Markt richtet Spendenkonto ein
Nach verheerendem Feuer in Nittendorf: Obdachlose Mieter suchen Wohnungen

12.08.2024 | Stand 13.08.2024, 8:49 Uhr |

Blick in eine der Wohnungen: Nichts ist übriggeblieben. Doch 13 von 15 Mietern haben keine Hausratversicherung. Fotos: K. Obermüller

15 Mieter haben ihr Dach über dem Kopf verloren. Nur zwei haben eine Hausratversicherung. Die Marktgemeinde Nittendorf (Landkreis Regensburg) hofft nun auf die Solidarität der Mitbürger. Denn die Betroffenen stehen teilweise vor dem finanziellen Ruin.



Als Hausverwalter Konrad Obermüller vergangenen Donnerstag erstmals das Gebäude an der Rathausstraße 5 in Nittendorf mit Schutzanzug, Maske und Helm betreten durfte, war er fassungslos. „Die Kloschüsseln hat es aus der Wand gesprengt, so heiß war es“, erzählt er von seinen Eindrücken am Telefon. In seiner Stimme schwingt noch immer die Fassungslosigkeit über das tragische Ereignis mit. Dort, wo das Feuer gewütet hat, ist alles zerstört.

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Obermüller hat die verkohlten Wände, die Überreste von Vitrinen und Sitzmöbeln, den an ein Geisterhaus erinnernden Treppenaufgang mit seiner Handy-Kamera dokumentiert. „Da ist nichts zu retten“, sagt er über die 15 Wohneinheiten. Auch in jenen, wo das Feuer sich nicht weiter ausgebreitet hat, haben Rauch und Löschwasser das Inventar unbrauchbar gemacht. Und von 15 Mietparteien haben 13 keine Hausratversicherung, die für solche Schäden aufkommt, bedauert Obermüller. Die Marktgemeinde Nittendorf hat am Montag ein Spendenkonto eingerichtet, um die finanzielle Not zumindest ein klein wenig abzufedern.

Weiterhin kein Zutritt

Das Ausmaß der Schäden an ihrem Eigentum können die Mieter bislang nur erahnen. Selbst persönliche Dokumente konnten sie nicht holen. Denn nach dem Besuch von Schadensbegutachtern musste ein zuvor geplanter Zutritt zu den Wohnungen weiter verwehrt werden. „Meine Frau wollte zu ihrer Familie nach Marokko fliegen“, erzählt ein Mieter. Doch ohne Pass ist das unmöglich. Dennoch herrscht bei den Betroffenen Verständnis für die strikte Anweisung. Zu groß ist die Gefahr, dass sich jemand durch herabstürzende Teile verletzten könnte. Auch die Dämpfe in dem Gebäude sind nach wie vor gesundheitsgefährdend. Ende dieser Woche wollen die Verantwortlichen einen neuen Versuch wagen und bis dahin die schlimmsten Spuren des Brandes beseitigen. „Aber der Zutritt wird auch dann nur mit Schutzanzug, festem Schuhwerk und Helm möglich sein“, heißt es. Festes Schuhwerk haben derzeit allerdings die wenigsten Mieter griffbereit. Denn sie sind allein mit dem geflüchtet, was sie am Körper trugen.

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Untergekommen sind sie vorläufig bei Verwandten und Freunden sowie im Gasthaus Erber in Eilsbrunn. Mit den erhofften Spendengeldern will die Marktgemeinde die nötigsten Anschaffungen für einen Neuanfang unterstützen. Das Geld soll dabei allen Mietern gleichermaßen zugute kommen. Zudem unternehmen Hausverwalter Obermüller und die Verantwortlichen im Rathaus Anstrengungen, um Wohnungen für die obdachlos gewordenen Bürger zu finden. Unter ihnen sind auch mehrere Familien mit kleinen Kindern. Der Wohnungsmarkt in der Landkreisgemeinde ist angespannt. Freier Wohnraum steht kaum zur Verfügung. Nun sollen gezielt Eigentümer leersehender Wohnungen angesprochen werden, um zumindest vorübergehende Bleiben zu finden.

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Das Gebäude selbst ist über die Allianz versichert. Auch hier machten sich Experten inzwischen ein Bild vom Schaden. Nach ersten Einschätzungen wird das Haus, das den Abschluss eines Gebäudekomplexes bildet, in Teilen zurückgebaut, entkernt und dann neu aufgebaut. Ein kompletter Abriss sei wohl nicht notwendig, heißt es. Die Kosten für den Wiederaufbau trägt die Brandschutzversicherung. Allerdings werde die Baumaßnahmen wohl eineinhalb bis zwei Jahre in Anspruch nehmen, informierte ein Sachverständiger die Eigentümer. Das Räumen der zerstörten Wohnungen übernimmt kulanterweise die Versicherung für die Mieter.

Fahrlässigkeit oder Absicht?

In der Marktgemeinde brodelt unterdessen weiter die Gerüchteküche zu den Umständen des verheerenden Feuers. Eine Wohnung im Erdgeschoss bleibt versiegelt. Aus den Räumen wurde eine Frau tot geborgen, außerdem ein Hund. Ob das Unglück fahrlässig oder absichtlich herbeigeführt wurde, ist weiterhin Gegenstand polizeilicher Ermittlungen.

Überregionale Medien feiern weiter den Hausmeister des nahegelegenen Seniorenheims, Juri Kail. Er hatte mehrere Menschen, darunter ein Kleinkind, vor der Flammenhölle gerettet.

Spenden: Die Marktgemeinde Nittendorf hat ein Spendenkonto beim Familienstützpunkt Nittendorf eingerichtet (Rosi Murauer). IBAN: DE23 7505 0000 0027 8413 03. Vermerk: Brandopfer Nittendorf.

Wohnungen: Angebote werden unter 09405/50150 oder info@hv-obermueller entgegengenommen.

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