Nicolas Cage ist längst seine ganz eigene Klasse. In schöner Regelmäßigkeit sind seine Rollen mittlerweile schließlich so unterhaltsam grotesk wie sein ganzes Schauspiel. Mimisch seltsam entgleist wirkt der einst ernstzunehmende Charakterkopf und Oscar-Preisträger („Leaving Las Vegas“) so im Grunde wie sein eigener Special-Effect – mit einnehmender, höchst unterhaltsamer Präsenz, so wie nun in „Longlegs“.
Im Horror-Thriller von Osgood Perkins verkörpert er mit sichtbarem Vergnügen am Wahnsinn einen Serienkiller gleichen Namens und spart dabei nicht mit greller Exzentrik. Der Blick ist irre, die Stimme hochgeschraubt, das Gesicht fahl weiß geschminkt und das Outfit angemessen eigen.
So stolziert er auch gleich durch die erste Szene, in der er in den 70ern irgendwo auf dem Lande im US-Bundesstaat Oregon einem jungen Mädchen mit einer Polaroid-Kamera begegnet. Cut!
Über 20 Jahre später ist das Mädchen erwachsen, hat ein übernatürliches Talent bei sich entdeckt und arbeitet als Spezial-Agentin beim FBI. Gerade ist Lee Harker (Maika Monroe) auf einen rätselhaften Fall angesetzt: Familienväter töten ihre Kinder und die Frau, bevor sie schließlich Selbstmord begehen. Doch sind die Väter wirklich die Täter? Oder geschehen die brutalen Morde unter fremdem Einfluss?
Beunruhigender Leinwandgrusel von Osgood Perkins
Über verschlüsselte Briefe und hinterlegte Spuren ist Harker bald Longlegs auf den Fersen und der Film wird zunächst zum geheimnisvollen Rätselspiel. Dabei überlädt „Longlegs“ seine Fall-Konstruktion zwar teilweise mit Motiven und Symbolen und verheddert sich etwas darin, bis die Aura des Unerklärlichen und Mysteriösen im letzten Drittel sogar durch überraschende Eindeutigkeit implodiert. Selbst das ändert aber letztlich kaum etwas daran, dass der Regisseur Osgood Perkins hier einen ziemlich beunruhigen Leinwandgrusel inszeniert hat.
Die Mittel sind vielleicht bekannt, aber sie sind wirkungsvoll und die Atmosphäre erzeugt einen spielfilmlangen, kalten Schauer. Die Musik ist mehr unheilvolle Geräuschkulisse, die Perspektiven sind verzerrt und alles wirkt kalt und unwirtlich in diesem finsteren, wolkenverhangenen Horrortraum um heftiges Teufelswerk und tiefste familiäre Abgründe. Mit absorbierender Kraft zieht es einen immer weiter hinein bis zum drastischen Showdown, nach dem der allerletzte Moment schließlich noch mal Cage als Killer gehört. Alptraumhaft satanisch, völlig drüber und herrlich irre.
•USA 2024, von Osgood Perkins, mit Maika Monroe, Nicolas Cage, Blair Underwood, 101 Minuten, frei ab 16 Jahren
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