Im Degginger in der Wahlenstraße, genauer gesagt in der dortigen „kleinstzen galerie“ ist eine besondere Ausstellung zu sehen.
Felix Bork ist ein hellwacher Beobachter. Erschwerend hinzu kommt, dass der aus Berlin gebürtige Mittdreißiger auch noch über ein ziemlich sicheres Händchen verfügt. Dies gestattet es ihm, dass er all das, was er da in seinen Fokus nimmt, souverän aufs Blatt zu übertragen vermag.
Eine gute Woche lang war der gerade zum dritten Mal mit dem hoch renommierten Preis der „Stiftung Buchkunst“ ausgezeichnete Illustrator hier bei uns in Regensburg zu Gast. Und hat in dieser Zeit respektable 16 kleinformatige Arbeiten geschaffen. Diese sind nun allesamt unter dem Titel „Vom Regensburg in die Traufe“ bis 23. Juli im Degginger zu sehen, und zwar in der „kleinsten galerie“.
Dass Felix Bork dabei Zeuge wurde, des wieder zurückgehenden Hochwassers, das begreift er als Wink des Schicksals. Spülten ihm die Wetterkapriolen doch so die Gelegenheit zu, dass er die Stadt, die er bislang nur von einem Kurzbesuch gekannt hatte, dabei beobachten konnte, wie sie wieder zurückschnappte, vom Ausnahmezustand in den Status des Normalen und Alltäglichen. So hat er seine „Vom Regensburg in die Traufe“ überschriebenen Panoramen nach dem großen Unwetter geschaffen.
Dabei ist ihm, dem sanften Spötter, natürlich bewusst: Angesichts der Bedrohung, die von den Fluten für viele Uferanrainer ausging, ist jede Art von Zynismus unangebracht. Ganz hinten, da ist eines seiner Bilder überschrieben mit der Frage: „Und nach der großen Flut – wofür sind die Säcke noch gut?“ Und unterbreitet sogleich eine Reihe von Vorschlägen, die vom „Türstopper“ übers „Sitzkissen“ hin zum „Kuscheltier“ reichen. Aber der enorme Charme, den diese Zeichnungen ausstrahlen, der kann nur im Bereich von Spurenelementen wiedergegeben werden, lässt man sich ein, auf den Modus der Nacherzählung.
Gloriose Toilette
Felix Bork, der Brillen- und Schnurrbartträger, hat sich auch selbst porträtiert, indem er seinen Kopf augenzwinkernd aufs Wesentliche reduziert (also Haare, Augen, Nase und was sonst so dazugehört) und drüber schreibt: „Regensbork“. Aber auch hier geht in der schriftlichen Wiedergabe der Überschuss an Witz verloren, hat er doch kurzerhand das „u“ und das abschließende „g“ in der zweiten Silbe einfach übermalt.
Das ist überhaupt eines seiner Lieblingsmittel: dass ihm die Aura kindlicher Naivität offenbar viel wichtiger erscheint als ein etwaiges Streben nach Perfektion. Aber: Wer genau hinsieht, und sich anschaut, wie er die oben schon genannten Sandsäcke aufs Papier wirft, spürt sofort, dass da einer im Stil einer akrobatischen Gurkentruppe die eigene Meisterhand zu verstecken sucht, hinter ein bisschen Klamauk und infantilem Glamour.
Am meisten diskutiert freilich war an diesem gut besuchten Vernissage-Abend jene Arbeit, die die gloriose Toilettenanlage am Schwanenplatz im Schatten der Minoritenkirche zeigt – und zwar aus jener halbhohen Perspektive, aus der auch Gott selbst auf sie herniederblicken dürfte. Per Sprechblase lässt er uns Anteil haben, an der Erleichterung eines anonymen Nutzers (selbstverständlich ist auch die weibliche Variante denkbar), der sagt: „Das hat sich gelohnt!“ Ganz bestimmt ist das doppeldeutig gemeint. Und zielt ganz gewiss auch darauf, dass im Gegenzug der städtische Haushalt auf diese Weise Belastungen erfuhr.
Carolin Binder, die beim Kulturamt der Stadt Regensburg zuständig ist fürs Fördermanagement, sie hat letzten Sommer in Bologna zufällig die Arbeiten von Felix Bork entdeckt – und ist sofort deren Witz erlegen.
Originelle Sprüche
Das war der Grund, weshalb sie ihn eingeladen hat – und alle Besucherinnen und Besucher nun auf den sechseinhalb Quadratmetern im Degginger mit so originellen Sprüchen wie „Wo wohnt ein Ritter, der gutes Wetter nicht mag?“ oder auch mit augenzwinkernden Weisheitssprüchen wie „Regen (als Niederschlag)“ versus „Regen (als Fluss)“ empfangen werden.
Und weil Felix Bork nicht nur ein verdammt lustiger, sondern obendrein auch ein ziemlich sympathischer Zeitgenosse ist, hat er unserer Domstadt auch noch ein „in Regensburg, da sind sie nett / In Berlin ned“ ins Poesiealbum geschrieben. Das kann die „nördlichste Stadt Italiens“ doch nur noch glücklicher machen!
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