Nachhaltige Waldbewirtschaftung
Lernfahrt der WBV Lamer Winkel auf den Großen Arber: Waldbauern informierten sich über Borkenkäfer

08.10.2024 |

Die Waldbauern nahmen viele Eindrücke mit. Fotos: Maria Frisch

Eine volle Busbesatzung mit Mitgliedern der Waldbauernvereinigung Lamer Winkel hat am Freitag eine Exkursion in die Wälder der Unternehmensgruppe Fürst von Hohenzollern unternommen, die ihre Bewirtschaftungsweise aufgrund der massiven Borkenkäferschäden zwischen 2019 und 2023 als „Nationalparkangrenzer“ umgestellt hat. An mehreren Stationen wurde das Borkenkäfermanagement sowie das waldbauliche Konzept in allen Altersstadien durch den Revierleiter Patrick Braun vorgestellt.

Erster Haltepunkt war die Talstation der Arberbergbahn, unmittelbar bei einer 2023 abgeräumten Käferfläche. WBV-Vorsitzender Wolfgang Koller betonte, dass der Revierleiter am Arber, Patrick Braun, vor der immensen Käfergefahr, die in der unmittelbaren Nähe lauert, warnen wolle. Angeschlossen hatte sich auch Christoph Wenzl, der im Landkreis Regen verschiedene ranghohe Politiker mit der Problematik des Nationalparks zum angrenzenden Privatwald konfrontiert hatte. Die Exkursion begleitete auch Max Plötz aus Buchetbühl, der im Arber-Revier zum Forstwirt ausgebildet wurde und aktuell kurz vor der Forstwirtschaftsmeisterprüfung steht.

Lesen Sie auch: Ende der Sommertemperaturen: Auf dem Großen Arber gab es die ersten Schneeflocken

„Die Hauptbotschaft von unserer Seite ist, dass die Fresswalze am Arber 2023 mit aller Heftigkeit zugeschlagen hat“, so der in Bayerisch Eisenstein wohnhafte Revierleiter. 2024 hatte man Glück mit dem Wetter. Patrick Braun zeigte eine Karte mit der rot eingezeichneten Nationalparkgrenze sowie den abgestorbenen Käferflächen aus 2022 und 2023. Der Ostwind transportiert die Borkenkäfer über zwei Kilometer bis in die Arberhänge, wie die größte Fläche mit 8000 Festmetern Käferholz an einem Stück an der Talstation bestätigte.

Lesen Sie auch: Neuer Bikepark am Großen Arber geplant: Die ersten Bauarbeiten beginnen noch heuer

Patrick Braun hatte eine zweite Karte mit den Käferlöchern der letzten drei Jahre angefertigt. 2021 waren es insgesamt 3000 Festmeter Käferholz, 2022 6000 und 2023 sogar 23 000 Festmeter. Die Kurve ging steil nach oben. Für heuer fehlen die Flächen und Zahlen noch. Sie dürften bei knapp der Hälfte , ungefähr 12 000 Festmetern liegen.

2023 wehten wochenlang anhaltende Ostwinde, in denen der Käfer hereingeflogen ist. Hauptproblemzonen sind die Seebachschleife, rund um das Biathlonstadion, oberhalb des Arbersees sowie an der Talstation und Richtung Lohhäusl. „Im kleinsten Revier der Hohenzollern fällt das Doppelte an Käfern an“, verglich Patrick Braun mit dem Sitz des Fürstenhauses in Sigmaringen. Am Arber wurden neun Festmeter pro Hektar festgestellt. Die Walze steht direkt vor der Haustüre der Lamer Winkel-Waldbauern. „Macht eure Hausaufgaben“, empfahl Braun dringend.

Politischer Druck

Der politische Druck habe im Nationalpark einiges bewirkt, allerdings zu spät, wie sich alle einig waren. Laut Christoph Wenzl sind aktuell noch 240 000 Kubikmeter fressbare Fichte in der Randzone vorhanden, weil die Kernzone bereits tot ist. Deshalb müsse man am Ball bleiben, dass auch 2025 in der Randzone rechtzeitig mit dem Käferholzeinschlag begonnen werde. Ein Abstecher zum Zwieslerwaldhaus führte vor Augen, wo der Brandherd momentan liegt und was der Schädling in nur einem Jahr vernichtet hat.

Patrick Braun zeigte den Waldbauern aus dem Lamer Winkel jeweils rund 15 Jahre auseinanderliegende Waldbilder. Nach der Räumung von Käferflächen sei ermutigend, dass auf 95 Prozent Naturverjüngung vorhanden sei, die sich durch den relativ geringen Wildbestand gut entwickle. Auf den kleinen Flecken, wo nichts nachgewachsen war, ließ der Revierleiter Douglasien aus dem Topf pflanzen. Im Forstrevier Arber hat Laubholz nur eine dienende Funktion. „Nur in der Mischung brauchen wir Laubholz. Wenn es hier am Arber kein Nadelholz gäbe, wo sonst“, unterstrich der Fachmann. Ziel sei es auch, den hohen Altholzvorrat zu minimieren.

