Nur Bares ist Wahres? Seit diesem Sommer gilt das nicht mehr für Asylbewerber. Ihnen wird in der Stadt Regensburgseit 1. Juli, im Landkreis bereits seit Mai der Zugang zu mehr als 50 Euro Bargeld im Monat durch die Einführung der Bezahlkarte verwehrt. Dagegen formiert sich Widerstand mehrerer Initiativen in Form der Aktion „Kartentausch“.
Stolz zeigten sich CSU-Politiker um Innenstaatssekretär Sandro Kirchner – „Mister Bezahlkarte“, wie ihn MdL Patrick Grossmann ankündigte – in Bernhardswald, als sie die Bezahlkarte für Asyl-Bewerber im Mai vorstellten. Sehr zur Zufriedenheit der CSU-Politiker wurde im Freistaat ein eigenes Bezahlkartensystem umgesetzt, während bundesweit die Einführung noch auf sich warten ließ.
Mindert die Bezahlkarte Einreise-Anreize?
Durch die Bezahlkarte solle verhindert werden, dass Geld ins Ausland gesendet wird, und ein Anreiz zur Einreise nach Deutschland gemindert werden. Pro Monat können von Asyl-Bewerbern nur noch 50 Euro in bar abgehoben werden. Die Nutzbarkeit der Karte kann darüber hinaus weiter begrenzt werden, so können Bewohner des Anker-Zentrums beispielsweise nur in Stadt und Landkreis mit der Karte bezahlen.
So stolz die Macher des bayerischen Systems sind, so empört sind Gegner der Bezahlkarte. Am Donnerstag haben das Bündnis gegen Abschiebelager, CampusAsyl, Seebrücke und die Verdi-Jugend eine Kundgebung unter dem Motto „Nein zur Bezahlkarte“ am St. Kassiansplatz organisiert.
„Instrument zur Schikane“
Vor knapp 100 Zuhörern geißelte die Rednerin der Seebrücke die Bezahlkarte als „weiteres Instrument zur Schikane von Geflüchteten“. Sie verhindere das Grundrecht auf gesellschaftliche Teilhabe. Vonseiten des Bündnisses gegen Abschiebelager wurde kritisiert, Ziel und Zweck der Bezahlkarte sei, ein schnelles Ankommen und Einfinden zu verhindern. „Es sind aber nicht Zuzugsanreize, die Menschen fliehen lassen, sondern Fluchtgründe.“ Folglich bleibe die Bezahlkarte wirkungslos.
Geflüchteter schildert Einschränkungen
Ein Mitglied von CampusAsyl verlas die Nachricht eines Geflüchteten, der zu viel Angst habe, sich öffentlich zu positionieren. „Ich bin ein Asylbewerber, der in einem Keller lebt“, beginnt das Statement, „aber ich bin froh, dass es kein Zelt ist. Wenigstens habe ich eine Wand, an die ich mich anlehnen kann.“ Weiter beschreibt er die konkreten Einschränkungen durch die Bezahlkarte: Sie erlaube eben nur Bargeldabhebungen bis zu 50 Euro. Viele Geschäfte würden sich aber weigern, Kartenzahlung zu akzeptieren, oder verlangen einen Mindestbetrag, auch wenn man nur etwas Einfaches brauche. Er könne die Karte zudem nicht außerhalb von Regensburg verwenden.
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Die Seebrücke-Sprecherin schlussfolgert: „Die Bezahlkarte ist somit vor allem eins: verzweifelte, rassistische, menschenverachtende Symbolpolitik.“
Geld gegen Gutschein
Politisch, juristisch und praktisch wollen die Initiativen Widerstand dagegen leisten, etwa durch die Aktion „Kartentausch“, die bei der Kundgebung vorgestellt wurde. Geflüchtete können in Supermärkten oder Drogerien Gutscheine über bis zu 50 Euro mit ihrer Bezahlkarte kaufen und diese gegen Bargeld umtauschen. Als Wechselstuben dienen aktuell jeden Mittwoch von 16 bis 18 Uhr das Büro der Grünen und ab Ende September jeden zweiten Sonntag von 13.30 bis 15.30 Uhr der Bund für Geistesfreiheit. Wie die Sprecherin der Verdi-Jugend mitteilte, laufe die Aktion Kartentausch in anderen Städten bereits mit einigem Erfolg.
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