Zum 100. Geburtstag
Von Landshut bis New York: Die Kunstwelt feiert Fritz Koenig

18.06.2024 | Stand 19.06.2024, 17:19 Uhr |

Bildhauer Fritz Koenig mit dem Modell von „The Sphere“: Die Skulptur wurde beim Terroranschlag am 11. September 2001 unter den Zwillingstürmen des World Trade Center verschüttet. Seit 2017 steht sie an der 9/11-Gedenkstätte. Foto: Armin Weigel, dpa

Eine Reihe von Ausstellungen umkreist das Schaffen des niederbayerischen Bildhauers. Eine Sonderrolle spielt seine Skulptur in New York. Bereits 1994 – lange vor dem Terroanschlag von 9/11 – fertigte er ein Modell mit zerstörten Zwillingstürmen.

Eine Sensation war Fritz Koenigs Kugel-Karyatide schon im Jahr 1971: Als weltgrößte Skulptur mit acht Metern Höhe und 20 Tonnen Gewicht reiste die Bronze von Landshut nach New York. Auf dem Vorplatz des World-Trade-Centers installiert, wurde sie zu „The Sphere“. 30 Jahre später, am 11. September 2001, stürzten die Zwillingstürme über dem Kunstwerk zusammen. In den Trümmern entdeckte der Künstler seine „verletzte Skulptur“. Er war auch Zeuge, als sie wie eine Art Phönix aus der Asche wieder aufgestellt wurde. Seine „Große Karyatide“ avancierte zum Symbol für den Schmerz und den Überlebenswillen New Yorks.

Zum 100. Geburtstag des Bildhauers (1924-2017) am 20. Juni zeigt das Koenigmuseum in Landshut nun die erste biografische Ausstellung zu Leben und Werk des Künstlers seit der Gründung des Landshuter Museums im Jahr 1998. Im Mittelpunkt steht unter anderem die Kugel – in vielfacher Ausfertigung. Zudem werden anhand von Skulpturen und grafischen Arbeiten, Dokumenten sowie bislang noch nie gezeigten Fotografien des Künstlers seine wichtigsten Stationen gezeigt. Seine Werke erzählen von der Kindheit und Jugend in Landshut, seiner Zeit als Frontsoldat in Russland, seinem Studium an der Akademie der Bildenden Künste in München und den Stipendienzeiten, unter anderem in Paris und in der Villa Massimo der deutschen Akademie in Rom.

Lesen Sie mehr: Der Mann, der 1200 Juden rettete: Das extreme Leben von Oskar Schindler

Koenigs Lebenswerk, so scheint es, wird von Mahnmalen durchzogen. Sie sind vor allem nach dem Einsatz als Frontsoldat entstanden. Konzipiert hat er sie in und um Landshut, wo der Bildhauer bis zu seinem Tod 2017 auf dem sogenannten Ganslberg sein Atelier hatte.

Seine Arbeiten stehen für sein Credo: „Die Wahrheit der Kunst liegt im Leid, das sie birgt.“ So schuf er unter anderem „Klagebalken“ zur Erinnerung an die 1972 bei den Olympischen Spielen ermordeten israelischen Sportler. Später folgten Mahnmale wie das „Große Kreuz VI“ für die Versöhnungskirche der KZ-Gedenkstätte Dachau. Zu sehen ist die Landshuter Schau im Koenigmuseum am Prantlgarten bis 31. Juli 2025. Bei „Fritz Koenig auf dem Ganslberg“ ist von Juni bis Juli 2025 auch das Künstleranwesen geöffnet.

Am 27. Juni öffnet auch die Ausstellung „Fritz Koenig in New York“ im ehemaligen Goethe Haus, dem transatlantischen Zentrum der BRD in New York. Die Schau stellt unter anderem das Thema 9/11 in kunst- und zeithistorischen Perspektiven dar. Sie umkreist einerseits die Entwicklung der „Großen Kugel-Karyatide“ in Koenigs Werk und die Transformation der Skulptur: vom Opfer zum Mahnmal für 9/11.

Lesen Sie mehr: Am Deutschen Theater München: Frida Kahle im Rausch des Lebens

Die Schau „Fritz Koenig in Venedig – A Century in Motion“ eröffnet am 28. Oktober. Koenig nahm zwei Mal an der Biennale in Venedig teil. Deshalb findet auch eine Präsentation zu seinem Werk während der Biennale von Venedig statt, der ältesten Kunstausstellung der Welt, sagt Alexandra von Arnim, die Leiterin des Koenigmuseums, die in New York und in Venedig als Kuratorin mitgewirkt hat.

Auch die Münchner Glyptothek ehrt den Künstler: mit einer Ausstellung „Fritz Koenig und die Antike“. In neun Räumen sind von 13 November 2024 bis 2. März 2025 seine Skulpturen mit Bezug zur Antike zu sehen.

Koenigs Kugel-Karyatide hat nach 9/11 ein zweites Leben gefunden: Sie steht heute gegenüber von Ground Zero im Libertypark Manhattans. Verblüffend und visionär: Der Meister der Mahnmale fertigte bereits 1994 eine Bild-Collage mit zerstörten Zwillingstürmen.

epd

Artikel kommentieren