Die bunten Ballons wehen schon über den Richard-Wagner-Platz vor dem Staatstheater in Nürnberg und an der Empore des Opernhauses prangt stolz das Banner der ersten Premiere der neuen Saison. Am 5. Oktober geht nicht nur die mit Spannung erwartete Neuinszenierung von Mozarts „Die Zauberflöte“ über die Bühne.
Zum ersten Mal wird auch der beliebte wie scheidende Ballettdirektor Goyo Montero hinter den Kulissen die Fäden als Regisseur der Oper in den Händen halten.
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Genauso wie Pamina und Tamino in dem Opernklassiker stehen dem Staatstheater in der neuen Spielzeit Prüfungen bevor. Insbesondere sind in dieser Saison gleich mehrere Abschiede zu meistern. Montero wird sich nach fast 20 Jahren verabschieden. Erst im Frühjahr hatte der Chefchoreograf überraschend seinen Wechsel nach 17 Jahren in Nürnberg an die Staatsoper Hannover bekanntgegeben.
Abschied und Neubeginn
Pünktlich zum Start in die Bühnen-Sommerferien ist mit Richard Siegal zwar ein vielversprechender Nachfolger präsentiert worden. Allerdings dürfte die Wehmut über den bevorstehenden Weggang des beliebten Ballettmaestros diese Spielzeit zumindest gefühlsmäßig noch deutlich überlagern. Auch Schauspielchef Jan Philipp Gloger wird seine letzte Spielzeit am Wagner-Platz erleben.
Umzug erst in zwei Jahren
Der letzte Vorhang im Opernhaus soll dagegen erst ein Jahr später fallen. Nach der übernächsten Saison müssen Sänger, Tänzer, Musiker und Dirigenten schon Probenraum, Kostümfundus und Orchestergraben verlassen haben. Vor dem großen Umzug müssen unzählige Koffer gepackt und Kisten geschleppt werden. Nach über 100 Jahren dürfte sich in den heiligen Hallen viel angesammelt haben. Im September 1905 war das damals neue Opernhaus beim Frauentorgraben am Altstadtring mit den Meistersingern von Richard Wagner nach zweijähriger Bauzeit eröffnet worden.
„Grüne Bühne“ als Geschmackssache
Fast im gleichen Rekordtempo soll die Interimsbühne im Innenhof der Kongresshalle auf dem Reichsparteitagsgelände in den Himmel wachsen. Über die Gestaltung der Ausweichspielstätte war in der Sommerpause kontrovers diskutiert worden. Besonders die extrem begrünte Fassade in der historisch belasteten Architektur für den neuen Bühnenraum mit 800 Sitzplätzen hat offensichtlich nicht allen Opernfreunden gefallen. „Wir wollten bewusst keine sich selbst inszenierende Architektur, wichtig war eine Spielstätte, die sich in den Bestand untergeordnet einfügt. Das gelingt mit dem intensiv begrünten Projekt hervorragend“, verteidigte hingegen der städtische Baureferent Daniel F. Ulrich den einstimmig dem Stadtrat von der Opernhauskommission empfohlenem Siegerentwurf.
Kosten verdoppeln sich
Über die gestiegenen Kosten hatte sich dagegen wenig Protest geregt. Anstatt rund 40 Millionen soll die Ausweichbühne in der Kongresshalle nun 85 Millionen Euro kosten. Die Kostensteigerungen werden damit begründet, dass die Stadt nicht wie ursprünglich vorgesehen einen „Interimsbau“ für die zehnjährige Renovierungszeit des alten Opernhauses errichten, sondern eine dauerhafte Spielstätte für mindestens 25 Jahren im Innenhof der Nazi-Kulisse bauen will. Wegen der Diskussionen rund um den richtigen Standort und die schwierige Finanzierung war der Umzug bereits um eine Spielzeit verschoben worden. Den mehr als 500 Mitarbeitern steht trotzdem ein gewaltiger Umbruch vor der Tür.
Umbruch für Mitarbeiter
Neben den praktischen Problemen müssen auch künstlerische Fragen zwischen Abschied und Neustart gelöst werden.
Noch ist von diesen gewaltigen Aufgaben auf den ersten Blick wenig zu sehen. Stattdessen versucht das Staatstheater, die Aufmerksamkeit des Publikums auf das künstlerische Drama auf der Bühne und nicht auf das politische Geschehen hinter den Kulissen zu lenken. Noch dominieren bunte Ballons und nicht schwere Bagger das Bild auf dem Wagner-Platz.
Mit einem großen Theaterfest soll der Auftakt der neuen Spielzeit am 22. September gefeiert werden. Theaterfans können dabei nicht nur Balletttänzern beim Training bewundern oder Bühnenmalern über die Schulter schauen, sondern auch bunte Bühnenkostüme werden versteigert, die wohl mehr den Umzug von der Altstadt zum Kolosseum antreten sollen.
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