Auch Zoll soll unterstützen
„Ab sofort“: Faeser ordnet flexible Grenzkontrollen zu Tschechien und Polen an

27.09.2023 | Stand 27.09.2023, 15:58 Uhr |

Auf von der Union geforderte stationäre und dauerhafte Grenzkontrollen verzichtet die Ministerin aber weiterhin, um die Auswirkungen auf Pendler wie Handwerker und Pflegekräfte und Güterverkehr so gering wie möglich zu halten. − Symbolbild: Bundespolizei

Für ein verschärftes Vorgehen gegen Schleuser hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ab sofort flexible Grenzkontrollen der Bundespolizei zu Polen und Tschechien angeordnet. Laut Finanzminister Lindner soll auch der ihm unterstellte Zoll unterstützen.



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Sie würden „ab sofort“ und auch „auf der Grenzlinie“ erfolgen, sagte Faeser am Mittwoch in Berlin. Auf von der Union geforderte stationäre und dauerhafte Grenzkontrollen verzichtet die Ministerin aber weiterhin, um die Auswirkungen auf Pendler wie Handwerker und Pflegekräfte und Güterverkehr so gering wie möglich zu halten.

„Wir wollen durch flexible und mobile Kontrollen an wechselnden Orten Ausweichbewegungen der Schleuser verhindern“, sagte Faeser nach ihrer Anhörung im Innenausschuss des Bundestages. Sie sollten die bisher praktizierte Schleierfahndung ergänzen.

Ziel: maximaler Ermittlungsdruck auf die Schleuser



„Mein Ziel ist maximaler Ermittlungsdruck auf die Schleuser“, sagte Faeser. Sie verwies darauf, dass „nahezu jeder vierte“ Geflüchtete mit Hilfe von Schleusern nach Deutschland gelange.

Die neuen Kontrollen müssten anders als stationäre Grenzkontrollen aber nicht bei der EU-Kommission notifiziert werden, sagte Faeser. Sie schloss dies aber für die Zukunft nicht aus, wenn dies die Lage erfordere und die neuen Maßnahmen sich als nicht wirksam genug erwiesen.

Faeser setzt auf eine enge Zusammenarbeit mit Polen und Tschechien. Bei Kontrollen auf der Grenzlinie sollten diese zeitgleich auch in den Nachbarländern erfolgen, sagte sie. Sie habe dabei bereits erste Zusagen aus Tschechien, bei Polen gehe sie davon aus, dass diese bei ihrem Treffen mit dem polnischen Kollegen am Donnerstag beim Treffen der EU-Innenminister in Brüssel erfolgen würden.

Lindner: Zoll soll Bundespolizei bei Grenzkontrollen unterstützen



Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat angekündigt, dass der zu seinem Geschäftsbereich gehörende Zoll die Bundespolizei bei den geplanten strengeren Grenzkontrollen unterstützen soll. „Bis zu 500 Vollzugsbeamtinnen und -beamte des Zolls besonders aus dem Bereich der Kontrolleinheit Verkehrswege werden dafür zur Verfügung stehen“, sagte Lindner am Mittwoch im Bundestag. Er bezog sich dabei auf von Innenministerin Nancy Faeser angeordnete zusätzliche flexible Kontrollen an den Grenzen zu Polen und Tschechien.

„Wir müssen dafür sorgen, dass das Schlepperunwesen nicht weiter so bestehen kann“, sagte Lindner dazu weiter in der Regierungsbefragung im Parlament. „Ich habe deshalb entschieden, dass der Zoll die Kräfte des Bundesinnenministeriums unterstützt.“ Die Freizügigkeit und auch das Wirtschaftsleben sollten durch die Kontrollen aber nicht beeinträchtigt werden.

Lindner hob mit Blick auf die nach seinen Worten „sehr hohen Migrationszahlen in Europa und in Deutschland“ hervor, er sehe „insbesondere die Schlepperkriminalität“ mit Sorge. Der FDP-Chef sprach davon, dass Deutschland nach 2015 „streckenweise die Kontrolle über den Zugang in dieses Land verloren“ habe. Dies dürfe nicht so bleiben.

Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft übt Kritik



Kritisch zu der möglichen Unterstützungsleistung des Zolls äußerte sich die Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft. Deren Vorsitzender Thomas Liebel sprach zwar von einer „dramatischen Lage“ an den Grenzen. „Der Zoll ist aber keine Verfügungsmasse anderer Behörden, um dortige Missstände auszugleichen“, hob er weiter hervor. Notwendig sei vielmehr eine Stärkung der Bundespolizei - die Faeser auch in Aussicht gestellt hat.

Liebel kritisierte generell „eine gescheiterte Flächenpräsenz des Zolls entlang der deutschen Ostgrenze“. Die dortigen Vollzugskräfte seien „jahrelang vernachlässigt“ und „teils in andere Brennpunkte der Republik verlagert“ worden. Sie seien inzwischen „völlig ausgedünnt und mangels Nachwuchskräften überaltert“, wovor die Gewerkschaft auch lange gewarnt habe. Auf akute Krisenlagen könne deswegen kaum noch reagiert werden.

Grenzkontrollen alleine können Problem nicht lösen



Grenzkontrollen alleine könnten das Problem aber nicht lösen, betonte Faeser. Für eine deutliche Verringerung der irregulären Migration sei die europäische Asylreform mit Verfahren an den Außengrenzen „der entscheidende Schritt“. Sie sei „sehr optimistisch“, dass das europäische Gesetzgebungsverfahren hierzu „zeitnah“ abgeschlossen werden könne.

− AFP/che

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