Fußball-Bundesligist Borussia Dortmund trennt sich von Trainer Nuri Sahin. Das gab der BVB einen Tag nach der 1:2-Niederlage in der Champions League beim FC Bologna bekannt. Sahin hatte die Mannschaft erst im Sommer übernommen. Sein Nachfolger steht noch nicht fest, über mehrere Namen wird aber bereits spekuliert.
„Nach vier Niederlagen in Serie, bedingt durch lediglich einen Sieg aus den vergangenen neun Spielen und als aktueller Tabellenzehnter der Bundesliga haben wir aber leider den Glauben daran verloren, in der gegenwärtigen Konstellation noch unsere sportlichen Ziele erreichen zu können. Diese Entscheidung tut mir auch persönlich weh, aber sie war nach dem Spiel in Bologna nicht mehr vermeidbar“, sagte Sport-Geschäftsführer Lars Ricken und ergänzte: „Wir schätzen Nuri Sahin und seine Arbeit sehr, haben uns eine lange Zusammenarbeit gewünscht und hatten bis zuletzt die Hoffnung, dass wir gemeinsam die sportliche Wende schaffen.“
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Sahin zeigte sich enttäuscht. „Leider haben wir es nicht geschafft, den sportlichen Ambitionen von Borussia Dortmund in dieser Saison zum jetzigen Zeitpunkt gerecht zu werden. Ich wünsche diesem besonderen Verein alles Gute“, sagte Sahin.
U19-Coach als Interimstrainer
Kurz nach der Trennung gab der BVB bekannt, dass U19-Coach Mike Tullberg im nächsten Bundesliga-Spiel gegen Werder Bremen auf der Bank sitzen wird. Der 39 Jahre alte Däne arbeitet seit 2019 für den BVB. Die Entscheidung für Tullberg gibt den Verantwortlichen Zeit, nach einem langfristigen Sahin-Nachfolger zu suchen.
„Wenn ein Trainerwechsel alle Probleme löst ...“
Sahin hatte bereits unmittelbar nach der sportlichen Bankrotterklärung in Bologna mit seiner Entlassung gerechnet. „Wenn ein Trainerwechsel alle Probleme löst, alle Nebenkriegsschauplätze löst, dann ist das überhaupt kein Problem“, sagte er. „Dafür bin ich auch der Trainer. Ich bin verantwortlich für die Leistung, die wir bringen. Am Ende müssen wir liefern.“ Das gelang dem BVB erneut nicht. „Im Moment geht es nicht um mich, sondern um diesen Verein Borussia Dortmund, der gerade durch eine schwierige Zeit geht“, so Sahin weiter.
Trotz des Einzugs ins Champions-League-Finale von Wembley hatte der BVB sich im Sommer von Trainer Edin Terzic getrennt. Der Verein setzte noch einmal auf relative Unerfahrenheit und interne Kenntnis: Sahin übernahm im Umbruch nach dem Abschied von Säulen wie Mats Hummels und Marco Reus. Er bekam aber nie Stabilität in die labile Mannschaft. In der Liga ist der BVB Zehnter, selbst das Minimalziel vierter Platz ist acht Punkte entfernt.
Matthäus bringt Löw ins Spiel
Mögliche Nachfolger sind seit Tagen in der Diskussion. Erik ten Hag (zuletzt Manchester United) oder Roger Schmidt (zuletzt Benfica Lissabon) wurden dabei am höchsten gehandelt. Ebenso Niko Kovac (53). Der Kroate, der als „harter Hund“ gilt, arbeitete zuletzt beim VfL Wolfsburg, wurde dort in der Vorsaison aber entlassen. Zuvor war er bei der AS Monaco, dem deutschen Rekordmeister Bayern München, Eintracht Frankfurt sowie der kroatischen Nationalmannschaft tätig. Mit den Bayern holte Kovac das Double, mit der Eintracht den Pokal. Auch Stuttgarts Erfolgstrainer Sebastian Hoeneß soll hoch im Kurs stehen bei den BVB-Bossen, diese Lösung wäre aber erst ab Sommer möglich und Dortmund bräuchte einen Interimscoach.
Lothar Matthäus brachte für diese Rolle den früheren Bundestrainer Jogi Löw (64) ins Spiel. „Vorübergehend würde ich sagen, dass es eine Lösung wäre – langfristig nicht“, sagte der deutsche Fußball-Rekordnationalspieler (63) bei Sky und ergänzte: „Wenn Jogi Löw da vorne stehen würde – das war ja damals mit Franz Beckenbauer bei den Bayern auch so, wenn der Franz da war, dann war Ruhe drin.“
„Ich weiß nicht, was Borussia jetzt vorhat. Vielleicht könnte das also eine Idee für die nächsten vier Monate beim BVB sein. Dass man sagt: Wir haben uns vor der Saison vielleicht zu viel von Nuri Sahin erwartet“, erklärte Matthäus: „Deswegen wäre Jogi Löw für mich eine Möglichkeit, um erst mal Ruhe reinzubringen und sich dann langfristig um einen neuen Trainer zu kümmern.“
Vernichtende Worte von Sammer
Wer am Samstag gegen Werder Bremen auf der Trainerbank sitzen wird, will der Verein „zeitnah“ bekanntgeben. Wer auch auf Sahin folgt, er muss vermeintliche Leistungsträger und Führungsspieler allesamt aus tiefsten Tiefs reißen. Nicht erst gegen Bologna war zu sehen, dass die Mannschaft am Ende ist. Die Leistung bei Holstein Kiel (2:4) hatte Ricken peinlich, beschämend und unwürdig genannt, am Dienstagabend war es keinen Deut besser. Es wirkte, als trete da in der Champions League ein eingespieltes Team gegen ein zusammengewürfeltes an.
Matthias Sammer sprach vernichtende Worte, sie trafen Spieler und Trainer gleichermaßen. „Diese Mannschaft ist körperlich und geistig in einer Nichtverfassung“, sagte der Europameister von 1996 in seiner immer kurioser wirkenden Doppelrolle als BVB-Berater und TV-Experte. „Sie kann leider nicht verteidigen, und angreifen kann sie auch nicht.“ Auf der Erdbebenskala der Kritik war das eine elf von zehn.
− sid/red
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