Experten-Meinung
„Debatte über Impfpflicht wäre fatal“

Klaus Holetschek warnt davor, alle Regeln aufzulösen. Die Pandemie sei noch nicht vorbei, wie er im Interview erklärt.

15.10.2021 | Stand 15.09.2023, 23:48 Uhr
Klaus Holetschek
Eine Impfpflicht hält der bayerische Gesundheitsminister nicht für richtig. −Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Klaus Holetschek folgte in der Pandemiezeit auf Melanie Huml als bayerischer Gesundheitsminister.

Wie groß ist Ihre Sorge vor einer weiteren Corona-Welle?

Mehr Infektionen sind im Winter natürlich möglich. Es wird nicht einen Tag geben, an dem wir sagen können: Die Pandemie ist vorbei. Wir müssen aufpassen und uns weiter an Regeln halten. Wir haben aber den Impfstoff, das ist ein riesiger Unterschied zu allen anderen Wellen. Einen Lockdown wollen wir nicht mehr.

Haben Bund, Länder und Kommunen alles getan, um die Impfkampagne voranzutreiben?

Ja.

Wie erklären Sie sich dann, dass etwa in Portugal mit 98 Prozent der Impfberechtigten ein erheblich größerer Anteil geimpft ist?

Ich denke, dass vieles auch mit der grundsätzlichen Einstellung zum Impfen zu tun hat. Wir haben hier ein sehr niedrigschwelliges Angebot: Hausärzte, Fachärtzte, Betriebsärzte, Schulen, mobile Teams, Vereine, Hotels und Gaststätten sind eingebunden. Da ist viel passiert, Impfen ist wirklich einfach. Wir klären auch umfänglich auf und fahren Kampagnen. Politisch hätte es nicht viel besser laufen können.

In Portugal hat jeder drei Impf-Einladungen bekommen, es war die Rede vom „Krieg gegen das Virus“. Hätte die deutsche Politik eine andere Sprache finden müssen?

Diese Frage ist in der Tat zentral. In Bayern haben wir es bei Älteren auch mit Briefen probiert. Im Kern sind wir aber auch kommunikativ bei einer freiheitlichen Haltung geblieben: Es gibt eben keine Impfpflicht. Entscheidend ist, dass wir die Menschen davon überzeugen, dass die Impfungen für sie persönlich sinnvoll sind.

Die Debatte um eine Impfpflicht wird in Kliniken aber wieder geführt. Schließen Sie aus, dass das erneut Thema wird?

Ich hoffe nicht, dass wir die Debatte um eine Impfpflicht führen müssen. Ich persönlich will sie überhaupt nicht führen, denn es würde uns Vertrauen kosten. Ausschließen kann ich das aber nicht. Bei einer solchen Debatte wären dann aber die Stimmen der Wissenschaft und des Ethikrats elementar und wichtig. Auf keinen Fall dürfen wir in dieser Frage jetzt ohne Not umschwenken, das wäre fatal. Es gibt noch Möglichkeiten, Menschen auf andere Weisen zu erreichen.