Sind nur Männer Menschen oder Frauen auch? Kabarettistin Christl Sittenauer versucht, die Daseinsberechtigung des weiblichen Geschlechts zu beweisen, indem sie Gemeinsamkeiten mit dem männlichen ergründet. Anhand eines Ausspruchs ihres kleinen Sohnes arbeitete sie sich am Samstagabend an dem Dauerbrenner Gleichberechtigung ab.
Auf Einladung des Kulturvereins K3 setzte sie ihr Publikum im RaumWerk einem fast zweistündigen verbalen Dauerbeschuss aus. Ihr Motiv nennt sie am Ende: In anderen Ländern wie dem Iran riskierten Frauen in diesem Kampf ihr Leben und auch in Deutschland sei die Gesellschaft noch etwa 300 Jahre von der Gleichberechtigung entfernt.
Christl Sittenauer ist Architektin und Schauspielerin
Da wird die Theaterschauspielerin mit einem Mal sehr ernst und ihre Beispiele von langen Warteschlangen vor dem Frauenklo und ihrem Chef mit der traurigen Tankstellenblume zum Weltfrauentag wirken dagegen recht banal. Ansonsten hastet Sittenauer durch ihr Programm, reiht Erlebnis an Erlebnis, überschüttet die Zuhörer mit Belegen dafür, wie Frauen noch heute ungerecht behandelt werden.
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Auf ihrem Feldzug gegen Vorurteile greift sie selbst auf Stereotype wie die der hilflosen Männer zurück, die noch immer nicht mit selbstbewussten Frauen umzugehen gelernt haben. Und sie stürzt sich mit Wonne auf Klischees über Frauen mit übervollen Oversize-Handtaschen sowie permanentem Harndrang und betont immer wieder, welche exotische Ausnahme sie als weibliche Dozentin am Münchner Lehrstuhl für Bauphysik bildet.
Musiker Lukas Meier häkelt und spielt Klavier
Als Wissenschaftlerin zitiert sie so manche Studie, um zu erklären, warum rosa und blaue Kinderkleidung früher eine ganz andere Bedeutung hatte und die Versammlungsstättenverordnung die Zahl der Toiletten für Männlein und Weiblein vorgebe, aber dazu eben auch noch eine stattliche Anzahl an Pissoirs. Ob es stimmt, können die Zuhörer gerne googeln, so wie sie.
Lukas Meier bildet im Gegensatz zu ihrem eruptiven Auftritt ein Bild der Ruhe und Gelassenheit im Hintergrund. Er legt die Häkelnadel nur aus der Hand, um gekonnt in die Tasten seines E-Pianos zu greifen. Die von ihm komponierten und getexteten Songs bilden Höhepunkte des Abends: pointiert, ironisch, hintersinnig, mit eingängigen Melodien und professionell vortragen von Christl Sittenauer. Sie bieten, was im gewaltigen Wortschwall untergeht: die Pointen.
Wirklich gut ist die Impro-Schauspielerin dann, wenn sie charmant mit ihrem Publikum interagiert. Dann, wenn sie den Pfad ihres männlichen Alter Ego und legendären Schnellsprechers Dieter Thomas Heck verlässt und sich Zeit lässt, um ihren Worten Raum zu geben, um zu wirken.
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