Streuobstwiesen gelten als Hotspots der Artenvielfalt. Sie dienen vielen verschiedenen Tieren und Pflanzen als Lebensraum. Trotzdem sind die Streuobstbestände in Bayern in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen und heute oftmals gefährdet.
Um das kostbare Natur- und Kulturerbe lebendig zu halten, bedarf es einer entschlossenen und umfassenden Initiative. Im Rahmen des Streuobstpakts trägt die Bayerische Staatsregierung maßgeblich zum Erhalt der traditionellen Form des Obstanbaus bei. Das ambitionierte Ziel lautet, bis 2035 eine Million zusätzliche Streuobstbäume im Freistaat zu pflanzen. Leidenschaftliche Obstbauern, sind bei dem Projekt eine unverzichtbare Unterstützung. Familie Mayr aus Neukirchen-Balbini in Ostbayern bewirtschaftet eigene Streuobstwiesen und produziert Säfte, Fruchtaufstriche und Trockenobst. Oberste Priorität hat dabei der Erhalt der Biodiversität in Fauna und Flora.
Bereits seit 2010 hat Familie Mayr ihre landwirtschaftlichen Flächen in Streuobstwiesen verwandelt. Ausschlaggebend für die Anlage der Streuobstwiese war das sich verändernde Landschaftsbild.
Streuobstwiesen sind ein schützenswertes Gut
„Strukturelemente wie Hecken und Bäume verschwinden zunehmend aus unserer Kulturlandschaft, das bringt einen Rückgang an Sorten und Arten mit sich“, erklärt Martin Mayr. „Wir wollen mit unserem auf Generationen ausgelegten Projekt ein Stückchen der alten Kulturlandschaft erneuern und damit die Sorten- und Artenvielfalt wieder vermehren, das Landschaftsbild wieder abwechslungsreicher und damit ,augen- und ohrenfreundlicher‘ gestalten. Unser Ziel ist es, bei Jung und Alt Interesse zu wecken für die große Sortenvielfalt bei Obstgehölzen.“
Auf den etwa 2,5 Hektar Streuobstflächen hat die Familie inzwischen mehr als 200 unterschiedliche Obstarten und -sorten gepflanzt. Da wachsen zum Beispiel Wildfrüchte, Süß- und Sauerkirschen, sowie Quittensorten. Was war wichtig bei der Auswahl? „Wir haben uns für regionaltypische, standortangepasste, wenig krankheitsanfällige und alte, bewährte Sorten entschieden“, antwortet der studierte Landwirt. Insgesamt stehen rund 250 Hoch- und Halbstämme, 40 Buschbäume und 150 Beerensträucher und -stauden auf den betriebseigenen Flächen – jeder Baum trägt eine andere Sorte.
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„Das schafft echte Diversität. Wir tragen unseren Teil dazu bei, die vielen Sorten, die es in Deutschland gibt, zu erhalten und den Menschen wieder ins Bewusstsein zu bringen“, sagt Mayr. „Die meisten Konsumenten kennen gerade mal drei bis vier Apfelsorten“, schmunzelt er. „Da ist der Bestand weitaus größer. Und es ist einfach eine Schau, die Vielfalt an Früchten zu sehen: rot, gelb, grün, oder ockerfarben, gepunktet, gestreift, groß oder klein. Auch der Geschmack ist so vielfältig: ob süß oder säuerlich, saftig, aromatisch, würzig oder herb“. Nicht nur das Obst ist ganz individuell, auch jeder Baum hat seinen individuellen Habitus. Martin Mayr nennt eine Reihe Adjektive, zum Beispiel flachkugelförmig, halbkugelförmig, hochgebaut kugelförmig, breitausladend oder sparrig.
Keine Pflanzenschutzmittel werden verwendet
„Neben der Förderung der Arten- und Sortenvielfalt sehen wir es als eine besondere Naturschutzleistung, dass wir auf sämtliche – auch im Bioanbau zugelassenen – Pflanzenschutz- und Düngemaßnahmen verzichten. Einzige Ausnahme: Wir schneiden das Gras und verteilen Mulchmaterial rund um die Bäume. Außerdem stellen wir Rückzugs- und Brutmöglichkeiten für Tiere und Aufsitzstangen für die Mäusebussarde bereit“, so der Obstbauer. Das engagierte Konzept ist aufgegangen. Denn mittlerweile tummeln sich wieder viele heimische und teils bereits seltene Tierarten auf den Feldern der Mayrs. Hier beobachtet man zum Beispiel Mäusebussarde, Falken oder Habichte, aber auch Bunt- und Grünspechte, Gimpel, Goldammern, manchmal auch Rebhühner und Fasane und natürlich eine Vielzahl an verschiedenen Insekten. Auch die Artenvielfalt der Pflanzen ist immens, unter anderem Frauenmantel, Malve, Kamille und Fenchel gedeihen prächtig in dem malerischen Biotop.
Regelmäßige Führungen durch die Streuobstwiese und Informationen finden mit dem Gartenbau- und Ortsverschönerungsverein Neukirchen-Balbini für Kinder und Erwachsene jährlich statt. Neben Birnen und Äpfeln baut die Familie auf dem Obstbauernhof Hansenrieder Land übrigens noch eine ganze Reihe von anderen Obstarten an unter anderem Kirschen, Pflaumen und viele Wildfrüchte wie Mispel, Maulbeere und Kornelkirsche. Ergänzt wird die Vielfalt durch die üblichen Obstarten wie Brombeeren, Heidelbeeren oder Erdbeeren. Daneben gibt es noch ein paar Exoten wie die Nordische Zitrone, Kiwi oder Esskastanie. Neben dem reinen Obstverkauf hat sich Familie mit der Lohn-Mosterei ein zweites Standbein geschaffen.
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