Leidenschaftlicher Einsatz bei sportlichen Wettkämpfen und tolle Stimmung, aber auch ernsthafte Auseinandersetzung mit gesellschaftspolitischen Themen kennzeichneten den Deutschen Jugendfeuerwehrtag, der am Wochenende in Burglengenfeld (Landkreis Schwandorf) über die Bühne ging.
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„Wie san ma? – Guat san ma! Zicke, zacke, hoi, hoi hoi!“ Solche Schlachtrufe schallten am Sonntag über die Sportanlagen im Burglengenfelder Naabtalpark. Grund war nicht ein Erfolg der Fußballmannschaft des ASV, sondern ein heißer Wettkampf, den sich die deutsche Feuerwehrjugend lieferte.
20 Mannschaften aus zehn Bundesländern
20 Mannschaften aus zehn Bundesländern kämpften um die ersten drei Plätze, welche 2024 zur Teilnahme an der WM im italienischen Trentino berechtigen. Viele Hundert Zuschauer, die allermeisten selbst Feuerwehrangehörige, verfolgten das Spektakel und sparten nicht mit Applaus für die gebotenen Leistungen.
Ein Team aus der Region hatte sich zwar nicht qualifiziert, aber der Sieg ging trotzdem, wie am Freitag von Ministerpräsident und Schirmherrn Markus Söder (CSU) gewünscht, nach Bayern: Die FF Oberneukirchen (Kreis Mühldorf am Inn) verteidigte den Titel aus dem Vorjahr erfolgreich – mit einem reinen Mädchenteam.
Der Deutsche Jugendfeuerwehrtag erwischte am Freitag einen Traumstart. Mehr dazu lesen Sie hier
Doch mit dem Feuerwehrtag war weit mehr als ein sportliches Kräftemessen verbunden. Am Samstag lockte eine sogenannte Blaulichtmeile, bei der die unterschiedlichsten Einsatzkräfte nicht weniger als 75 Fahrzeuge präsentierten, Tausende von Besuchern in die Altstadt. Parallel dazu fand in Maxhütte-Haidhof eine Delegiertenversammlung statt. 200 Repräsentanten der Jugendfeuerwehr aus ganz Deutschland waren der Einladung gefolgt, um den Startschuss für ein neues Bildungsprogramm zu geben.
Die Motivation des Nachwuchses aufrecht erhalten
Die Kernbotschaft: Frontalunterricht und alte Rollenbilder haben ausgedient. Gefragt sind neue Konzepte und Methoden für abwechslungsreiche, ertragsreiche Gruppenstunden. Damit soll für die Jugendwarte die Basis geschaffen werden, den gewonnen Nachwuchs bei der Stange zu halten.
Denn darum wird es, wie der Präsident des Deutschen Feuerwehrverbands, Karl-Heinz Banse, mehrfach betonte in Zukunft gehen: Vorhandenes Engagement am Leben halten, die Jugend an die Organisation binden. Aktuell habe die Feuerwehr in Deutschland zwar noch kein Nachwuchsproblem. Der demografische Wandel werde aber auch vor ihr nicht Halt machen.
Söder kontert kritischen Hinweis mit Humor
Bundesjugendleiter Christian Patzelt aus Bremen zeigte sich begeistert von den Beiträgen, die auf der Delegiertenversammlung geboten wurden, und betonte gegenüber unserer Zeitung noch einmal den Wert der Tugenden, denen sich die Jugendfeuerwehr verschrieben habe, zum Beispiel Toleranz. Den Wahlen in Bayern und 2024 in weiteren Bundesländern sehe er mit Sorge entgegen. Es bestehe die Gefahr, „dass unsere Werte angegriffen werden“. Dem gelte es entgegenzuwirken.
Daher auch Patzelts Botschaft an Ministerpräsident Söder zum Auftakt am Freitag. Der Feuerwehrfunktionär forderte eine klare Abgrenzung von radikalen Kräften. Das sollte, wie Patzelt im Nachgang erklärte, keine Anspielung auf die durch die Aiwanger-Affäre ausgelöste Regierungskrise in Bayern sein, sondern sei ein allgemeingültiger Hinweis gewesen. Dafür bekam Patzelt umgehend Söders Humor zu spüren. Der Ministerpräsident stichelte, Patzelt habe wohl nur deshalb eine so schöne Uniform, weil der Freistaat über den Finanzausgleich jedes Jahr viel Geld in sein Heimatland Bremen schicke.
Enge Bande zur freiwilligen Feuerwehr in Polen
Der Sonntag gehörte dann, wie erwähnt, dem Sport. Angefeuert von begeisterten Zuschauern lieferten sich 20 Mannschaften packende Staffelläufe und einen nicht minder interessanten Vergleich in einer technische Übung. Auch Teresa Tiszbierek verfolgte das Geschehen aufmerksam. Die Polin ist in ihrem Land Vizepräsidentin des freiwilligen Feuerwehrverbandes und dort für die Kinder- und Jugendarbeit verantwortlich. Mit ihrer Präsenz gab sie dem deutschen Jugendfeuerwehrtag eine internationale Note. Zwischen der deutschen und der polnischen Feuerwehr gebe es eine enge Verbindung und Kooperation, hieß es. Aktuell drücke sie sich durch gemeinsame Hilfslieferungen in die Ukraine aus.
Der Jugendfeuerwehrtag, der jedes Jahr an ein anderes Bundesland vergeben wird, endete mit einer strahlenden Siegerehrung. Unter dem Jubel der Zuschauer überreichte Finanz- und Heimatminister Albert Füracker (CSU) die Pokale. „Wir wollen zeigen, dass Sie uns wichtig sind – und dass wir aber auch große Hoffnungen auf Sie setzen“, sagte er. Bundesjugendleiter Patzelt lobte die Gastgeber für eine großartige Leistung. Sie hätten den Teilnehmern „drei geile Tage“ beschert. 2024 feiert der Verband sein 60-jähriges Bestehen.
Die Feuerwehr ist noch immer eine Macht
Situation: Aktuell kennt die Feuerwehr keine größeren Nachwuchssorgen. Landesjugendwart Heinrich Scharf erklärte auf Anfrage: „Grundsätzlich sieht es in Bayern mit dem Nachwuchs immer noch gut aus. Bei den Feuerwehren ist kein Corona-Knick festzustellen, im Gegenteil. Wir sind gut durch die Pandemie gekommen.“ Laut Scharf sind im Freistaat derzeit knapp 49000 Jugendliche (12 bis 18 Jahre) in Jugendwehren engagiert. Hinzu kämen mehr als 18000 Mitglieder der Kinderwehren. Das heißt: Mehr als 68 000 Kinder und Jugendliche engagierten sich in den Feuerwehren.
Bundesebene: Laut Bundesjugendleiter Patzelt erlebt die Feuerwehr derzeit in der gesamten Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen einen Zuwachs. Die Neugründung von Kindergruppen zahle sich aus – stelle aber auch eine zusätzliche Belastung für die Ehrenamtlichen dar.
Kreisebene: Im Landkreis Schwandorf sind rund 1250 Mädchen und Jungen bei der Feuerwehr. Die Zahl sei stabil, berichtet Kreisjugendwart Tobias Sebast. Er selbst war zusammen mit Kreisbrandmeister Christoph Spörl bei der Vorbereitung des Jugendfeuerwehrtags eine Schlüsselfigur.
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