler Diktion verriet, dass er eine Idealbesetzung für Evangelisten-Partien sein müsste.

Von Maria Szudras und Dorothee Rabschs Auftritten blieb besonders ihr Duett „Wenn Sorgen auf mich dringen“ im Ohr, wo sich ihre kontrastierenden Stimmfarben ergänzten und wunderbar mit der konzertierenden Oboe verschlangen.