Verzeihung, aber es muss sein. Ich muss an dieser Stelle ausnahmsweise in die Ich-Form wechseln. Unbedingt sogar. Nicht, weil in Zeiten so vieler Ego-Menschen auch meine Wenigkeit sich jetzt so überaus wichtig nähme, sondern schlicht, weil es bestimmt vielen geht wie mir, ich aber nur für mich sprechen kann.
Kurzum: Olympia macht mich traurig. Nicht, dass es so mies liefe in Paris. Nein, im Gegenteil: Für die Trauer sorgt, dass dieses Gefühl der olympischen Sport-Begeisterung schon so lange nicht mehr durch Deutschland schwappte. Mehr als Tour-de-France-Stimmung bei den Radfahrern am Montmatre, imposante tanzende Pferde in der Dressur-Symbiose von Mensch und Tier am beeindruckenden Schloss Versailles, Höllenlärm beim Judo oder Tischtennis, bebende Stadien beim Schwimmen und in der Leichtathletik: Das entlockt Seufzer, weil ich das seit München 1972 so sehr vermisse.
Wie so oft wird die verbindende Kraft des Sports unterschätzt. Frankreich präsentierte sich zuletzt ja auch arg oft als gespaltenes Land. Erlebnisse wie jetzt bei Olympia könnten helfen, Wunden zu heilen, Gemeinsames wiederzuentdecken. Hierzulande denke man nur an die Fußball-Weltmeisterschaft 2006, als Deutschland sich so ganz anders zeigte.
Als Olympia das letzte Mal zu Gast bei Freunden in Deutschland war, war ich sechs. Da war ich noch nicht mal in der Schule. Und wenn es das nächste Mal passiert (sofern die Bewerbung für 2036 oder 2040 nicht so dilettantisch endet wie die letzten Male), bin ich in Rente.
Sicher lässt sich gegen Olympia mit all seinem Gigantismus und Kommerz samt unerträglicher IOC-Gängelei viel, sogar sehr einwenden, aber die Franzosen machen gerade vor, wie viel Herz und Leben immer noch in der Idee steckt. Ein ganzes Sportredakteursleben ohne Olympia – das muss einen traurig machen, oder? Ich bin sicher, dass ich mit diesem Gefühl auch nicht alleine bin.
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