Abschied
Tetsuro Ban zieht es in die Heimat

Nach acht Jahren kehrt der Generalmusikdirektor zurück nach Japan. Im Interview blickt er auf seine Regensburger Zeit zurück.

28.07.2017 | Stand 16.09.2023, 6:22 Uhr
Andreas Meixner

Der Generalmusikdirektor des Regensburger Theaters will seine Zukunft neu gestalten. Ihn zieht es zurück nach Japan. Foto: Lex

Sieben Jahre haben Sie das Orchester am Bismarckplatz geleitet. Wie hat sich das Musiktheater in dieser Zeit entwickelt?

Meine Sicht der Dinge ist natürlich subjektiv. Allerdings meine ich, dass alle Bereiche im Theater viel professioneller geworden sind. Der Anspruch an der Inszenierung, der musikalischen Qualität und in der Vermarktung ist stetig gestiegen. Und zwar nicht nur aus einem äußeren Druck heraus, sondern vielmehr aus einem eigenen Willen, immer besser zu werden. Daraus sind große künstlerische Momente entstanden, die zum guten Image des Theaters beigetragen haben. Das Label eines regionalen Stadttheaters ist schon lange abgestreift. Heute ist es ein hochklassiges Haus, das in der deutschen Theaterlandschaft großes Ansehen genießt.

Mit dem höheren Anspruch entsteht auch ein größerer Leistungsdruck. An vielen Häusern beklagen sich Künstler über die Belastung durch Probenaufwand und komplexere Inszenierungen. Wie haben Sie das in Regensburg erlebt?

Hier in Regensburg habe ich die Arbeitsatmosphäre immer als sehr angenehm für die Musiker und Künstler empfunden, obwohl man natürlich immer Grenzen auslotet. Das ist das Wesen der Kunst, Stillstand ist keine Option. Mein Eindruck war immer, dass wir auch unter Premierendruck zu einer konzentrierten, aber entspannten Arbeitsweise gefunden haben, die forderte und trotzdem Spaß machte. Natürlich ist der sensible Umgang miteinander wichtig, auch mit Blick auf den Nachwuchs im Orchester und bei den Sängern. Auch hatte ich nie das Gefühl, dass der wirtschaftliche Druck an die Kreativen weitergereicht wurde. Ich glaube, dass dies an diesem Theater gut funktioniert.

Regensburg leistet sich ausdrücklich und mit großem Bürgerwillen ein Fünf-Spartenhaus. Wie wichtig ist das für eine Stadtkultur?

Die Selbstverständlichkeit, mit der Regensburg sich den Vollbetrieb eines Theaters leistet, ist bewundernswert. Das habe ich in meiner Karriere auch ganz anders erlebt. Es ist ja so viel mehr als nur ein Theater. Es strahlt in die Stadt und in die Region. Der musische Nachwuchs wird in Sichtweite ausgebildet, der Cantemus Chor und die Domspatzen sind bei uns ebenso immer wieder zu Gast wie die Studenten der Hochschule für katholische Kirchenmusik und Musikpädagogik. Das ist mehr als nur ein singuläres Theater, das ist ein dichtes Netzwerk der Musik und Kultur. Das macht Regensburg einzigartig. Und solange die Regensburger so fleißig die Vorstellungen und Konzerte besuchen, besteht kein Anlass, das zu ändern.

Was wird Ihnen nach all den Jahren in Regensburg zu dieser Stadt in Erinnerung bleiben?

Natürlich die musikalische Arbeit hier am Haus, die stete künstlerische Entwicklungen mit dem Philharmonischen Orchester und dem Ensemble. Einzelne Premieren und Konzerte haben in meinem Herzen einen festen Platz, keine davon möchte ich allerdings besonders hervorheben. Und es gibt natürlich auch viele Menschen, mit denen ich mich angefreundet habe. Dann ist es natürlich die schöne Stadt mit den wunderbaren Gassen und Plätzen. Der gotische Dom ist fast von überall zu sehen, das beeindruckt mich immer sehr. Und dann gibt es noch die besondere Atmosphäre am Fluss. Ich habe unmittelbar an der Donau gewohnt. Das habe ich sehr genossen. Überhaupt hat mir die bayerische Lebensart sehr gefallen.

Haben Sie auch mal von der Arbeit geträumt?

Ja, aber zum Glück waren es keine Alpträume. Ich habe nie davon geträumt, dass etwas furchtbar schief läuft. Aber natürlich sind Träume immer ein Abbild der Dinge, die gerade aktuell sind. Und wer kennt als Musiker nicht den Traum, dass man zur Aufführung zu spät kommt.

Und warum zieht es Sie jetzt zurück nach Japan?

Das ist zunächst eine familiäre Entscheidung. Japan soll für die Kinder Heimat sein, das ist mir sehr wichtig. Natürlich ist auch für mich die Heimat ein Sehnsuchtsort. Wir haben uns in Regensburg und auch davor in ganz Europa sehr wohlgefühlt und dennoch bleibt man im Herzen Japaner. Das andere ist die Frage, wie ich zukünftig meine künstlerische Arbeit gestalten möchte. Die Verpflichtungen an einem Theater sind sehr anstrengend, das kostet Kraft und Energie. Das möchte ich in Zukunft anders gestalten und Projekte frei wählen. Als Dirigent sehe ich mich nicht nur in Japan, sondern weiter in Europa, in Deutschland – und gerne auch wieder in Regensburg.

Lesen Sie hier auch das Porträt„Der Dirigent mit Takt und Teamgeist“aus unserer digitalen Sonntagszeitung.

Mehr Kultur gibt’s hier.