Lesen Sie auch: Ehrung für besonderen Waldpfleger: Josef Plötz war ein kundiger Heger des Bad Kötztinger Stadtwaldes

„Wir möchten die Douglasie als vierte Baumart ansiedeln und deren Anteil von zwei auf zehn Prozent steigern“, so der gebürtige Sigmaringer. Max Plötz erläuterte die Jungholzpflege im Arberrevier, bei der die Tanne und Douglasie vor der Fichte Vorrang erhalten. Auf die Mischung mit Buche, Ahorn und Vogelbeere werde Wert gelegt, weil das Wild diese am ehesten verbeißt. Das Jungholz benötigt Licht und Nährstoffe und sollte sich nicht gegenseitig Konkurrenz machen.

Bei einem 15 Jahre älteren Bestand komme erstmals der Harvester zum Einsatz. „Wenn man vorher keine Jungholzpflege durchgeführt hat, kann der Harvester mit seinem Aggregat nicht hineingreifen“, führte Braun den Waldbauern vor Augen. Das Forstrevier Arber ist zu 65 Prozent für den Harvester befahrbar. Für die Jungholzpflege gebe es eine Förderung, die der Waldbesitzer für 30 Hektar pro Landkreis im Jahr beantragen kann.

Vier Meter Totastzone muss der Bestand aufweisen, damit das Aggregat des Harvesters arbeiten kann. Überlässt man den Wald ohne frühe Pflege sich selbst, spart der Besitzer in den ersten Jahren die Kosten. Es sei jedoch später mit einem erheblichen Mehraufwand zu rechnen. „Wir bereiten unsere Wälder für die Zukunft vor, das bedeutet, vier Baumarten zu etablieren und Altholz zu vermindern“, beschrieb Braun sein Konzept. Dazu gehört auch die Zukunfts-Baum-Strategie. Die sogenannten Z-Bäume gibt es ab einem bestimmten Alter alle zehn Meter. „Die Bedränger werden entnommen, damit die Z-Bäume mehr Licht und Nährstoffe erhalten“, erläuterte Braun. Beabsichtigt werde, dass die Stämme nicht mehr so alt werden. „Wir wollen weg von dem gefährdeten Altholz, das immer eine Gefahr in Sachen Preis, Käfer und Wind darstellt“, so auch Max Plötz.

Rückegassen angelegt

Die jüngeren Stämme sind stabiler und vitaler. „Das Allererste, das wir hier im Wald gemacht haben, war das Anlegen von Rückegassen im Abstand von 20 Metern“, informierte Braun über die notwendige Feinerschließung. Dann folgte das Freischneiden der Z-Bäume, wobei die Tanne bevorzugt wurde.

„Auch aus jungen Beständen erwirtschaftet der Besitzer ordentlich Geld“, sprach sich der Revierleiter für frühes und regelmäßiges Eingreifen aus. Das Betriebsziel der Hohenzollern sei die Pflege in der Naturverjüngung und den Maschineneinsatz der motormanuellen Variante vorzuziehen.

Zuletzt besichtigte die Busbesatzung einen Bestand in Steinhütte mit sieben Baumarten, in dem viel Licht auf den Boden fällt und somit die Naturverjüngung mit dem Hauptbaum Fichte, der Douglasie mit 40 Prozent und den weiteren Arten Tanne, Buche, Ahorn, Lärche und Vogelbeere sprießt. „Wenn eine Baumart ausfällt, geht der Bestand nicht kaputt und der Käfer kann weit weniger Schaden anrichten“, so Patrick Braun. So ein Wald sei gegen Borkenkäfer und Klimawandel gewappnet.

„Natur Natur sein lassen.“ Dieser Spruch gilt als Leitmotiv des Naturschutzes im Nationalpark Bayerischer Wald. Die Nationalparkverwaltung verweist stolz auf die Urwaldrelikte im Falkensteingebiet, die angeblich in alten Naturzonen entstanden sind. Dieser Begriff Naturzone ist eine Erfindung der Nationalparkverwaltung. Die Glashüttenbesitzer mit ihren Waldungen betrieben traditionelle Waldwirtschaft, in der Form, dass sie nur das Holz herausnahmen, das verwertbar war. „Das war eine segensreiche Tätigkeit für den Wald“, so der pensionierte Forstdirektor.

kfl

Artikel kommentieren