Verpackungsmüll ist ein Problem in der EU, pro Nase und Jahr sind es fast 190 Kilogramm. In Brüssel ist man sich einig: Verpackungen sollen weniger, kleiner, wiederverwendbar und recycelbar werden.
Im Kampf gegen den Verpackungsmüll sollen in der EU künftig deutlich mehr Verpackungen recycelbar sein. Darauf verständigten sich Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Länder in Brüssel, wie sie mitteilten. Ziel der Reform einer bestehenden Richtlinie sei es, weniger Müll zu produzieren, Verpackungen sicherer und nachhaltiger zu machen und die Kreislaufwirtschaft zu fördern. Grundlage der Verhandlungen war ein Gesetzesvorschlag der EU-Kommission aus dem Jahr 2022. Was bedeuten die neuen Regeln für Verbraucher und Hersteller? Fragen und Antworten.
Warum soll es neue Regeln geben?
Verpackungsmüll ist in der EU ein großes Problem. Obwohl die Recyclingquoten gestiegen sind, wächst die Menge der Verpackungsabfälle schneller als das Recycling. In den vergangenen zehn Jahren ist die Menge der Verpackungsabfälle nach Angaben der EU-Länder um fast 25 Prozent gestiegen. Es werde erwartet, dass sie bis 2030 um weitere 19 Prozent zunehmen wird, wenn keine Maßnahmen ergriffen werden. Für Kunststoffverpackungsmüll wird den Angaben nach bis 2030 ein Anstieg von 46 Prozent erwartet.
Nach jüngsten Zahlen der EU-Statistikbehörde Eurostat gab es im Jahr 2021 in der EU 188,7 Kilogramm Verpackungsmüll pro Einwohner. Das Ziel der Einigung nun ist, den Verpackungsmüll in der EU bis 2040 schrittweise um mindestens 15 Prozent im Vergleich zu 2018 zu reduzieren. Bis 2030 sollen es 5 Prozent weniger sein, 10 Prozent bis 2035.
Was soll sich ändern?
In Zukunft soll es für jegliche Verpackungen strengere Vorschriften geben. Mit bestimmten Ausnahmen für unter anderem Textilien, Keramik oder Gummi sollen den Angaben zufolge sämtliche Verpackungen recycelbar sein. Bestellungen aus dem Internet sollen künftig nur noch in Behältern geliefert werden, die mindestens zur Hälfte gefüllt sind: Der sogenannte Leerraumanteil darf maximal 50 Prozent betragen, hieß es von den Ländern. Nach Parlamentsangaben sind sehr leichte Plastiktüten künftig nicht mehr erlaubt - es sei denn, sie seien aus hygienischen Gründen erforderlich oder würden für lose Lebensmittel verwendet, um Lebensmittelverschwendung zu vermeiden, hieß es.
Was ist mit Essensverpackungen?
Bestimmte Einweg-Verpackungen aus Plastik wie etwa für unverarbeitetes frisches Obst und Gemüse oder Einzelverpackungen beispielsweise für Zucker oder Sahne - die vor allem in Restaurants und Cafés genutzt werden - sollen ab 2030 verboten sein, teilte das Parlament mit. Um gesundheitliche Schäden zu verringern, sollen Parlamentsangaben zufolge die sogenannten Ewigkeitschemikalien PFAS in Verpackungen mit Lebensmittelkontakt verboten werden.
Gastronomen sollen dazu verpflichtet werden, von den Verbrauchern mitgebrachter Behälter für die Mitnahme von Speisen zu akzeptieren. Außerdem sollen sie den Angaben nach bis zum Ende des Jahrzehnts 10 Prozent ihrer Produkte in wiederverwendbaren Verpackungen anbieten. Die EU-Länder sollen weiterhin Anreize für etwa Restaurants, Kantinen, Bars und Cafés schaffen, Leitungswasser kostenlos oder zu einem geringen Preis anzubieten.
Was ist mit Getränkedosen und Flaschen?
Mit den neuen Regeln soll auch ein Pfandsystem für Einwegplastikflaschen und Aluminiumdosen kommen. Ziel ist, dass 90 Prozent dieser Getränkeverpackungen getrennt gesammelt werden. Länder, die bereits erfolgreich sammeln, sollen von der neuen Vorschrift ausgenommen sein. Bis 2030 sollen zudem mindestens 10 Prozent aller alkoholischen und alkoholfreien Getränke in wiederverwendbare Verpackungen abgefüllt sein. Laut den Ländern sollen aber Wein, Milch und anderen leicht verderblichen Getränke von der Regel ausgenommen sein.
Was kommt auf Hersteller zu?
Hersteller und Importeure sollen künftig in der Pflicht sein, dafür zu sorgen, dass Gewicht und Volumen der Verpackungen minimiert werden - außer bei bereits bestehenden geschützten Verpackungsdesigns. Die Herstellung von Verpackungen und die Bewirtschaftung von Verpackungsabfällen mit einem Gesamtumsatz von 370 Milliarden Euro sei ein wirtschaftlich wichtiger Sektor in der EU, hieß es von den Ländern.
Wie fallen die Reaktionen aus?
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) äußerte sich positiv. „Der historische Höchststand bei Verpackungsabfällen kann nur durch eine stringente Abfallvermeidung und der Förderung von Wiederverwendung und Recycling verringert werden“, sagte Vizepräsident Patrick Hasenkamp.
Die SPD-Europaabgeordnete Delara Burkhardt nannte die Entscheidung einen wichtigen „Schritt hin zu einer nachhaltigeren Zukunft für Europa“. Die Reform bedeute mehr Umweltschutz, weniger Müll und stärkere Rechte für Verbraucherinnen und Verbraucher. Der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese sprach von einer „Zeitenwende in der EU-Politik“ und betonte, dass Recycling und Wiederverwendung in der Einigung gleich behandelt werden. Mehrweg müsse nicht automatisch das Beste für die Umwelt sein.
Kritik kommt indes vom Wirtschaftsrat der CDU. Die neuen Regeln bei Verpackungen werde Unternehmen vor kaum lösbare Probleme stellen, sagte der Generalsekretär des Wirtschaftsrates, Wolfgang Steiger. Auch für Verbraucher werde die gegenwärtige Verordnung „unerfreuliche Folgen“ haben. „Die steigenden Preise für Umverpackungen werden an den Supermarktkassen deutlich zu spüren sein“, sagte Steiger.
Wie geht es jetzt weiter?
Die neuen Regeln müssen noch von den Ländern und dem EU-Parlament formell angenommen werden. Sie sollen dann 18 Monate nach ihrem Inkrafttreten gelten.
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