Dorfgeschichte
Das Schweiklhaus: Ein Grafenwiesener Kleinod mitten im Wald

27.07.2023 | Stand 13.09.2023, 5:17 Uhr

Historische Aufnahme vom Schweiklhaus, vorne noch mit Backofen Fotos: Heinz Pletl

Unser Mitarbeiter aus Grafenwiesen hat schon einige Male über interessante Häusergeschichten aus dem Ort berichtet. Darüber kann man unter anderem in den Heimatbüchern des Arbeitskreises Dorfgeschichte Grafenwiesen von Roland Häring nachlesen. Neuerdings zählt auch das „Schweiklhaus“ (heute Betz) dazu.

Kürzlich stieß der Kollege mit ein paar älteren Leuten aus dem Dorf zusammen. Und um was handelte es sich bei dem Gespräch? Nun, wieder einmal ging es um die „Weizgeschichten“ und das mehr als 150 Jahre alte Holzhäuschen in Berghäuser. Das „Weizen“ spielt nämlich bei den Schweikls eine große Rolle. Es drehte sich dabei zum Teil auch um das alte Waidlerhaus, das nach so langer Zeit noch hervorragend dasteht.

Unzählige Stockschwammerl



Das uralte Häuschen steht im Ortsteil Berghäuser und fällt dem Vorübergehenden sofort ins Auge. Denn: Unzählige Stockschwammerl zieren die Hausfront. Wie viele Jahre mag das Holzhäuschen wohl schon auf dem Buckel haben? Nachforschungen bei den Verwandten haben ergeben, dass es um die Mitte des 19. Jahrhunderts im Nachbarort Gotzendorf stand, später aber abgebaut, nach Grafenwiesen transportiert und dort im Ortsteil Berghäuser wieder aufgebaut wurde. Dazu fehlte jedoch ein Backofen. So einer gehörte unbedingt zum Haus.

Zum Glück war unter den „Betz-Männern“ ein Maurer, der einen Backofen aus Stein mauerte und zum Haus stellte. Die Familie Betz alias Schweikl betrieb eine kleine Landwirtschaft – wie auch heute noch. Anna Brandl und Aloisia Betz machten sich an das Brotbacken und rührten die Butter aus. Das Anbauen von Kartoffeln für den eigenen Bedarf und vieles mehr war ein Muss. Alle Arbeiten erledigte man per Hand, es gab keine Maschinen für die Kleinbauern.

Ein Holzofen diente nicht nur zum Kochen. Vielmehr erwärmte er im Winter das ganze Haus. Am Abend fand sich die Familie auf dem schmucken Holzbalkon zum Ausruhen ein. Oft legten die Leute aus dem Dorf anlässlich eines Spazierganges bei den Schweikls eine Rast ein, die meist in einem unterhaltsamen Gespräch endete. Diese Gepflogenheit gibt es auch heute noch. Feriengäste und Einheimische verharren oft noch in Stille und bewundern das hölzerne Bauwerk. Die „antike Rarität“ ragt stolz neben dem neu erbauten Wohnhaus, das Fritz und Martha, die Eltern von Franz, errichtet haben, zwischen den Baumwipfeln in die Höhe. Franz und seine Frau Barbara kümmern sich rührend um den Erhalt des Holzhauses und hüten es wie ihren Augapfel. Einmalig in der Geschichte der Schweikls (Betz) ist die Tatsache, dass die Familie das „Weizen“ in der Nachbarschaft an ihre Mitmenschen in einer fröhlichen Art und Weise weitergegeben hat und glaubhaft und bildlich darstellen konnte. So erzählt die Tochter Liesl Hausladen: „Immer wenn wir an der Taferlbirke vorbeikamen, rannten wir schneller als der Teufel.“ Die Taferlbirke war im ganzen Landkreis als „Weiz“ bekannt. Ähnlich erging es zwei Frauen aus Reitenstein und Waid, die täglich zu Fuß an dem Waidlerhäuschen vorbei durch den Wald in die Arbeit zur Allemann gingen und die Taferlbirke passieren mussten. In der dunklen Winterzeit verfolgte sie die Angst, dass hinter ihnen die „Weiz“ laufe. Dazu trug Fritz Betz mit seinen Äußerungen bei. So sagte er etwa: „Deandln schaut`s, da vom Haus hat er wieder hervorgelugt.“ Nach seinen Worten hielt sich die „Weiz“ versteckt und trieb bei Anwesenheit von Leuten ihr Unwesen. Damals glaubten viele Menschen daran, dass es bei der Taferlbirke tatsächlich weizte. Auch andere gingen den besagten Weg und hatten den Schrecken in den Gliedern.

„Weiz-Geschichten“



Für den interessierten Leser ist sicher auch die Hierarchie der Familien Schweikl/Betz von Bedeutung, so wie es das uralte Häuschen erlebt hat. Vermutlich durch die Heirat von Anna Brandl hat das Geschlecht seinen Ursprung in Russland. Das belegt auch die vorliegende Original-Geburtsurkunde von Anna Brandl. Viele „Waiz-Geschichten“ von Opa Fritz drehten sich um das Häuschen.