Für die Veranstaltung war die Obermünsterstraße fast zu eng. Vor Hausnummer 2 wohnten an die 100 Bürger am Montag der Stolpersteinverlegung zu Ehren von Max Tröster bei. Es ist der 270. golden schimmernde Stein im Regensburger Trottoir, der an ein Opfer der Nationalsozialisten erinnert. Das Besondere an Max Trösters Stolperstein: Es ist der erste in Regensburg, der an einen nach dem berüchtigten Paragraf 175 verfolgten Homosexuellen erinnert.
Dabei war das Schicksal von Tröster beileibe kein Einzelfall. Das Datum zur Verlegung des Stolpersteins war mit Bedacht gewählt. In der Nacht von 20. auf 21. Oktober 1934, vor 90 Jahren, fand die erste Großrazzia nach Homosexuellen in Bayern statt, erinnerte Susanne Feichtmayer-Arnold, Sprecherin der Initiative in Regensburg.
Haftgrund: „Homosexueller“
Stolperstein-Pate Alexander Irmisch, Stadtrat und Co-Vorsitzender von Queeres Regensburg, sprach von 10.000 bis 15.000 Schwulen, die in Konzentrationslager deportiert wurden. Die Sterblichkeitsrate der mit rosa Winkel gekennzeichneten Männer sei dort besonders hoch gewesen.
Ins Konzentrationslager ist Max Tröster nicht gekommen. Er wurde am 6. August 1940 von der Gestapo in die Augustenburg, das Regensburger Gefängnis, gesteckt. Der Haftgrund: „Homosexueller“. Keine zwei Tage später nahm sich Max Tröster im Gefängnis das Leben. Bemerkt wurde sein Tod am 10. August um 12 Uhr mittags. So zeichnet Traudl Lacher-Joedicke die Lebenslinie von Max Tröster bei der Stolperstein-Verlegung nach.
„Passiert uns in dieser Stadt nie wieder“
Geboren war Tröster als viertes von sechs Geschwistern im Jahr 1897 (auf dem Stolperstein ist fälschlicherweise das Geburtsjahr 1880 vermerkt, dies wird korrigiert). Nach dem frühen Tod seines Vaters zog die Mutter mit Max und seinen Geschwistern in die Obermünsterstraße 2. Tröster war katholisch, blieb ledig und arbeitete als Postinspektor. Mit 43 Jahren entfloh er seiner Haft in den Tod.
„So etwas passiert uns in dieser Stadt nie wieder“, beschwor Bürgermeisterin Astrid Freudenstein in ihren Grußworten. Feichtmayer-Arnold dankte ihr für die klaren Worte, gab Freudenstein und zahlreichen weiteren anwesenden Amtsträgern aber mit auf den Weg: „Gerade in der Politik haben Sie die Aufgabe, sich entsprechend zu positionieren.“
Stolperstein als Mahnung und Botschaft
Paragraf 175 hat die Nazi-Zeit überlebt – und damit auch die Scham, einen Schwulen in der Familie zu haben. Daher seien so wenige Stolpersteine für verfolgte Homosexuelle verlegt, sagte Irmisch. Angehörige würden sich dieser Erinnerung schämen. „Und das gilt leider teilweise bis heute“, sagte Irmisch, obwohl der „unsägliche Paragraf 175“ vor 30 Jahren abgeschafft wurde. Man dürfe keinen Millimeter zurückweichen bei den Rechten von Minderheiten, mahnte Irmisch. „Möge die Erinnerung an das viel zu kurze Leben von Max Tröster zugleich Warnung und Botschaft sein: Seid wachsam.“
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