Im Zuge von Vorstellungsgesprächen ist häufig unklar, welche Fragen der Arbeitgeber an den Bewerber zulässigerweise stellen darf und ob der Arbeitnehmer unzulässige Fragen auch wahrheitswidrig beantworten darf.
Grundsätzlich hat der Arbeitgeber das Recht, Fragen zu stellen, aus denen die Eignung des Bewerbers für die zu besetzende Stelle ermittelt werden kann. Allerdings wird dieses Recht u. a. durch das Persönlichkeitsrecht des Bewerbers beschränkt.
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Grundsätzlich sind alle Fragen nach dem schulischen und beruflichen Werdegang des Bewerbers zulässig. Die Frage nach dem bisherigen Verdienst ist aber, obwohl zur beruflichen Sphäre gehörend, unzulässig. Weiterhin zulässig sind Fragen zu den Gründen der Bewerbung, zu Ehrenämtern des Bewerbers und zu Nebentätigkeiten des Bewerbers.
Beantwortet ein Bewerber eine zulässige Frage nicht wahrheitsgemäß, kann der Arbeitgeber, wenn sich das später herausstellt, das Arbeitsverhältnis gemäß § 123 BGB anfechten oder durch eine außerordentliche Kündigung beenden. Voraussetzung dafür ist aber, dass die unwahre Antwort ein wesentliches Motiv des Arbeitgebers für die Einstellung war, was der Arbeitgeber in einem Rechtsstreit dann auch beweisen muss.
Persönlichkeitsrecht steht über Fragerecht
Das Fragerecht wird begrenzt durch das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers, das Datenschutzrecht und auch – in Fällen abgeschlossener Straf- und Ermittlungsverfahren – die Wertentscheidungen des § 53 BZRG. Wenn unzulässige Fragen gestellt werden, hat der Stellenbewerber das Recht, hierauf zu lügen. Sollte es dann zu einer Einstellung kommen, so ergeben sich aus einer unzutreffenden Antwort des Arbeitnehmers keine Konsequenzen, das Arbeitsverhältnis kann deshalb nicht angefochten werden.
Im Einzelnen kann es Abgrenzungsschwierigkeiten geben: Fragen zu Krankheiten müssen nur dann wahrheitsgemäß beantwortet werden, wenn die Krankheit in Zukunft noch Auswirkungen auf das neue Arbeitsverhältnis haben wird; ausgeheilte Krankheiten jeglicher Art müssen nicht erwähnt werden. Krankheiten, die mit einer Ansteckungsgefahr für Kollegen und Kunden verbunden sind, müssen mitgeteilt werden.
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Die Frage nach einer Partei- oder Gewerkschaftsmitgliedschaft ist unzulässig, es sei denn, bei dem Arbeitgeber handelt es sich um einen sogenannten Tendenzbetrieb (z.B. Kirche; Partei).
Vorstrafen dürfen abgefragt werden, wenn und soweit die Art des zu besetzenden Arbeitsplatzes dies bei objektiver Betrachtung berechtigt erscheinen lässt; dies ist z.B. zulässig, wenn es sich um eine besondere Vertrauensstellung handelt (z.B. Kassierer) oder die Frage konkret auf mit der Tätigkeit in Zusammenhang stehende Straftaten ausgerichtet ist (z. B. alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit bei Kraftfahrern oder sexueller Missbrauch bei Erziehern). Das gilt aber auch nur, soweit die Strafen gemäß § 53 i.V.m. § 32 und § 45 BZRG angegeben werden müssen; eine Verurteilung zu einer Geldstrafe von nicht mehr als 90 Tagessätzen muss nicht angegeben werden; getilgte Verurteilungen müssen ebenfalls nicht angegeben werden.
Frage nach Hobbys nicht immer zulässig
Die Frage nach Hobbys ist nur dann zulässig, wenn sie eine Verbindung zur Tätigkeit aufweist. Die Frage nach den Vermögensverhältnissen des Bewerbers ist grundsätzlich unzulässig; unzulässig ist auch die Frage, ob gegen den Bewerber eine Lohn- oder Gehaltspfändung vorliegt. Die Frage nach dem Bestehen einer Schwangerschaft ist unzulässig, auch dann, wenn die Bewerberin für ein befristetes Arbeitsverhältnis eingestellt werden soll.
Vor jedem Bewerbungsgespräch sollten sich deshalb Arbeitgeber und Arbeitnehmer darüber Gedanken machen, ob Fragen überhaupt gestellt werden und wie auf unzulässige Fragen am besten reagiert werden kann, um möglichst Streit zu vermeiden.
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