Wer in diesen Tagen auf den Ludwigsberg wandert, kann schon die neue Kulisse der Waldfestspiele sehen. Rund um das Areal unter dem Ludwigsturm wird gehämmert und gesägt, gelacht und neuerdings auch das Lied vom Blutgericht gesungen.
Bei einem Theaterworkshop überraschte der künstlerische Leiter Sascha Edenhofer die Bad Kötztinger Schauspieltruppe im März mit ersten Textpassagen des neuen Stücks „Die Weber“. Aus dem Original von Gerhart Hauptmann hatten Edenhofer und Dramaturgin Barbara Schöneberger bereits einige Szenen ins Bairische übertragen. Schon im Rahmen dieser kleinen „Kostprobe“ wurde die Kraft und das Gänsehautpotential des Literaturklassikers spürbar und nahm die Spieler für sich ein.
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Vor drei Wochen hat diese Energie der Neuproduktion Einzug auf dem Ludwigsberg gehalten. Bei ersten Leseproben und szenischen Arbeiten auf der neu gebauten Bühne zeichnet sich immer mehr ab, was die Zuschauer im Sommer erwartet: Sicherlich kein einfacher Stoff, aber einer, der berührt, mitreißt und die Schauspieler antreibt, über sich hinauszuwachsen.
Wunsch nach ernstem Stoff
Es war der Wunsch des Ensembles, sich wieder ernsteren Stoffen zu widmen. Schließlich verbringen die „Bergnaschen“, wie sie sich selbst augenzwinkernd nennen, ihren Sommer aus reiner Lust am Theater auf dem Ludwigsberg. Und da soll die Freude am Spielen nicht zu kurz kommen. „Die Intensität und Tiefe, mit der sich ernstere Rollen entwickeln lassen, machen bei vielen einfach diese jahrzehntelange Begeisterung für das Laienschauspiel aus. Es geht auch darum, an sich selbst zu arbeiten“, spricht die erste Vorsitzende Beate Bauer aus Erfahrung.
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Mit „Da Asch’nmo“ gelang nach Corona ein Neuanfang, der bereits die Richtung – weg von der Komödie – vorgab, aber nach der langen pandemischen Zeit auch nicht zu ernst daherkam. „Für die Festspielgemeinschaft war das Stück der Schlüssel zu einer neuen Gruppendynamik und frischer ungebremster Spielfreude“, sagt Theresia Kühlmeyer, zweite Vorsitzende der Festspielgemeinschaft (FSG). „Wir haben uns selbst überrascht und halten an dieser Stimmung fest.“ Mit diesem Rückenwind und Engagement der Spieler soll Sascha Edenhofer neben aller Härte des Sozialdramas eine Inszenierung von „Die Weber“ gelingen, die den Fokus auf die Zwischentöne richtet und die Nuancen von Gut und Schlecht, Arm und Reich beleuchtet. Er zeichnet starke Figuren, die das Publikum auch immer wieder zum Schmunzeln bringen sollen. Die Unzufriedenheit der Weber und ihr Mut zur Rebellion steigern sich auf der Bühne fortwährend, bis das Geschehen in einen Aufstand mündet.
Ein aufwühlendes Stück wird in diesen Tagen auf der Waldbühne geprobt. Getragen wird es von atmosphärischen Bildern.
Aktuelle Bezüge
„Das Stück hat in vielerlei Hinsicht Bezug zur aktuellen Situation“, erklärt künstlerischer Leiter Sascha Edenhofer. „Hochaktuell ist es nicht nur im Hinblick auf die heutige Textilbranche und andere Formen moderner Ausbeutung. Es geht mir auch darum, unsere Kultur, Empathie und Verständnis zu zeigen und die eigene Situation zu reflektieren. Man kann durchaus Positives aus demStück mitnehmen.“
Mit Begeisterung dabei sind auch sehr junge Akteure. Die Vorstandschaft der FSG zeigt sich erfreut, dass die Jugendarbeit und das Engagement der künstlerischen Leitung weiter Früchte tragen. Seit der vergangenen Saison sind weitere junge Talente zur FSG gestoßen.
Schwer fiel es der FSG, sich von der grünen Oase zu trennen, die während der letzten Produktion auf der Bühne gewachsen war. Es mussten nicht nur Bäumchen und Sträucher umgepflanzt werden, auch im Nixenteich hatte so manche Kröte ein Zuhause gefunden, die umgesiedelt wurde.
Nach wochenlanger Arbeit unter der Leitung von Baumeister Franz Bachl ist bereits einiges passiert: Ein Parkett aus Lärchenholz mit einem Weg aus Naturstein wurde auf der untersten Bühnenebene angelegt. Außerdem wurde der Asch‘nmo-Palast zum Domizil des reichen Fabrikanten umgebaut. Ein überdimensionales Spinnrad steht auf der hinteren Bühnenebene. Schlichtheit ist angesagt. Sie steht für Industrialisierung und die Armut der Weber, aber auch für Hoffnung und Widerstandskraft.
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