Bayerischer Medizinerkongress
Wahltarife für Fachärzte? Experten mahnen in Regensburg mutige Modelle an

19.09.2024 | Stand 19.09.2024, 16:56 Uhr |
Gerd Otto

Krebsvorsorgeuntersuchung beim Hautarzt mit dem Auflichtmikroskop: Ein Kongress in Regensburg rückte jetzt die schlechten Rahmenbedingungen für Fachmediziner in den Fokus. Foto: dpa

Beim 10. Bayerischen Fachärztetag in Regensburg rücken Schieflagen im Gesundheitswesen in den Fokus. Zwei Experten schlagen eine Lösung vor.

„Auch wenn wir Gegenwind erwarten“ – angesichts eines hierzulande „in Scherben liegenden“ Gesundheitssystems geht es zumindest bei der fachärztlichen Versorgung um nicht weniger als eine Zeitenwende. Davon jedenfalls sind Ralf Hermes, Vorstand der IKK Innovationskrankenkasse, und der Volkswirt Prof. Dr. Thomas Drabinski überzeugt, die im Rahmen des 10. Bayerischen Fachärztetags in Regensburg ganz vehement für eine Verknüpfung von Gesetzlicher und Privater Krankenversorgung eintraten: „Um die Krise des Gesundheitswesens zu bewältigen, sind mutige Modelle nötig!“

Weiter ideologische Barriere?

Die Fachärzte wie die Patienten „brauchen mehr Freiheit und nicht mehr Bürokratie“, betont Ralf Hermes. Deshalb spiele die Wahlfreiheit eine ganz entscheidende Rolle. Hier sieht er mit Blick auf Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, der nach seiner Auffassung letztlich vor allem für die Bürgerversicherung plädiere, insbesondere ideologische Barrieren als Hindernis. Bei dem von Hermes und Drabinski vorgeschlagenen Modell „Wahltarif Facharzt privat“ dagegen würde dem Patienten der Gesetzlichen Krankenversicherung ein Bonus von 600 Euro ausgezahlt, während der GKV-Versicherte im Gegenzug die Leistungen bis zur Grenze von 1200 Euro selbst tragen müsste.

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Um sein finanzielles Risiko so gut wie möglich abzusichern, sollte der GKV-Patient die Prämie seiner „Innovationskasse“ in Höhe von 600 Euro in eine private Facharzt-Zusatzversicherung investieren. In diesem Zusammenhang verweisen die Reformer Hermes und Drabinski darauf, dass die Patienten in einer ambulanten Facharztpraxis eine privatärztliche Behandlung erhalten würden, „ohne Wartezeit oder auch ohne Überweisungszwang durch den Hausarzt“. Der Facharzt behandele den Versicherten wie einen Privatpatienten und bekomme Leistungen nach der Gebührenordnung GOÄ vergütet.

„Perfekt aus beiden Welten“

Für Ralf Hermes, den IKK-Vorstand, der auch den Wettbewerb unter den Krankenkassen in Deutschland seit langem vermisst, wäre ein solches Konzept „das perfekte System aus beiden Welten“. Vor allem aber – das sei besonders wichtig – bleibe der Patient gesetzlich versichert. Zuvor hatte Prof. Drabinski, der Leiter des Instituts für Mikrodaten-Analyse in Kiel, die aktuelle Situation als ein „kaputtes System“ bezeichnet, mit langen Wartezeiten, frustrierten Patienten und unzufriedenen Fachärzten. Als Ursachen für diese Entwicklung in den Praxen verwies der Experte nicht zuletzt auf die marode Finanzierungsarchitektur im Gesundheitssystem, wo nicht zuletzt die Rolle des Gesundheitsfonds hinterfragt werden sollte. Die Teilnehmer des Fachärztetages zeigten sich beeindruckt und versprachen durch den Verbandssprecher Klaus Holler, die Reformbestrebungen von Hermes und Drabinski zu unterstützen.

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