Mit Teamgeist zum Erfolg
Nürnberg Ice Tigers gehen mit neuen Coaches, kleinem Budget und großen Hoffnungen in die Saison

18.09.2024 | Stand 18.09.2024, 14:30 Uhr |
Christian Rupp

Mitch O‘Keefe will als Nachfolger von Tom Rowe mit den Ice Tigers erfolgreich sein. Fotos: imago

Die Nürnberg Ice Tigers starten Ende dieser Woche in die neue Saison 2024/25: Zunächst mit einem Auswärtsspiel am Freitag (19.30 Uhr) bei den Löwen Frankfurt, zum Heim-Auftakt am Sonntag (16.30 Uhr) geht es im Derby gegen die Augsburger Panther. Vor Beginn der 52-Spiele-Hauptrunde haben wir die Ice Tigers in verschiedenen Kategorien genau auf den Prüfstand gestellt.

Die Vorbereitung: Nach acht Testspielen, darunter zwei Turniere, stehen für Nürnberg drei Siege und fünf Niederlagen zu Buche. Gegen die Zweitligisten Lausitzer Füchse (5:0) und Eislöwen Dresden (6:2) gewannen die Franken souverän und wussten beim 3:2 gegen den tschechischen Erstligisten Mountfield HK zu überraschen. Sorgen bereitet dagegen das Abschneiden gegen die DEL-Konkurrenz, denn die Partien gegen den ERC Ingolstadt (1:2 n.P. und 3:4 n.P.) sowie die Düsseldorfer EG (0:3) wurden verloren. Auch gegen den österreichischen Erstligisten Black Wings Linz (1:4) setzte es eine Heim-Niederlage.

Die Abgänge: Mit Danjo Leonhardt, Tim Fleischer (beide Straubing Tigers), Daniel Schmölz (ERC Ingolstadt) und Dennis Lobach (Frankfurt) verloren die Ice Tigers viele deutsche Stürmer, die zum Stammpersonal zählten. Auch der Finne Elis Hede (Straubing Tigers) konnte nicht gehalten werden. Die Verträge von Publikumsliebling Dane Fox (Dresdner Eislöwen) sowie Max Kislinger (vereinslos) wurden nicht verlängert. In der Verteidigung gingen mit Ludwig Byström (MoDo Hockey), Jack Dougherty (Vienna Capitals), Philipp Mass (Ravensburg Towerstars) und Ian Scheid (Black Wings Linz) zwar gleich vier Abwehrspieler, doch war keiner davon ein wirklicher Leistungsträger.

Die Neuzugänge: Auf dem hart-umkämpften Markt deutscher Spieler angelte sich Nürnberg die U23-Talente Josef Eham (Düsseldorfer EG) und Thomas Heigl (EHC Red Bull München) sowie mit Rückkehrer Eugen Alanov (Löwen Frankfurt) und Samuel Dove-McFalls (Lausitzer Füchse) zwei hart-arbeitende Angreifer mit deutschem Pass. Einen großen Einschlag haben sollen die Imports Owen Headrick (Wilkes-Barre/Scranton Penguings), Cody Heiskanen (Idaho Steelheads), Will Graber (Ässät Pori) und Jeremy McKenna (Kansas City Mavericks). Während Heiskanen ein eher ruhiger Zwei-Wege-Verteidiger ist, soll Headrick als mobiler Offensivverteidiger für Gefahr von der blauen Linie und im Powerplay sorgen. Graber steht mit seiner Größe für physische Präsenz und Reichweite. McKenna gilt als Scharfschütze.

Die Torhüter: Die einstige Schwäche soll zur neuen Saison eine Stärke sein: Sowohl Niklas Treutle als auch Leon Hungerecker zeigten im Lauf der Vorsaison eine klare Leistungssteigerung und sollen diesen Trend fortsetzen. Insbesondere Treutle avancierte wieder zu einem der besseren DEL-Torhüter, muss dies aber mit Konstanz hinterlegen. Hungerecker ist ein solider Backup und als Frohnatur wichtig für die Kabine.

Die Verteidigung: Hier verfügt Nürnberg über ein Mischung an offensiv-ausgerichteten Verteidigern wie Headrick und Hayden Shaw sowie aus defensiv zuverlässigen Abwehrspielern wie Marcus Weber und Constantin Braun. Hinzu kommen zwei hybride Verteidiger mit Heiskanen und Julius Karrer, die ihre Stärken in beide Spielrichtungen einbringen können. In der Hinterhand wissen die Ice Tigers mit Justus Böttner (22) und Eigengewächs Max Merkl (18) zwei Talente, die sich jede Minute Eiszeit hart erkämpfen und auf ihre Chance warten müssen.

