Regensburg
Wildfremde Menschen finden sich im Tanz

25.09.2022 | Stand 15.09.2023, 3:29 Uhr
Die Profis und das Publikum tanzen auf der Jahninsel. −Foto: Scheiner

In gebührender Entfernung lagern einige Neuhippies, andere Besucher lehnen unter den Brückenbogen und beobachten neugierig, was sich da am Zugang zur Jahninsel abspielt: „Massa Mobil“, die Performance der neuen Regensburger Tanzcompany.

Bunte Decken und Schaumstoffwürfel werden auf der Wiese neben der „Alten Linde“ verteilt, schwarz gekleidete Menschen dehnen und strecken sich, aus einer mobilen Lautsprecheranlage erklingt eine Bach-Kantate.

An der Abfahrt von der Steinernen Brücke bleiben derweil immer mehr Neugierige am Geländer stehen. Sie warten auf den Beginn von „Massa Mobil“, der Tanzperformance im öffentlichen Raum, wie Wagner Moreira die Choreografie benannt hat. Mit ihr stellten sich am Wochenende das neue Tanzensemble samt seinem neuen Leiter den Regensburgern vor. Verteilt über das Stadtgebiet fanden, je nach Wetter, mehrere Aufführungen der vergnüglichen und poetischen Show im Freien statt.

Zum Song „Cheek to Cheek“, den Irving Berlin für einen Tanzfilm mit Fred Astaire und Ginger Rogers geschrieben hat, klemmen sich die Tanzenden die bunten Deckchen unter den Arm und verteilen sich auf der Brücke und dem Gelände zwischen den mittlerweile zahlreichen Zuschauenden. Einige Tänzer und Tänzerinnen schnappen sich einzelne Besucher und gehen zum Platz zurück, wo sie die Decken wieder ausrollen und sich für den gemeinsamen Tanz sammeln. Zu Popsongs, Rock’n’Roll-Nummern, aber auch zu bewegenden Liedern wie Lady Days „Strange Fruits“ entfaltet die Company ein ganzes Panoptikum an kleinen Tanzszenen, individuellen Miniaturen, an synchron getanzten Formen und spielerischen Zufallsbildern. Bei sehr langsamer Musik von Erik Satie drosseln sie die schnellen Sprünge und Bewegungen auf ein Minimum, schlüpfen in einen Schneckentanz.

Die Performance ist ein ständiger Wechsel von Solo- und Ensembleszenen, auch mit bayerischer Musik, Bockspringen und Fangerles, verbunden mit zahlreichen offenen und subtilen Botschaften. Eines der unterschwelligen, aber hochaktuellen Zeichen sind die Röcke, die alle Tanzenden tragen. Hindi Zahras wunderbar entspannter, welteinladender „Beautiful Tango“ löst dann gegen Ende alle Schranken auf und bringt Publikum und Profi-Tänzer zusammen – Kunst und Gesellschaft in einem gemeinsamen Tanz über alle Grenzen hinweg. Ein großartiger Einstieg in die neue Theatersaison und ein gelungener Coup, mit dem die Company und Wagner Moreira mitten bei den Menschen der Stadt gelandet sind.

„Massa Mobil“ ist wieder am 2. und 9. Oktober unterwegs, alle Details: www.theaterregensburg.de