Sie jaulen heftig, geraten in Panik oder erleiden gar epileptische Anfälle: Beim „Werwolfsyndrom“ verändern Hunde akut und ohne Anlass ihr Verhalten. Das Phänomen treibt Hundehalter in Europa um und soll unter anderem von München aus erforscht werden.
Auf Herrchen oder Frauchen, die ihren Hund nicht selten in- und auswendig kennen, können die Symptome beängstigend wirken: Beobachtet wurden plötzliche Verhaltensänderungen und unkoordinierte Bewegungen. Auch können den Hund Reize ängstigen, die ihm zuvor nie etwas anhaben konnten. Manche versuchen, durch Fenster oder Türen zu flüchten oder zeigen phasenweise aggressives Verhalten. Die Symptome können über Tage oder Wochen auftreten. Tödliche Folgen für Hunde erwarten die Forscher nicht.
Forscher wollen Auslöser und Risikofaktoren herausfinden
Auf das Phänomen aufmerksam macht die TiHO: eine Klinik für Kleintiere der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover. Zusammen mit der Kleintierklinik der Tierärztlichen Fakultät an der LMU München erforscht man nun Ursachen, Auslöser und Risikofaktoren. Hundehalter können an der Studie teilnehmen, indem sie auf der Website der TiHo Hannover einen Online-Fragebogen ausfüllen; auch wenn der eigene Hund nicht betroffen ist.
40 Fälle vom „Werwolfsyndrom“ im Dezember
Die überspitzte Umgangssprache vom „Werwolfsyndrom“ wird unter Hundehaltern verwendet. Die Veterinärmedizin hat sich noch nicht auf einen Begriff festgelegt. Im Dezember wurden im deutschsprachigen Raum etwa 40 Fälle gemeldet. Die Dunkelziffer wird auf ein Vielfaches geschätzt. Direkt betroffen sind dennoch vergleichsweise wenige, denn die Zahl registrierter Hunde in Deutschland liegt im Millionenbereich.
Laut der Forscher war auffällig, dass in einigen Haushalten mehrere Hunde betroffen waren. Prof. Dr. Andrea Fischer leitet die Abteilung Neurologie an der medizinischen Kleintierklinik der LMU München. Auf Anfrage der Mediengruppe Bayern, ob konkrete Fälle aus Südostbayern bekannt wurden, teilt sie mit: „Ich werde immer wieder mit Verdachtsfällen konfrontiert, auch aus dem Umland. Die Zahl scheint aber aktuell abzunehmen.“
Anfangsverdacht fällt auf Kauknochen aus Rinderhaut
Was die Ursache der Symptome angeht, hegen die Forscher von TiHo und LMU einen Anfangsverdacht: verunreinigte Kauknochen aus gegerbter Rinderhaut. „Anhand der bisherigen Dokumentation haben die bei Tierneurologen vorgestellten Hunde mit diesen spezifischen klinischen Zeichen kurz vorher Rinderhautknochen erhalten“, heißt es in einer Pressemitteilung der TiHo.
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Üblicherweise treten bei Hunden keinerlei Probleme beim Verzehr von Rinderhautknochen auf. Dementsprechend weisen die Forscher darauf hin, dass der zeitliche Zusammenhang Zufall sein könne. Zudem stellt Andrea Fischer klar: „Ein Giftstoff wurde bislang nicht nachgewiesen, auch bei hochverdächtigen Fällen.“ In Dänemark, den Niederlanden und in Finnland waren dennoch Produkte mancher Hersteller zurückgerufen worden. Die niederländische Warenaufsichtsbehörde warnte konkret vor Kauknochen der Marke Barkoo.
Dr. Nina Meyerhoff von der TiHo rät Hundehaltern, ihre Tiere aufmerksam zu beobachten. Wenn der Verdacht besteht, dass der eigene Hund betroffen ist, kann man erste Hilfe leisten: Eine vertraute Umgebung hilft dem Hund, sich zu beruhigen. Bekannte Angstauslöser sollten jedenfalls vermieden werden. Im Zweifel helfen noch Medikamente – oder der Weg zu Tierärzten.
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