Für ältere Kunden der Tafel ab 65 Jahren fand zum ersten Mal ein gemeinsamer Nachmittag in Neumarkt statt. Das Projekt für Senioren heißt „Evergreener“. Das Ziel: sich Austauschen und Kontakte knüpfen – auch wenn nicht alle die gleiche Sprache sprechen.
Es riecht nach frisch gebrühtem Kaffee, der Raum im Leb-mit-Laden ist gut besucht. „Noch ein Stück Kuchen?“, fragt Thomas Torres Caraballo und deutet auf den gedeckten Tisch. Die Seniorin lächelt und nickt, den Teller bereits griffbereit. Zwei weitere Frauen betreten den Laden, und winken in die Runde. Viele kennen sich.
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Es ist Mittwoch, kurz nach 15Uhr. Thomas Torres Caraballo, Leiter des Leb-mit-Ladens, holt noch zwei Stühle für die Neuankömmlinge. Dass so viele kommen, hätte er nicht gedacht, sagt er fröhlich und begrüßt die zwei Seniorinnen mit Vornamen. Der Seniorennachmittag der Tafel ist ein kostenloses Angebot und gilt für alle, die beim Leb-mit-Laden registriert sind – aus diesem Grund kennt Torres Caraballo die Anwesenden bereits vom Tagesgeschäft.
Zur Einordnung: 108 Senioren ab 65 Jahren werden aktuell bei der Tafel in Neumarkt versorgt.
Sprachkurs am Ostendorfer Gymnasium
Die Runde hat sich erweitert, es wird geratscht und gelacht. Inzwischen sitzen mehr als zwölf Senioren um den Tisch, die meisten sprechen lediglich Ukrainisch. Eine von ihnen, eine 62-Jährige, besucht am Ostendorfer Gymnasium in Neumarkt einen Sprachkurs, wie sie auf Deutsch erzählt. Seit einem Jahr komme sie zur Tafel in Neumarkt – ihre Familie sei zum Teil noch im Westen der Ukraine.
Ein Platz neben ihr sitzt Anny. Die 73-jährige spricht zwar kein Ukrainisch, die Sprachbarriere macht ihr aber nicht so viel aus. Seit etwa vier Jahren sei sie Kundin bei der Tafel. „Es gibt mir Auftrieb, dass es eine Organisation wie diese gibt, die für die Leute sorgt“, sagt Anny.
Diesen Nachmittag habe sie zusammen mit Torres Caraballo organisiert – für das Kuchenbacken waren sie beide zuständig. „Ich habe etwas mitgebracht“, sagt Anny in die Runde, greift in ihre Tasche und zieht ein Buch heraus: Auf dem Einband sind selbstgehäkelte Taschen zu sehen. Es sei nur eine Idee für den nächsten kreativen Nachmittag, erklärt sie ihrer Nachbarin. Ein paar Plätze weiter nickt eine Ukrainerin begeistert und zeigt Fotos von eigens kreierten Teppichen auf ihrem Smartphone – die Idee scheint gut anzukommen.
Ehrenamtliche unterstützten tatkräftig
Die Kaffeekanne ist schnell leer, Hasan Mdallal springt auf und läuft in die Küche. Der 26-Jährige arbeitet seit zwei Jahren als ehrenamtlicher Helfer bei der Tafel, in allen möglichen Bereichen. Da er heute Zeit hatte, sei er spontan zur Unterstützung vorbeigekommen, erklärt Mdallal.
Für die nächsten Seniorennachmittage hat sich Leiter Torres Caraballo bereits Gedanken gemacht. Sei es ein gemeinsamer Spielenachmittag oder eine historische Stadtführung mit anschließendem Eisessen. „Langfristig ist das eine super Sache“, sagt er. Denn viele könnten es sich gar nicht leisten, an kulturellen Aktivitäten teilzuhaben. „Ich halte das Angebot für wichtig, weil ganz viele Senioren alleinstehend sind“, sagt Torres Caraballo. Es sei schön, dass sie diese Möglichkeiten anbieten könnten, „auch im Rahmen der Tafelarbeit“.
Einmal im Monat wird der Seniorennachmittag angeboten
Über den Zulauf beim Seniorennachmittag sei Torres Caraballo „positiv überrascht“. Es sei toll zu sehen, dass viele die Gesellschaft suchten. Da eine vorherige Anmeldung nicht notwendig gewesen sei, habe er die Größe der Gruppe nicht einschätzen können.
Der Seniorennachmittag wird einmal im Monat angeboten, das nächste Treffen findet am 12.Juni um 15 Uhr statt. Weitere Infos werden über die sozialen Medien und Aushänge mitgeteilt.
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