Der Sturm: Hier baut Nürnberg auf wuchtige Mittelstürmer, die mit ihrer Größe für Sichtbehinderung und physische Präsenz vor dem gegnerischen Tor sorgen sollen: Ryan Stoa (1,90 Meter, 101 Kilogramm), Graber (1,95 Meter, 86 Kilogramm), Cole Maier (1,86 Meter, 89 Kilogramm) und Dove-McFalls (1,88 Meter, 94 Kilogramm) passen genau in diese Kategorie. Auf den Außenbahnen verfügen die Ice Tigers über pfeilschnelle Flügelflitzer wie Charlie Gerard, Evan Barratt, Roman Kechter oder McKenna, die insbesondere im Forechecking für gegnerische Puckverluste sorgen und gleichzeitig für den Gegner schwer zu greifen sein wollen. Hungrig sind auch die jungen Deutschen Eham (22) und Heigl (21), die sich in der DEL beweisen wollen. Die beiden streiten sich mit Lokalmatador Lukas Ribarik (23, geboren in Nürnberg) um die letzten Stammplätze im Sturm.

Die Trainer: Nach zweieinhalb Jahren unter Tom Rowe entschied sich Sportdirektor Stefan Ustorf für einen Wechsel auf der Trainerposition und präsentierte mit Mitch O’Keefe einen eher unbekannten Mann. O’Keefe arbeitete zuvor sechs Jahre bei den Innsbrucker Haien in Österreich recht erfolgreich mit geringen finanziellen Mitteln. Der 40-jährige Kanadier präsentierte sich in Nürnberg bislang sehr zielstrebig und fokussiert. Seine Hockey-DNA sieht ein schnelles Aufbau- und Umschaltspiel, aggressives Forechecking und konsequenten Zug zum Tor vor.

Auch die Posten des Co- und Torwart-Trainers wurden mit Jochen Hecht und Varian Kirst neu besetzt. Hecht ist eine lebende Legende (14 Jahre, 833 Spiele, 186 Tore, 277 Assists in der NHL) und dürfte im Spielerkreis großes Ansehen genießen. Für eine gute Ausdauer der Spieler war nach wie vor Athletiktrainer Christian Bachmann verantwortlich. Für ihren aufwendigen Spielstil werden die Ice Tigers gute Kondition brauchen.

Der X-Faktor: In den letzten sechs Jahren, also seit dem Aus des damaligen Namens- und Geldgebers Thomas Sabo, hatten die Ice Tigers nur zwei Spieler mit einer Ausbeute von über 20 Saisontoren: Daniel Schmölz (24 in 2022/23) und Tyler Sheehy (25 in 2021/22). Wer also hat das Zeug zum neuen und dringend benötigten Goalgetter? Hier könnte McKenna groß herauskommen: Laut Ex-Ice-Tigers-Trainerin Jessica Campbell, mittlerweile erste weibliche Trainerin in der NHL (Assistant Coach in Seattle), verfügt der Rechtsschütze über einen Schuss, der sich auch in der NHL nicht verstecken müsse.

Die Finanzen: Hauptsponsor NCP zieht sich nach dem Ende der Saison 2024/25 zurück. Die Suche nach einem neuen Geldgeber läuft im Hintergrund bereits auf Hochtouren. Ansonsten haben sich die Ice Tigers mit vielen kleinen und mittleren Sponsoren breiter aufgestellt. Das alles ist das Verdienst von Geschäftsführer Wolfgang Gastner, der in dieser Funktion nach der Spielzeit 2025/26 zurücktreten wird. Die Zuschauer-Zahlen entwickelten sich seit der Coronavirus-Pandemie stetig nach oben. Trotzdem ist der Etat in der unteren Liga-Hälfte anzusiedeln. Entsprechend stehen nur 13 Stürmer unter Vertrag – in der Regel stehen mindestens zwölf in der Aufstellung. Der Kader ist insbesondere im Angriff also auf Kante genäht.

Die Prognose: Ustorf stellte den Kader einmal mehr nach intensivem Scouting zusammen, was nicht nur die Spieler-Stärken auf dem Eis, sondern vor allem die Persönlichkeit umfasst. Das Team scheint auch deshalb schnell zusammengewachsen zu sein. Dieser Teamgeist wird für den Erfolg der Ice Tigers entscheidend sein. Realistisch ist eine Platzierung zwischen Rang sechs und zehn. Zunächst aber wird es für Nürnberg darum gehen, so viele Punkte wie möglich zu sammeln, um sich früh aus dem Abstiegskampf heraushalten zu können.

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